Die Blutige Sonne - 14
Klammer seiner Hände zu entrinnen. „Er sagt nur das, was er glaubt. Und wenn du meinst, er sei darüber glücklich, dann täuschst du dich sehr.“
„Wahrscheinlich würde es ihm das Herz brechen, wenn er mich davonjagen könnte!“
„Ich weiß es nicht, aber er haßt dich ganz gewiß nicht so sehr, wie du glaubst. Jeff, schau mich an. Fühlst du denn nicht, daß ich dir die Wahrheit sage?“
Das machte ja alles so schrecklich, dachte Jeff bekümmert, daß alle die Wahrheit so sagten, wie sie sie sahen.
Taniquel zitterte; ihr Anblick – die in Tränen aufgelöste, sonst so mutwillige, sorglose Tani – quälte ihn mehr als jeder Verdacht der anderen. Sie griff ihn weder an, noch verteidigte sie sich; sie teilte nur seinen eigenen Schmerz. Schluchzend und hilfsuchend klammerte sie sich an ihn.
„Jeff, wir waren so glücklich, als du kamst – und es hat uns soviel bedeutet, dich hierzuhaben. Ach, wenn wir nur wüßten! Wenn wir nur sicher sein könnten!“
An jenem Abend wartete er, bis alle in der Halle beisammen waren, dann trat er ihnen angriffslustig entgegen, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Herausfordernd bediente er sich der Cahuengasprache:
„Auster, du hast eine Anschuldigung gegen mich vorgebracht, und als Kennard mich prüfte, als diese Anschuldigung sich als haltlos herausstellte, hast du diese Prüfung nicht akzeptiert. Was verlangst du noch? Und was wirst du akzeptieren?“
Auster stand auf, zierlich, von katzengleicher Anmut, gefährlich. „Das Recht der Com’yn verbietet mir, mit einem…“, sagte er höflich.
„Das Recht der Com’yn sei…“, Jeff benutzte ein Wort aus der Gosse des Raumhafens. „Ich habe zehn Jahre auf Terra gelebt, und man hat dort eine Redensart: Decke deine Karten auf oder halte den Mund. Entweder du sagst mir, welchen Beweis du akzeptieren willst, und gibst mir die Möglichkeit, ihn so zu erbringen, daß du damit zufrieden bist, oder, Brüderchen, du kannst hier mein Wort dafür nehmen, daß ich dir die Hölle aus dem Leib prügeln werde, wenn ich auch nur eine einzige telepathische Silbe von dir vernehme, ein einziges, gesprochenes Wort, daß ich ein Spion Terras oder von ihr bezahlt sei!“ Mit geballten Fäusten stand er vor ihm, und als Auster versuchte, seitlich auszuweichen, folgte er ihm. „Ich sage es noch mal: Deck deine Karten auf oder halt den Mund!“
„Er hat recht“, bekräftigte Kennard. „Du kannst nicht dauernd an ihm herumnörgeln, Auster. Beweise, was du behauptest, oder entschuldige dich bei Jeff und halte dann den Mund. Das bist du uns allen schuldig. So können wir nicht leben, wenn einer den anderen anknurrt und ihm die Zähne zeigt.“ Sein Gesicht war von tiefen, bekümmerten Falten durchzogen. „Wir haben schon genug Sorgen, wie die Dinge jetzt liegen.“
Auster sah Kerwin an. Wenn Blicke töten könnten, dachte Kerwin, gäbe es für Auster keine Probleme mehr. Aber als er sprach, war seine Stimme ruhig.
„Elorie, kannst du einen Fallenmatrix aufbauen?“
„Ja, das kann ich, aber ich werde es nicht tun“, erklärte sie zornig. „Mach deine Dreckarbeit selbst!“
„Kennard kann es, aber er ist voreingenommen für Jeff!“
„Ich werde es tun“, erbot sich Rannirl. „Nicht, weil ich auf deiner Seite stehe, Auster. Aber wenn man es dir überlassen würde, dann wüßte ich, wie das Ergebnis aussähe. Jeff, hast du Vertrauen zu mir?“
Kerwin sah ihm in die betrübten Augen und nickte. Er wußte nicht, was ein Fallenmatrix war, aber wenn Rannirl ihn überwachte, war er gewiß, daß die Falle nicht für ihn gebaut wurde.
An einem der nächsten Nachmittage war der Schirm fertig. Jeff hielt die Konstruktion, als er plötzlich bemerkte, wie die Zeichen auf dem Überwachungsstreifen ineinanderliefen und in eine grüne Linie zusammenschmolzen. Ein bohrender Schmerz befiel ihn; konzentriert und wachsam, kaum wissend, was er tat, sprengte er den Kontakt zwischen Rannirl und Elorie, verdunkelte den Schirm, und ohne daß er sich dessen bewußt war, sprang er auf und fing Elories schlaffen Körper auf, bevor sie fiel. Im ersten Augenblick panischen Schreckens glaubte er, sie atme nicht mehr, aber dann sah er, wie ihre rauchdunklen Wimpern flatterten; sie seufzte.
„Sie hat zuviel gearbeitet“, meinte Kennard; er stand auf und bedeckte den Kristall. „Und wenn ich sie noch so sehr bitte, sie will durchhalten.“
„Gut, daß Jeff sie aufgefangen hat“, sagte Rannirl. „Er hat sie aus dem Kontakt gerissen,
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