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Die blutige Sonne

Die blutige Sonne

Titel: Die blutige Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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des Ihren könnten Sie eine Menge mehr tun«, antwortete Ragan, »wenn Sie wüßten, wie Sie ihn zu benutzen haben. Ich verstehe nicht, wie sie funktionieren. Aber wenn Sie sich darauf konzentrieren, können sie kleine Gegenstände bewegen, intensive Hitze erzeugen und – nun, noch anderes. Man braucht nicht viel Übung, um mit so kleinen Steinen herumzuspielen.«
    Kerwin berührte den Stein auf seiner Brust. Er sagte: »Dann ist er nicht nur ein Schmuckstück?«
    »Teufel, nein. Er ist ein kleines Vermögen wert – vielleicht auch ein großes; ich bin kein Fachmann. Es überrascht mich, daß man ihn Ihnen nicht weggenommen hat, bevor Sie Darkover verließen. Schließlich haben die Terraner sich viel Mühe gegeben, einen der größeren Steine in die Finger zu bekommen, um damit zu experimentieren und die Grenzen ihrer Möglichkeiten festzustellen.«
    Wieder kam eine dieser dunklen Erinnerungen an die Oberfläche. Auf dem großen Schiff, das ihn nach Terra brachte, hatte sich eine Stewardess mit dem Stein zu schaffen gemacht. Er war aus seinem Betäubungsschlaf aufgewacht, hatte geschrien und Alpträume bekommen. Kerwin hatte es für eine Nebenwirkung der Medikamente gehalten. Düster stellte er fest: »Versucht haben sie es vielleicht.«
    »Ich bin überzeugt, die Leiter des HQ würden eine Menge darum geben, wenn sie Versuche mit einem Stein von dieser Größe anstellen könnten«, meinte Ragan. »Überlegen Sie es sich, ob Sie ihn ihnen überlassen wollen. Innerhalb bestimmter Grenzen wird man Ihnen dafür wahrscheinlich alles geben, was Sie wollen. Sie könnten zum Beispiel auf einen wirklich guten Posten befördert werden.«
    Kerwin grinste. »Da es mir immer, wenn ich ihn abnehme, lausig geht, dürfte das – einige Schwierigkeiten bereiten.«
    »Heißt das, du nimmst ihn nie ab?« fragte Ellers in seiner Betrunkenheit. »Du läßt ihn sogar im Bad an?«
    Kerwin antwortete auflachend: »Oh, ich kann ihn abnehmen. Es ist mir nur irgendwie – ach, ich weiß nicht – unheimlich , wenn ich ihn eine Weile von mir lasse.« Er hatte sich selbst immer abergläubisch, unvernünftig und unter einem Zwang stehend geschimpft, weil er das Ding als Fetisch behandelte.
    Ragan schüttelte den Kopf. »Wie ich sagte, es sind merkwürdige Steine. Sie – verdammt, das hört sich wie Unsinn an, aber es geschieht; ich weiß nicht wie, ich weiß nur, daß es geschieht, vielleicht stellen sie wirklich eine niedrige Stufe des Lebens dar. Sehen Sie, sie binden sich an einen. Man kann nicht einfach davongehen und sie zurücklassen, und noch nie hat jemand davon gehört, es hätte einer seinen Stein verloren. Ich kenne einen Mann, der ständig seine Schlüssel verlor, bis er einen dieser kleinen Steine erwischte und an seinem Schlüsselring befestigte. Und immer, wenn er das Schlüsselbund irgendwo liegenließ, dann – glauben Sie mir! – wußte er, wo es war.«
    Das, dachte Kerwin, erklärte eine Menge. Auch daß ein Kind schrie, als sei es halb so alt, wie es wirklich war, als eine keinen Unsinn duldende terranische Hausmutter ihm seinen »Glückszauber« wegnahm. Am Ende mußten sie ihn ihm zurückgeben. Erschauernd fragte er sich, was geschehen wäre, hätten sie es nicht getan. Doch das wollte er gar nicht wissen. Wieder berührte er den verborgenen Stein und erinnerte sich kopfschüttelnd an die Überzeugung des Kindes, daß er den Schlüssel zu seiner unbekannten Vergangenheit, zu seiner und seiner Mutter Identität, zu seinen verschwommenen Erinnerungen und halb vergessenen Träumen darstellte.
    »Natürlich hoffte ich«, sagte er mit dick aufgetragener Ironie, »das Amulett werde tatsächlich beweisen, ich sei der lange verloren geglaubte Sohn und Erbe deines hohen Lords Sowieso. Jetzt sind alle meine Illusionen zerstört.« Er hob das Glas an die Lippen und rief dem darkovanischen Mädchen zu, nochmal das Gleiche zu bringen.
    Und dabei fiel sein Blick auf das Glas, dessen Stiel Ragan geschmolzen hatte. Verdammt, war er betrunkener, als er geglaubt hatte?
    Der Kelch stand aufrecht auf seinem grünen Stiel, gerade und ungebrochen. Er war vollkommen in Ordnung.

Kapitel 3: Die Fremden
     
    Drei Runden später entschuldigte Ragan sich. Er sagte, er habe einen Auftrag für das HQ erledigt und müsse darüber Bericht erstatten, bevor er sein Geld bekomme. Als er fort war, blickte Kerwin ungeduldig zu Ellers hinüber, der beim Trinken mit Ragan Schritt gehalten hatte. Auf diese Art hatte er den ersten Abend auf der Welt, deren

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