Die blutige Arena
Folgerung glauben konnte, daß nichts vorgefallen war.
»Meiner Ansicht nach sind sie nur gute Bekannte. Und ob früher etwas zwischen ihnen war, weiß ich nicht. Die Leute reden viel herum und erfinden gerne solche Lügen. Achtet nicht darauf, Frau Carmen.«
Doch sie drang weiter in ihn. Warum war sie gerade auf den Hof gekommen? La Rinconada war ihr Haus und das empörte sie, da sie neben der ehelichen Untreue noch etwas mehr, sozusagen einen gegen ihre Person gerichteten Schimpf, erblickte.
»Halten mich denn diese zwei für blind, Sebastian? Ich sehe ja alles. Seitdem er sich dieser Frau oder was sie ist, anschloß, weiß ich, was Juan im Sinne hat. Am Tage, als er ihr zu Ehren den Stier tötete und mit dem Brillantring nach Hause kam, erriet ich, was zwischen beiden vorgefallen war, und ich hatte Lust, den Ring zu nehmen und ihn mit Füßen zu treten ... Nun ist mir alles klar. Es gibt immer Leute, die einem Neuigkeiten zutragen, wenn diese Schmerz verursachen ... Außerdem waren sie unvorsichtig genug, überall hinzugehen, als wären sie Mann und Frau, geradeso wie Zigeuner, welche von Markt zu Markt ziehen. Als wir noch in Rinconada waren, erfuhr ich genau, was Juan machte, und so war es auch der Fall, als wir in Sanluca weilten.«
Der Nacional hielt es für notwendig einzugreifen, da er sah, wie sich Carmen bei diesem Rückblick immer mehr in Aufregung hineinredete und in Tränen ausbrechen wollte.
»Und Ihr glaubt diesen Tratsch? Seht Ihr denn nicht, wie sehr das alles Erfindung von Leuten ist, die Euch kränken wollen? Der Neid spricht aus ihnen und sonst nichts.«
»Nein, ich kenne Juan. Glaubt Ihr denn, daß es das erstemal geschah? Er ist so und kann nicht anders. Verflucht sei dieser Beruf, welcher die Leute verrückt macht. Zwei Jahre nach unserer Hochzeit fing er eine Liebschaft mit einer Frau eines Fleischers an. Was litt ich nicht, als ich es erfuhr ...
Doch ich sprach kein Wort. Er glaubt heute noch, daß ich nichts weiß. Und wieviele hat er nachher gehabt. Tänzerinnen aus Kaffeehäusern, Mädchen, welche die Gasthäuser unsicher machen, und sogar Weiber, welche in öffentlichen Häusern leben. Ich weiß nicht, wieviele es waren und ich schwieg, weil ich den Frieden meines Hauses bewahren wollte. Aber diese Frau ist nicht wie die anderen. Juan ist ganz verrückt in sie, ganz toll nach ihr. Ich weiß, daß er sich vor ihr demütigt und alles einsteckt, nur damit sie ihn nicht beim Gedanken, daß sie eine Adelige und er nur ein Stierkämpfer ist, auf die Straße wirft ... Jetzt ist sie fort... Ihr wißt es nicht? Sie ging, weil sie sich in Sevilla langweilte. Oh, ich habe Leute, die mir alles erzählen. Sie verließ Sevilla, ohne sich von Juan zu verabschieden, und als er sie unlängst aufsuchte, fand er verschlossene Türen. Nun geht er ganz krank herum und mit einem Gesicht, als wollte er jemanden begraben, er trinkt, um sich aufzuheitern, und wenn er nachhause kommt, ist ihm alles zuwider. Nein, er vergißt diese Frau nicht. Er war stolz darauf, daß ihn ein Weib dieser Klasse liebte, und leidet nun in seinem Selbstbewußtsein, weil er sich verlassen fühlt. Oh, wie ekelt mir! Ich glaube fast, er ist nicht mein Mann. Wir sprechen nur, um miteinander zu streiten. Gerade, als ob wir uns nicht kennen würden. Ich bin allein oben und er schläft unten. Wir kommen gar nicht mehr zusammen, ich schwöre es. Früher ging alles vorüber. Es waren die üblen Gewohnheiten seines Berufes, der Wahn des Stierfechters, welcher sich allen Frauen gegenüber für unwiderstehlich hält. Aber jetzt will ich ihn nicht mehr sehen, ich verabscheue ihn.«
Sie sprach mit Leidenschaft und ein Blitz des Hasses leuchtete aus ihren Augen.
»Ah, diese Frau, wie unheilvoll war ihr Einfluß! Juan ist ganz anders geworden. Er will nur mehr mit den reichen Herren gehen, die Leute seines Bezirkes und die Armen von Sevilla, welche seine Freunde waren und ihm halfen, als er anfing, beklagen sich über ihn und werden ihn eines Tages vor lauter Verdruß im Zirkus auspfeifen. Hier strömt das Geld haufenweise herein und es ist nicht leicht, es zu zählen. Nicht einmal er weiß, wieviel er hat, aber ich sehe alles. Er spielt viel, um sich bei seinen neuen Freunden einzuschmeicheln, und das Geld, das bei einer Tür hereinkommt, fliegt bei der anderen heraus. Ich sage ihm nichts. Schließlich verdient ja er das Geld. Doch mußte ich bei Don José Schulden machen, als Anschaffungen für den Hof notwendig waren, und die
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