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Die blutige Sonne

Die blutige Sonne

Titel: Die blutige Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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wisse mich hier auf Darkover zu benehmen. Was ist in mich gefahren?
    Das triefäugige, zornige Auge der Sonne stand niedrig über der Straße. Schatten in tiefem Violett und Indigo hüllten die zusammengedrängten Häuser in eine freundliche Dunkelheit. Jetzt waren Leute auf der Straße, Darkovaner in farbenfreudigen Hemden und Breeches mit schweren gewebten Umhängen oder den allgegenwärtigen importierten Kletterwesten, Frauen, bis zu den Augenbrauen in Pelz eingehüllt, und einmal glitt eine hohe Gestalt vorbei, die unter einer Kapuze und einem seltsam geschnittenen und gefärbten Mantel unsichtbar blieb. Aber es war keine menschliche Gestalt.
    In dem Augenblick, als Kerwin stehenblieb und zu dem flammenden Himmel hochblickte, versank die Sonne, und sofort fegte Dunkelheit über den Himmel wie mit großen, weichen Schwingen, die sich falteten und alles Leuchten auslöschten. Das war die plötzlich einbrechende Nacht, die dieser Welt den Namen gegeben hatte. Am Firmament sprang die funkelnde Krone aus großen weißen Sternen hervor, und drei der kleinen, juwelengleichen Monde standen am Himmel, jadegrün, pfauenblau, perlenrosa.
    Kerwin starrte mit feuchten Augen nach oben und schämte sich seiner Tränen nicht. Es war also doch keine Illusion, trotz der üblichen Raumhafenbars und der enttäuschenden Straßen. Er war tatsächlich nach Hause zurückgekehrt. Er hatte das plötzliche Verdunkeln des Himmels gesehen, den Glanz der Sternenkrone, die man nach der Legende Hasturs Krone nannte … Er blieb stehen, bis sich der nächtliche Nebel mit der plötzlichen Abkühlung der Luft sammelte und die Sterne erst ihren Glanz verloren und dann verschwanden.
    Langsam ging er weiter. Die ersten dünnen, nebligen Niederschläge fielen. Der hoch in den Himmel ragende Lichtstrahl des Hauptquartiers wies ihm die Richtung, und er bewegte sich widerstrebend darauf zu.
    Er dachte an das darkovanische Mädchen in der Bar, das er auf so unerwartete und befremdende Weise zurückgewiesen hatte. Sie war warm und schmiegsam gewesen, und sie war sauber, und was konnte sich ein Mann als Willkommen in der Heimat mehr wünschen? Warum hatte er sie weggeschickt – und noch dazu in dieser Art?
    Er fühlte sich merkwürdig unruhig und ziellos. Heimat? Eine Heimat bedeutete mehr als Himmel und Sterne über sich, die einem bekannt waren. Eine Heimat bedeutete Menschen. Er hatte eine Heimat auf der Erde gehabt, wenn es das war, was er sich wünschte. Nein, dachte er nüchtern. Seine Großeltern hatten ihn nie gewollt. Er war nur der zweite Versuch gewesen, einen Jungen nach dem Bild zu gestalten, daß sie sich von einem Sohn machten. Und im Raum? Ellers war vielleicht der engste Freund, den er je gehabt hatte, und was war Johnny Ellers? Ein Raumhafenstreicher, ein Planetenhüpfer. Plötzlich überfiel Kerwin die Sehnsucht nach Wurzeln, nach einem Heim, nach Menschen und einer Welt, die er nie kennengelernt hatte. Die man ihm nie kennenzulernen erlaubt hatte. Ihm kamen die Worte wieder in den Sinn, die er, sich selbst verspottend, zu Ellers gesagt hatte: Ich hatte gehofft, das Amulett werde beweisen, ich sei der lange verloren geglaubte Sohn und Erbe …
    Ja, jetzt erkannte er, daß ihn dieser Traum zurück nach Darkover gelockt hatte, die Phantasterei, er werde einen Ort finden, wohin er gehörte. Warum hätte er sonst die letzte Welt verlassen sollen? Es hatte ihm dort gefallen; er hatte eine Menge Schlägereien, eine Menge Frauen, eine Menge unverbindlicher Kameradschaft, eine Menge lustiger Abenteuer gehabt. Aber die ganze Zeit hatte er den unaufhörlichen Drang verspürt, nach Darkover zurückzukehren. Das hatte ihn veranlaßt, sich, wie er jetzt einsah, die Chance auf eine sichere Laufbahn zu verderben und außerdem jede Hoffnung auf eine Beförderung den Garaus zu machen.
    Und würde nun, wo er hier war, wo er die vier Monde und die schnell hereinbrechende Nacht seiner Träume gesehen hatte, alles übrige Enttäuschung sein? Würde er herausfinden, daß seine Mutter auch nur so ein Raumhafenmädchen war wie die eine, die sich ihm heute abend genähert hatte, weil sie zu gern etwas von der reichlichen Heuer eingesackt hätte? Wenn dem so war, bewunderte er den Geschmack seines Vaters nicht. Sein Vater? Er hatte viel über seinen Vater gehört in den sieben Jahren, die er bei seinen Großeltern festgesessen hatte, und danach hatte er sich ein Bild von ihm gemacht, das sich mit dieser Vorstellung nicht ganz vereinbaren ließ. Er nahm an, sein

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