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Die Blutige Sonne - 14

Die Blutige Sonne - 14

Titel: Die Blutige Sonne - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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trat einen Schritt zurück, und aus ihrem Gesicht war alle Freundlichkeit wie weggewischt. Er sah, daß sie böse war.
    „Jeff, Auster braucht mich; kannst du das denn nicht verstehen? Hast du denn kein Gefühl im Leib? Dein Triumph ist seine Niederlage. Verstehst du das denn nicht?“
    „Soll das heißen, daß du nicht mehr zu mir hältst?“
    „Warum sollte ich nicht mehr zu dir halten? Ich sage nur, daß Auster mich gerade jetzt mehr braucht als du.“ Sie hob sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen tröstenden Kuß, aber er hielt sie auf Armlänge von sich, denn er begann nun zu verstehen, was sie meinte.
    „Willst du das damit sagen, was ich darunter verstehe, Taniquel?“ „Was ist denn überhaupt mit dir los? Ich glaube, ich verstehe dich schon den ganzen Abend über nicht!“
    „Ich liebe dich, und ich dachte…“, flüsterte er heiser.
    „Natürlich liebe ich dich“, antwortete sie ungeduldig. „Ich glaube, du bist übermüdet, Jeff, sonst würdest du nicht so mit mir sprechen. Was hat das mit dir zu tun, wenn Auster mich heute mehr braucht als du?“
    „Du kleine Hure!“ sagte er, und sein Mund fühlte sich ausgetrocknet an.
    Taniquel fuhr zurück, als habe er sie geschlagen. Im schwachen Lichtschein, der durch die Tür fiel, sah er ihr totenblasses Gesicht. „Und du bist selbstsüchtig und brutal“, warf sie ihm vor. „Ein
    Barbar, wie Elorie dich nannte! Ihr – ihr Terraner glaubt, Frauen seien euer Eigentum! Ja, ich liebe dich, aber nicht, wenn du dich so benimmst!“
    „Diese Art Liebe kann ich mir auch in den Raumhafenbars kaufen!“ sagte er mit schmerzlich verkniffenem Mund.
    Taniquel hob die Hand und schlug ihm klatschend ins Gesicht. „Du – du“, zischte sie, „ich gehöre mir selbst, hörst du? Auster hat recht, immer hat er recht gehabt!“ Sie lief an ihm vorbei, ohne ihn noch mal zu berühren, und ihre raschen Schritte verklangen im Turm.
    Kerwin folgte ihr nicht sofort, denn sein Gesicht brannte. Der Regen, den der Wind um die Ecke des Turmes trieb, war zu spitzen Eisnadeln geworden; er wischte ihn von seiner brennenden Wange. Was hatte er getan? Er hatte das dumpfe Gefühl, sich verstecken zu müssen und lief rasch den Gang entlang und die Treppe hinauf zu seinem Zimmer; aber bevor er es noch erreichte, hörte er hinter sich Kennards ungleichmäßigen Schritt.
    „Jeff, was ist denn los?“
    Gerade jetzt wollte er nicht unter Kennards wissende Augen treten. „Immer noch müde“, murmelte er. „Ich glaube, ich gehe jetzt lieber schlafen.“
    Kennard trat vor ihn und versperrte ihm den Weg zur Tür. „Jeff, wenn du glaubst, du kannst etwas vor uns verbergen…“
    „Verdammt!“ rief Kerwin, und seine Stimme überschlug sich. „Hat man denn hier überhaupt kein Privatleben mehr?“
    Kennard sank in sich zusammen und seufzte. „Bei Zandru“, knurrte er, „Mensch, ich weiß doch. Ihr Terraner… Wie soll ich es dir denn verständlich machen, Jeff? Taniquel…“
    „Ach, laß das“, antwortete Jeff kurz. „Was zwischen Taniquel und mir ist, geht euch nichts an.“
    „Das ist durchaus nicht zwischen Taniquel und dir“, entgegnete Kennard. „Es ist zwischen dir und Auster. Erinnerst du dich an das, was ich dir am ersten Tag gesagt habe? Taniquel ist Empathin. Verstehst du denn nicht, was das heißt? Kannst du sie nicht begreifen, wenn sie diesen Hunger erfühlt? Sie ist eine Frau. Kann eine Frau diesen Namen verdienen, wenn sie den Hunger in einem Mann spürt und nicht stillt? Wenn du dich mit Auster verstündest, wenn du dich in ihn hineindenken könntest, dann würdest du es auch verstehen!“
    Ganz gegen seinen Willen begann Kerwin zu verstehen. In einer Welt von empfangs- und empfindungsbereiten Telepathen, in einer so eng verknüpften Gruppe wie den Turmbewohnern, gingen Gefühle wie Begehren, Hunger, seelische Bewegung nicht nur die an, die sie erlebten, sondern alle in der Gemeinschaft.
    Taniquel hatte seine Einsamkeit und Verwirrung gespürt und ihm freiwillig ihre Liebe und ihr Verständnis geschenkt. Nun, da Jeff triumphierte, Auster aber geschlagen schien, war es Austers Leid, in das sie sich hineindachte, Austers Einsamkeit, die sie zu lindern suchte…
    Das konnte ein Mensch aus Fleisch und Blut nicht ertragen! Taniquel, Taniquel, die er liebte, Taniquel, die ihm so viel gegeben hatte, in den Armen eines anderen Mannes, des Mannes, den er haßte!
    Kennards Gesicht drückte fast so etwas wie Mitleid aus. „Es muß sehr schwer für dich sein. Aber

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