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Die blutige Sonne

Die blutige Sonne

Titel: Die blutige Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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bin durch einen Eid gebunden. Einen Racheschwur.«
     
    Kindra verließ die Gaststube bald, aber sie konnte lange nicht einschlafen. Etwas in der Stimme, den Worten des jungen Mannes hatte eine Saite in ihrer eigenen Erinnerung zum Klingen gebracht. Warum hatte er sie so eindringlich befragt? Hatte er vielleicht eine Schwester oder Verwandte, die davon gesprochen hatte, sie wolle eine Entsagende werden? Oder war er, ein offensichtlich effeminierter Junge, auf sie neidisch, weil sie der ihr von der Gesellschaft zudiktierten Rolle entfliehen konnte, er aber nicht? Phantasierte er vielleicht über einen ähnlichen Fluchtweg aus den Anforderungen, die an Männer gestellt wurden? Bestimmt nicht! Es gab für einen Mann leichtere Lebensmöglichkeiten als die eines Söldners! Und Männer hatten die Wahl, wie sie ihr Leben gestalten wollten – mehr Wahl jedenfalls als die meisten Frauen. Kindra hatte sich entschlossen, eine Entsagende zu werden, und hatte sich dadurch unter den Bewohnern der Domänen zur Ausgestoßenen gemacht. Selbst die Wirtin tolerierte sie nur, weil sie ein regelmäßiger Gast war und gut bezahlte. Aber ebenso hätte sie eine Prostituierte oder einen fahrenden Gaukler toleriert und gegen beide weniger Vorurteile gehabt.
    War der Jüngling, fragte sie sich, einer jener Spione, von denen das Gerücht ging, sie würden durch die cortes , die regierende Körperschaft in Thendara, ausgesandt, um Entsagende zu fangen, die die Bedingungen ihres Freibriefes brachen, indem sie Proselyten machten und versuchten, Frauen für die Gilde anzuwerben? Wenn das zutraf, hatte sie der Versuchung wenigstens widerstanden. Sie hatte nicht einmal gesagt, obwohl es ihr auf der Zunge gelegen hatte, daß Janella, wenn sie eine Entsagende wäre, sich durchaus imstande fühlen würde, den Gasthof mit Hilfe ihrer Töchter zu führen.
    Ein paarmal in der Geschichte der Gilde hatten Männer sogar versucht, sich verkleidet einzuschleichen. Wenn man sie entdeckt hatte, war summarisch mit ihnen verfahren worden, aber geschehen war es und mochte wieder geschehen. Was das betraf, dachte Kindra, mochte er in Frauenkleidern recht überzeugend wirken, doch nicht mit der Narbe im Gesicht und diesen schwieligen Händen. Dann lachte sie im Dunkeln und betastete die Schwielen an ihren eigenen Händen. Nun, wenn er so dumm sein sollte, es zu versuchen, würde es schlimm für ihn ausgehen. Lachend schlief sie ein.
     
    Stunden später erwachte sie von Hufschlägen, dem Klirren von Stahl, Rufen und Schreien draußen. Irgendwo kreischten Frauen. Kindra fuhr in ihre Überkleider und rannte nach unten. Brydar stand im Hof und brüllte Befehle. Über der Hofmauer war der Himmel rot von Flammen. Narbengesicht und seine Räuberbande mußten in der Stadt am Werk sein.
    »Du, Renwal, schleichst dich hinter ihre Wachen, bindest die Pferde los und treibst sie davon«, ordnete Brydar an, »damit Narbengesichts Leute uns standhalten müssen und nicht zuschlagen und fliehen können! Und da alle guten Pferde hier im Stall stehen, muß einer hierbleiben, damit sie sich nicht an unsere heranmachen … Die übrigen kommen mit mir. Haltet eure Schwerter bereit …«
    Janella drückte sich unter das überhängende Dach eines Außengebäudes, und ihre Töchter und Mägde drängten sich wie Hühner auf der Stange um sie. »Wollt ihr uns ohne Schutz zurücklassen, wo wir euch sieben Tage lang beherbergt und keinen Penny Bezahlung dafür bekommen haben? Bestimmt werden Narbengesicht und seine Männer hier nach den Pferden suchen, und wir sind ihnen hilflos auf Gnade und Ungnade ausgeliefert …«
    Brydar wies auf den Jungen Marco. »Du da. Bleib hier und bewache Pferde und Frauen …«
    Der Junge knurrte: »Nein! Ich habe mich dir auf dein Versprechen hin angeschlossen, daß ich Narbengesicht mit dem Schwert in der Hand gegenüberstehen soll! Es ist eine Ehrensache – glaubst du, ich brauche deine dreckigen Kupfermünzen?«
    Hinter der Mauer war nur noch ein tobendes Durcheinander. »Ich habe keine Zeit, viele Worte zu wechseln«, sagte Brydar schnell. »Kindra – der Kampf geht dich nichts an, aber du kennst mich als einen Mann, der sein Wort hält. Bleib hier und bewache die Pferde und diese Frauen, und ich werde dafür sorgen, daß sich die Mühe für dich lohnt!«
    »Auf eine Frau sollen wir uns verlassen? Eine Frau soll uns beschützen? Warum keine Maus dazu einsetzen, einen Löwen zu bewachen!« schnitt ihm Janellas Keifen das Wort ab. Der Junge Marco drängte mit

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