Die blutige Sonne
Darkover konnte für ihn wie für sie nichts anderes mehr sein als eine Erinnerung an das, was sie verloren hatten. Und da draußen gab es Welten genug.
Nervös näherte er sich der Einzäunung. Es war möglich, daß man ihn als einen zur Deportation verurteilten Mann sofort festnahm. Es gab gewisse Rechtsmittel, die er in Anspruch nehmen konnte, um einen Aufschub zu erreichen. Für ihn selbst wäre es ihm nicht der Mühe wert gewesen. Für Elorie wollte er alles tun, um eine Aufhebung des Urteils zu erwirken.
Der große Raumpolizist in schwarzem Leder musterte Kerwins schäbige terranische Kleidung und das ängstliche verschleierte Mädchen an seinem Arm. Er warf einen Blick auf Jeffs Ausweis.
»Und die Frau?«
»Meine Ehefrau. Wir haben vor drei Tagen in Port Chicago geheiratet.«
»Ich verstehe«, meinte der Raumpolizist langsam. »In dem Fall sind bestimmte Formalitäten zu erfüllen.«
»Selbstverständlich.«
»Dann kommen Sie bitte mit ins HQ.«
Er führte sie hinein. Jeff drückte beruhigend Elories Arm. Er bemühte sich, seine bösen Ahnungen zu verbergen. Die Ehe mußte im Archiv eingetragen werden, und sobald Jeff seinen Ausweis vorlegte, würde der Computer die Information ausspucken, daß er zur Deportation verurteilt war und unter Hausarrest stand.
Er hatte sich überlegt, ob er anonym in die Terranische Zone zurückkehren sollte, wenigstens für einen oder zwei Tage. Aber die genauen Vorschriften des Imperiums, was eingeborene Frauen und Heiraten betraf, machten das undurchführbar. Als er es Elorie erklärte, hatte sie darauf bestanden, ihr liege nichts an einer Eintragung. Aber Jeff hatte sich zum ersten Mal über ihren Protest hinweggesetzt und festgestellt: » Mir liegt daran.« Dann hatte er auf keinen Einwand mehr gehört.
Im Zivildienst des Imperiums sind zum größten Teil ledige Männer tätig. Nur wenige terranische Frauen können sich dazu entschließen, ihre Männer durch die halbe Galaxis zu begleiten. Die Folge ist, daß auf jedem Planeten sowohl offizielle als auch inoffizielle Verbindungen mit eingeborenen Frauen als selbstverständlich gelten. Um endlose Komplikationen mit den verschiedenen planetaren Regierungen zu vermeiden, zieht das Imperium einen sehr scharfen Trennungsstrich.
Ein Bürger des Imperiums darf auf jedem beliebigen Planeten jede beliebige Frau nach den Gesetzen ihrer eigenen Welt und den Bräuchen ihres Volkes heiraten. Das ist eine Angelegenheit zwischen dem einzelnen Terraner, der Frau, ihrer Familie und den Gesetzen, unter denen die Frau lebt. Das Imperium hat damit nichts zu schaffen. Ob die Heirat offiziell oder inoffiziell ist, auf Zeit oder für dauernd geschlossen wird oder überhaupt keine Ehe darstellt, ist Sache der privaten ethischen und moralischen Begriffe der betroffenen Parteien. Der Mann wird im Archiv des Imperiums weiter als ledig geführt, und Vorsorge für seine Frau kann er nach eigenem Ermessen treffen. Wenn er es wünscht, kann er jedoch für jedes aus seiner Ehe stammende Kind die Staatsbürgerschaft beantragen und ihm bestimmte Privilegien sichern. So wie der ältere Jeff Kerwin es für seinen Sohn getan hatte.
Aber wenn der Mann sich entscheidet, die Heirat bei den terranischen Behörden eintragen zu lassen oder irgendein amtliches Dokument unterschreibt, in dem eine eingeborene Frau irgendeiner Welt als seine gesetzliche Ehefrau bezeichnet wird, dann ist sie seine gesetzliche Ehefrau. Von dem Augenblick an, als ihre Heiratsurkunde unterzeichnet und in den Computer eingespeist wurde, hatte Elorie den gesetzlichen Anspruch auf alle Privilegien einer terranischen Bürgerin, und wenn Jeff beim nächsten Atemzug nach seiner Unterschrift gestorben wäre, hätte sie immer noch alle Privilegien der Witwe eines terranischen Bürgers gehabt. Kerwin war sich unsicher darüber, was die Zukunft für sie beide bereithielt, aber er wollte auf diese Weise für Elories Schutz und Sicherheit sorgen. Immer noch klangen im Zorn gesprochene Worte in seinen Ohren und quälten ihn in Alpträumen.
In den alten Zeiten hätte das den Tod für dich bedeutet, Elorie – und den Tod durch Folter für ihn! Und dann schüttelte ihn das Entsetzen. Es mochte Menschen geben, die sich verpflichtet fühlten, die Ehre einer Bewahrerin zu rächen.
Kennard hatte gesagt – Was hatte Kennard gesagt? Nichts. Und trotzdem hatte Jeff Angst, ohne zu wissen, warum. Deshalb sah er mit Erleichterung zu, als ein Archivangestellter ihm und Elorie die Daumenabdrücke nahm und
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