Die Blutige Sonne - 14
seinen eigenen, keuchenden Atem. Kennard ließ seinen Blick zwischen Auster und ihm hin und her gehen.
„Nun?“ fragte Jeff.
„Ich sagte immer, daß wir dir vertrauen könnten“, antwortete Kennard ruhig, „aber es gibt da irgend etwas. Etwas, das ich nicht verstehe, etwas das deine Erinnerung blockiert, Jeff.“
„Könnten ihn die Terraner nicht in einen posthypnotischen Zustand versetzt haben?“ fragte Auster. „Vielleicht hat man ihn wie eine Zeitbombe auf uns angesetzt?“
„Das konnten sie nicht“, meinte Elorie besorgt, aber Kennard schwieg. „Ich kann euch versichern, daß Jeff ihnen keinerlei Informationen vermittelt“, meinte er schließlich. „Auster, er ist nicht schuldig.“
Aber kalter, nackter Schrecken hatte Jeff plötzlich an der Kehle gepackt. Seit seiner Ankunft auf Darkover hatte eine geheimnisvolle Macht ihn herumgeschoben. Die Com’yn – sie waren es sicher nicht gewesen, die seine Daten im Elektronengehirn vernichtet hatten, die ihm den Boden unter den Füßen entzogen, bis er nicht mehr wußte, wo er bleiben konnte…
War er wirklich auf die Com’yn angesetzt worden – unbewußt ein Spion innerhalb ihrer eigenen Klasse?
„Etwas so Blödsinniges habe ich noch nie im Leben gehört“, warf Kennard ärgerlich ein. „Genausogut könnte ich es von Auster oder Elorie annehmen! Aber selbst wenn es diesen Verdacht und diese Zwietracht unter uns gibt – die Terraner werden davon keinen Nutzen haben. Und jetzt Schluß damit!“ Er nahm die Landkarte. „Wahrscheinlich ist es, daß einer von den Aldarans, die ja auch einige Telepathen haben, uns mit einem verschlüsselten Matrix ausspionieren. Eine Barriere auf zweiter Ebene kann durchbrochen werden – manchmal wenigstens – , und das ist wahrscheinlich geschehen. Vielleicht hat deine Barriere versagt, Auster, weiter nichts. Nenne es Pech; wir werden es eben noch mal versuchen.“
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Er versuchte, von diesem Gedanken loszukommen. Schließlich hatte ihm Kennard durch die telepathische Prüfung bestätigt, daß auf ihm kein Verdacht lag. Trotzdem fraß sich dieser Gedanke in ihn hinein wie der pochende Schmerz in einen kranken Zahn.
Brauche ich das eigentlich zu wissen? fragte er sich. Haben die Terraner mich hierhergeschickt?
Die Com’yn von Arilinn fanden mich, und ich war so unendlich froh, dem Druck zu entrinnen, daß ich nicht einmal Fragen stellte. Außerdem – weshalb hatte das Elektronengehirn des Waisenhauses keine Daten von mir?
Auch Auster war bei den Terranern geboren…
Schweigend und verbittert verbrachte er die nächsten Tage, unternahm einsame Ritte zu den Hügeln oder lag stundenlang allein auf seinem Bett und versuchte, an nichts zu denken. Er spürte, daß Taniquels Augen ihn überallhin verfolgten, sobald er mit den anderen beisammen war; er fühlte ihr Mitgefühl und die Qual ihres Wissens, wie es um ihn stand. Er ging ihr aus dem Weg, sooft es möglich war. Die Erinnerung an die Zeit ihrer Liebe schnitt ihm wie mit Messern durchs Herz. Bei ihm war diese Liebe viel tiefer gegangen als jede zufällige Bekanntschaft, und nun konnte er sie nicht genauso zufällig aus sich herausschneiden.
Er hatte das unbestimmte Gefühl, daß sie allein mit ihm zusammentreffen wollte, aber es bereitete ihm ein fast perverses Vergnügen, jede Begegnung zu vermeiden. Eines Morgens aber stand er ihr doch auf der Treppe gegenüber. „Jeff, warte“, bat sie und legte die Hand auf seinen Arm. „Lauf nicht weg. Ich möchte mit dir sprechen.“
Er zuckte die Achseln und sah über sie hinweg. „Was gibt es?“ Ihre Augen, einst so voll von Übermut, quollen plötzlich über von Tränen. „Ich kann das nicht ertragen! Wir sind wie Feinde zueinander, und der ganze Turm ist angefüllt mit nadelspitzer Eifersucht und abgrundtiefem Haß!“
„Mir ist es auch nicht angenehm, Tani“, sagte er, und das Eis des Gekränktseins schmolz unter der Echtheit ihres Schmerzes. „Aber ich war nicht derjenige – erinnerst du dich?“
„Weshalb mußt du…“, sie bezähmte ihr Temperament und schwieg. „Es tut mir leid, Jeff, daß du so unglücklich bist. Kennard sagte mir, wie dir zumute ist.“
„Bin ich unglücklich genug, daß du jetzt zu mir zurückkommst?“ fragte er sarkastisch. Er packte sie bei den Schultern. „Auster wird dir wohl beigebracht haben, das Schlechteste von mir zu denken – daß ich ein Spion Terras bin?“
„Auster lügt aber auch nicht, Jeff“, antwortete sie, und sie machte keine Bewegung, um der
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