Die Blutgruft
komme ich wieder, denn ich möchte Sie wieder lachen sehen.«
»Das wird nicht leicht sein, weil ich einfach zu viel Schuld auf mich geladen habe und...«
Hinter mir wurde die Tür geöffnet. Es konnte nur Mrs. Graham sein, die eintrat, und sie war es wirklich, denn das sah ich, als ich den Kopf drehte.
Sie hatte ihre strengste Miene aufgesetzt. »Ich denke, das reicht jetzt.«
Von mir bekam sie ein Lächeln. »Wir waren soeben fertig und haben uns gut unterhalten.«
»Wirklich?«, fragte sie skeptisch.
»Ja, und ich denke, dass sich der Besuch bei Mrs. Bancroft für mich gelohnt hat.«
»Wunderbar.«
Dass sie es nicht ehrlich meinte, sah ich ihr an, aber ich würde einen Teufel tun und ihr die Wahrheit erzählen. Die blieb allein meinen Freunden und mir Vorbehalten.
Sie warteten noch immer im Aufenthaltsraum und genossen den Ausblick. Die Welt dort hatte sich etwas verändert. Die Sonne war weiter in Richtung Westen gewandert. Bis zur Dunkelheit würde es zwar noch dauern, aber es war nicht mehr so hell wie sonst, und das lag auch am Dunst, der wie eine feine Decke über dem Wasser lag und sich gegen Abend sicherlich noch verstärken würde. Das passte mir überhaupt nicht in den Plan, denn Seenebel kann verdammt dicht werden.
»Du bist lange weggeblieben!«, sprach mich Abe Douglas an. Der Vorwurf in seiner Stimme war nicht zu überhören.
»Es hat sich auch gelohnt.«
»Inwiefern?«, fragte Suko.
Ich sah Mrs. Graham an der Tür stehen, die schon große Ohren bekommen hatte. »Nicht hier und nicht jetzt«, sagte ich leise. »Nur eines. Macht euch schon damit vertraut, einen kleinen Ausflug über das Wasser anzutreten. Ab jetzt beginnt der Ernst des Lebens.«
Abe staunte. »Nicht wirklich – oder?«
»Leider doch, mein Freund...«
+
Blut!
An nichts anderes hatte Rusko in all den langen Jahren denken können. Man hatte ihn eingesperrt. Er lag in einer großen Höhle, in einer Gruft, er war fertig. Er war ausgetrocknet.
Er war schwach.
Jedes Kind hätte ihn töten können.
Aber er hatte die Hoffnung nicht verloren. Irgendwann war die Zeit vorbei. Irgendwann würde jemand sein Versteck finden und ihn von dem Übel erlösen.
Und das war tatsächlich eingetreten.
Er wusste nicht, nach wie vielen Jahren dies geschehen war, aber sie waren gekommen.
Fünf Frauen!
Sie hatten Fackeln mitgebracht. Sie wollten Licht haben, um gegen ihre Angst anzukämpfen, und sie hatten ihn natürlich gesehen. Ihn, den Meister, den Mann des Blutes. Derjenige, der darauf wartete, wieder an den Lebenssaft heranzukommen.
In früheren Zeiten hatten ihn die Menschen in eine Kiste gelegt, sie aber geöffnet, und so war er aus ihr herausgeklettert. Er hatte in der Höhle entsprechende Steine gefunden und sich daraus einen Altar gebaut, der nun ideal war.
Als die Frauen ihn fanden, hatte er auf dem Altar gelegen. Der Schrecken war bei ihnen allgegenwärtig gewesen. Er erinnerte sich gut an ihre Gesichter, aber er hatte auch die Neugierde darin erkannt. Sie wollten wissen, was mit ihm los war. Sie wollten ihn prüfen, um festzustellen, ob es ihn wirklich als Vampir gab.
Er hatte sich anfassen lassen. Er hatte sich einfach tot gestellt, um sie in Sicherheit zu wiegen. Dann aber hatte er zugeschlagen und sich eine von ihnen geschnappt.
Er hatte zugebissen!
Blitzschnell! Zielsicher und hart!
Das Blut der jungen Frau war in seine Kehle geströmt. Es hatte ihn gelabt. Es hatte seinen wahnsinnigen Durst gestillt. Er fühlte, dass die neue Energie ihn traf. Das fremde Blut gab ihm seine alte Kraft zurück. Bis auf den letzten Tropfen hatte er seine auf der Altarplatte liegende Beute leer gesaugt. Er hatte sich nicht um die anderen gekümmert, die schreiend geflüchtet waren. Ihm war es nur um dieses schwarzhaarige lebendige Wesen gegangen, das von nun an zu seinen Untertanen gehören würde.
Danach hatte er die Frau ausgezogen und sie nackt auf dem Altar gelassen. Die Erinnerung an andere Zeiten war wieder in ihm hochgestiegen. Er hatte die Körper der Frauen geliebt. Er hatte sie immer nackt sehen wollen, und das war auch jetzt nicht vergangen. Er hatte mit ihren Brüsten gespielt, als sie erwachte und ihm durch ihr Grinsen zeigte, zu wem sie jetzt gehörte.
Es war eine Erotik der besonderen Art gewesen, die beide vereint hatte. Er wusste jetzt, dass sie von nun an zu ihm gehörte, denn ihre Freundinnen interessierten sie nicht mehr so wie sonst.
Jetzt wollte sie etwas anderes von ihnen.
Blut!
»Du kannst es dir holen,
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