Die blutige Sonne
Gedanken weiter. »Die meisten Menschen dort sind gut. Und Wahrheit ist, daß sie weniger dazu neigen, Kinder in die Angelegenheiten der Erwachsenen hineinzuziehen oder die Sünden der Väter an den Kindern zu rächen.«
Er versank in Schweigen. Die Überzeugung, Terraner zu sein, war Teil seiner Existenz geworden. Und juristisch gesehen war er Terraner, und er war vom Terranischen Imperium zur Deportation verurteilt!
»Aber ich bin kein Terraner!« rief er. »Ich bin mit Jeff Kerwin nicht verwandt, ich habe keinen Tropfen terranischen Blutes in mir. Mein Name ist nicht einmal Kerwin, er ist – wie würde er lauten?«
»Damon«, sagte Elorie. »Damon Aillard, da das Kind den Namen des ranghöheren Elternteils bekommt, und die Aillards stehen bei den Comyn höher als die Altons. Genauso würden unsere Kinder, wenn wir je welche haben, Ardais statt Aillard heißen … Nur wenn du eine Ridenow oder eine Bürgerliche heiratest, würden deine Kinder Altons sein. Doch nach terranischer Sitte könntest du dich Damon Lanart Alton nennen, nicht wahr? Terraner nehmen immer den Namen des Vaters, und du bist mit diesem Brauch aufgewachsen.«
Plötzlich wurde Elories Gesicht blaß. »Jeff! Wir müssen sie in Arilinn warnen!«
»Ich verstehe nicht, Elorie.«
»Sie führen vielleicht den Erzabbau durch – wenn ich auch finde, sie sind wahnsinnig, wenn sie es ohne Bewahrerin versuchen –, und, Auster ist immer noch gedanklich mit Ragan, dem Spion, verbunden – und weiß es nicht!«
Jeff wurde es kalt ums Herz. Aber er wandte ein: »Meine Liebste, wie können wir sie warnen? Selbst wenn wir ihnen irgend etwas schuldig wären – und sie haben uns hinausgeworfen und dich mit schmutzigen Namen belegt –, sind sie doch dort, und wir sind hier . Selbst wenn wir die Terranische Zone verlassen könnten – und denke daran, daß ich unter Hausarrest stehe –, bezweifle ich, daß wir Arilinn erreichen könnten. Außer vielleicht auf telepathische Weise. Das kannst du versuchen, wenn du möchtest.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ohne Hilfe von Thendara aus? Das geht nur mit einem der speziellen Relais-Schirme, nicht mit meiner Matrix allein. Nicht …« – sie zögerte – »… nicht mehr. Als Bewahrerin von Arilinn hätte ich es tun können. Aber jetzt nicht mehr.«
»Dann mach dir keine Sorgen um sie! Sollen sie doch tun, was sie nicht lassen können!«
Elorie schüttelte den Kopf.
»Arilinn hat mich ausgebildet, Arilinn hat mich zu dem gemacht, was ich bin. Ich kann nicht aufhören, mir Gedanken darüber zu machen, was meinem Kreis zustoßen wird. Und es gibt einen Relais-Schirm in der Comyn -Burg zu Thendara. Durch ihn könnte ich sie erreichen.«
»Großartig!« Kerwin lächelte ironisch. »Ich sehe es direkt vor mir. Du, die Bewahrerin, die man aus Arilinn hinausgeworfen hat, und ich, der Terraner, der zur Deportation verurteilt ist, spazieren zur Comyn -Burg hinauf und bitten höflich darum, den dortigen Relais-Schirm benutzen zu dürfen.«
Elorie senkte den Kopf. »Sei nicht grausam, Jeff. Ich weiß selbst, daß wir unter dem Bann stehen. Aber der Rat trifft erst wieder im Sommer zusammen. In dieser Jahreszeit hält sich niemand in der Comyn -Burg auf außer dem Regenten Lord Hastur. Lady Cassilda war die Freundin meiner Mutter. Und mein Halbbruder Lord Dyan ist Offizier der Stadt-Garde. Ich glaube … ich glaube, er wird mir helfen, eine Audienz bei Lord Hastur zu bekommen.«
»Wenn er ein so guter Freund Kennards ist«, bemerkte Jeff, »wird er wahrscheinlich froh sein, mich als Leiche zu sehen.«
»Er liebt Kennard, ja. Aber er billigt seine zweite Heirat nicht, weder seine terranische Frau noch seine halbterranischen Söhne, und du bist reiner Darkovaner«, erklärte Elorie. »Dyan hätte gern in Arilinn gearbeitet; die Comyn bedeuten ihm viel. Er wäre zusammen mit Kennard eingetreten, als sie beide Jungen waren, hörte ich, aber er wurde getestet und als … ungeeignet eingestuft. Ich glaube … ich hoffe, ich kann ihn dazu bringen, daß er mir eine Audienz bei Hastur verschafft.« Mit schmalen Lippen setzte sie hinzu: »Wenn nichts anderes übrigbleibt, werde ich mich an Lord Alton wenden. Valdir Alton liebte seinen älteren Sohn, und schließlich bist du der einzige Sohn des älteren Sohns.«
Jeff konnte es immer noch nicht fassen. Lord Alton, der alte Mann, der ihn als Verwandten umarmt hatte, war tatsächlich sein Großvater.
Aber es ging ihm gegen den Strich, daß Elorie seinetwegen betteln gehen
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