Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
Vom Netzwerk:
unter dem Samtteppich verborgenen Träger an, nach dem Takte der Musik zu tanzen, so daß die Plattform mit dem darauf befindlichen Bild in schwankende Bewegung geriet und die Leute rechts und links an die Wand drückte. Die Jungfrau tanzte mit all der Last ihres Geschmeides und der Blumen, die sie trug. Die Macarenos hatten dieses Kunststück sorgfältig eingeübt und waren auch nicht wenig stolz darauf. Die wackeren Burschen des Stadtviertels hielten den Rahmen an beiden Seiten fest und riefen, während sie allen Bewegungen folgten, voll Genugtuung über ihre Geschicklichkeit und Kraft aus: »Aufgepaßt, das ist der Tanz der Macarenos!«
    Und als die Musik schwieg und das schwere Bild zur Ruhe kam, da brach der Beifall roh und wild los, man ließ die Statue der Macarena, der Heiligen, der Einzigen, immer wieder hoch leben.
    Die Brüderschaft setzte ihren Weg fort, wobei sie in allen Schenken Nachzügler und auf allen Straßen schwer berauschte Männer liegen ließ. Als die Sonne aufging,überraschte sie den Zug am anderen Ende Sevillas. Das Bild und seine Begleiter glichen im hellen Lichte des Morgens einer zügellosen, von einer Orgie heimkehrenden Schar. Die Träger hatten nämlich die zwei Statuen inmitten des Marktplatzes stehen lassen und begrüßten nun den Morgen in der Schenke, wo sie Branntwein auftischen ließen.
    Gallardo verließ die Prozession gleich nach Sonnenaufgang. Er hatte der Jungfrau während der Nacht genug Gefolgschaft geleistet und war überzeugt, sie würde sich dessen sicherlich erinnern. Außerdem bedeutete dieser letzte Teil des Festzuges, die Rückkehr nach San Gil, den unangenehmsten Teil der langen Feier. Die Leute, welche eben aufgestanden waren, verspotteten die Vermummten, welche im Sonnenlicht doppelt lächerlich aussahen und deutliche Spuren des Weingenusses und der durchtollten Nacht aufwiesen. Es war nicht ratsam, daß man den Torero in der Schar dieser Trunkenbolde zu sehen bekam. Frau Angustias erwartete ihn im Hofe des Hauses und half ihm beim Umkleiden. Er mußte sich ausruhen, nachdem er seine Pflicht der Jungfrau gegenüber erfüllt hatte. Ostersonntag war der erste Stierkampf nach seinem Unglücksfall. Welch entsetzlicher Beruf! Man kam niemals zur Ruhe und nach dieser kurzen Periode des Ausspannens und des Friedens sahen die armen Frauen ihre Martern aufs neue erstehen.
    Während des Karsamstages und am Sonntag in der Frühe empfing der Torero die Besuche seiner Freunde und Anhänger, welche von auswärts nach Sevilla gekommen waren. Alle versicherten ihm ihre feste Zuversicht und freuten sich auf seine heutigen Taten. Gallardo teilte ihre Stimmung,der lange Aufenthalt auf dem Lande hatte ihn gestärkt. Er war wieder so kräftig, wie vor seinem Unglücksfall, an den ihn nur eine zeitweilige Schwäche in dem getroffenen Bein erinnerte. Doch auch diese spürte er nur nach langen Märschen.
    »Ich werde tun, was in meinen Kräften steht«, versprach Gallardo mit falscher Bescheidenheit. »Ich glaube, daß ich nicht schlecht abschneiden werde.«
    Doch das Gespräch wandte sich einem anderen Gegenstande zu und selbst die Anhänger Gallardos vergaßen einen Augenblick auf den Stierkampf und erörterten ein Gerücht, das die Runde durch die Stadt machte.
    Gendarmen hatten auf einem Berge der Provinz Cordoba einen stark verwesten Leichnam gefunden, dessen Kopf durch einen Gewehrschuß fast ganz zertrümmert war. Es war unmöglich, den Toten zu erkennen, doch seine Kleider und sein Karabiner wiesen darauf hin, daß es Plumitas war.
    Gallardo hörte schweigend zu. Er hatte den Banditen seit seiner Verletzung nicht mehr gesehen, ihn jedoch in gutem Angedenken behalten. Von seinen Leuten auf dem Hofe wußte er, daß der Plumitas während seiner Rekonvaleszenz zweimal nach La Rinconada gekommen war, um sich nach ihm zu erkundigen. Und als er dann später auf seinem Landgut wohnte, berichteten ihm seine Hirten und Taglöhner verstohlenerweise vom Plumitas, der ihnen begegnet war und ihnen Grüße für Señor Juan aufgetragen hatte.
    Armer Teufel. Gallardo bemitleidete ihn, da er sich seiner Ahnungen erinnerte. Die Behörden hatten ihn nicht erwischt. Er war während des Schlafes von einem seinerFreunde oder »Vertrauten« ermordet worden, von einem derer, die ihm auflauerten, um sich den ausgesetzten Preis zu verdienen.
    Am Sonntag war Gallardos Gang in den Zirkus ungleich aufregender wie sonst. Carmen machte Anstrengungen, um ruhig zu erscheinen und blieb sogar im Zimmer, als

Weitere Kostenlose Bücher