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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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sich in sarkastischen Äußerungen zu ergehen. Er hatte über diesen Punkt in den Stunden einsamer Dämmerung, wenn er mit der Cuadrilla reiste, nachgedacht und auf Grund seiner Überlegungen ein unwiderlegliches Argument gefunden. Wie konnten alle Menschen Abkömmlinge eines einzigen Paares sein? »Ich heiße Sebastian Venegas und du Juan Gallardo und Sie Don Jose. Und jeder hat einen anderen Namen, nicht einmal die Namen der Verwandten sind gleich. Wenn wir alle Söhne Adams wären, müßten wir doch alle den gleichen Namen haben. Ist das nicht klar? Da jeder anders heißt, muß es viele Adams gegeben haben, und was die Pfarrer erzählen, ist unwahr, Aberglaube und Täuschung. Da wir keine Bildung haben, tischen sie uns solche Märchen auf.«
    Gallardo, der bei diesen Diskussionen vor Lachen fast nach rückwärts fiel, hetzte seinen Banderillo dadurch auf,daß er das Gebrüll eines Stieres nachmachte. Der Vertreter, der ernst blieb, reichte ihm die Hand. Die alte Angustias aber wurde bei solchen Reden ärgerlich, wie es bei Leuten der Fall zu sein pflegt, die sich ihrem Lebensende nahe fühlen.
    »Schweige, Sebastian, rede nicht so unchristlich, oder verlaß dieses Haus. Hier will ich solche Worte nicht hören. Wenn ich dich nicht kennen würde und wüßte, daß du ein braver Mensch bist...«
    Schließlich versöhnte sie sich wieder mit dem Banderillo, weil sie sich erinnerte, wie sehr er an Juan hing und was er in Augenblicken der Gefahr für ihn getan hatte. Denn für sie und Carmen bedeutete es eine große Beruhigung, diesen ernsten Mann mit seinem zurückhaltenden Betragen im Kreise der Kameraden um Gallardo zu wissen, der, wenn er allein war, etwas leichtsinnig lebte und sich im Wunsche, von den Frauen bewundert zu werden, gerne fortreißen ließ.
    Der Feind der Geistlichkeit, Adams und Evas hütete ein Geheimnis seines Herrn, das ihn noch ernster werden ließ, wenn er den Torero zu Hause zwischen seiner Mutter und Carmen sah. Wenn diese Frau wüßte, was er ihr verschwieg. –
    Trotz des Respekts, den jeder Banderillo vor seinem Herrn haben muß, hatte es der National eines Tages gewagt, offen mit Gallardo über diese Sache zu sprechen, indem er das Vorrecht seines Alters und seiner alten Freundschaft hiefür als Grund anführte.
    »Höre, Juan,« sagte er, »in Sevilla weiß man alles, man spricht dort nur von deiner Liebschaft und man wird es auch in deinem Hause erfahren. Das wird ein böses Gerede geben,daß Gott erbarm ... Denke doch an die Sängerin und da war doch eigentlich gar nichts dahinter!«
    Gallardo stellte sich, als ob er diese Worte nicht verstünde, obgleich er darüber nicht wenig betroffen war, daß die ganze Stadt das Geheimnis seiner Liebschaften wußte.
    »Von wem spricht man und was für ein Gerede soll das werden?«
    »Nun, wer wird es denn sein? ... Doña Sol, die Nichte des Marquis de Moraima.« Und da der Torero, geschmeichelt über die genauen Informationen des Nacional, still vor sich hinlächelte, fuhr sein Warner mit der Miene eines Mannes, der von der Nichtigkeit der Welt durchdrungen ist, fort: »Ein verheirateter Mann muß vor allem den häuslichen Frieden wahren. Was hast du von den Frauen? Sie sind ja alle gleich und es ist die größte Dummheit, sich das Leben zu verbittern, indem man von einer zur anderen eilt. Ich habe während der vierundzwanzig Jahre, die ich mit meiner Teresa lebe, nicht einmal an eine andere gedacht, obgleich mir in meinen jungen Jahren manche Schöne Augen machte.«
    Gallardo lachte schließlich über den Banderillo, der wie ein Prediger sprach. »Nacional, sei doch kein Spaßverderber. Wenn die Frauen kommen, dann lasse sie. Man lebt ja nur einmal und ich kann jeden Tag tot aus der Arena getragen werden. Und dann weißt du nicht, was eine richtige Dame ist. Wenn du wüßtest, was das für eine Frau ist.« Und gleich darauf fügte er, als ob er der Bewegung des Unwillens und der Traurigkeit, welche sich im Gesichte des Nacional ausdrückte, zuvorkommen wollte, hinzu: »Ich liebe Carmen, verstehst du, ich liebe sie so wie früher, ich liebeaber auch die andere, es ist etwas Besonderes, ich weiß nicht, wie ich es erklären soll. Geh nun!« Und der Banderillo konnte nicht mehr aus Gallardo herausbringen.
    Der Torero hatte vor einigen Monaten, als mit dem Herbste das Ende der Saison gekommen war, in der Lorenzokirche ein Zusammentreffen gehabt. Er weilte einige Tage in Sevilla, ehe er mit seiner Familie auf sein Gut Rinconada ging. Was Gallardo in

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