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Die blutige Sonne

Die blutige Sonne

Titel: Die blutige Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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einschichtigen Leben, das Ihr führt, könnt Ihr Euch das nicht vorstellen!«
    »Nun, Ihr habt Töchter, die Euch helfen können«, antwortete Kindra. Janella schüttelte den Kopf und jammerte: »Aber sie können nicht in die Wirtschaft zu all diesen rauhen Männern kommen, sie sind erst kleine Mädchen!«
    »Es wird ihnen guttun, etwas über die Welt und ihre Sitten zu lernen«, meinte Kindra, doch die Frau seufzte. »Ich möchte nicht, daß sie zuviel darüber lernen.«
    »Dann werdet Ihr Euch wohl einen zweiten Mann nehmen müssen.« Kindra wußte, daß es zwischen ihr und Janella einfach keine Verständigungsmöglichkeit gab. »Aber Euer Kummer tut mir ehrlich leid. Jorik war ein guter Mann.«
    »Ihr wißt gar nicht, wie gut, mestra «, sagte Janella weinerlich. »Ihr Frauen von der Gilde, ihr nennt euch freie Frauen. Mir allerdings kommt es vor, als sei ich immer frei gewesen – bis heute, wo ich Tag und Nacht auf mich selbst aufpassen muß, falls sich einer falsche Ideen über eine alleinstehende Frau in den Kopf setzt. Erst neulich sagte einer von Brydars Männern zu mir –, und das ist noch so eine Sache, diese Männer. Sie fressen uns um Haus und Herd, und seht nur, mestra , im Stall ist kein Platz für die Pferde unserer zahlenden Gäste, denn das halbe Dorf hat die Pferde der Räuber wegen hier eingestellt. Und diese angeheuerten Degen trinken Tag für Tag das Bier meines guten alten Mannes –« Plötzlich fielen ihr ihre Pflichten als Wirtin ein. »Doch kommt in die Gaststube, mestra , und ich werde Euch ein Abendessen bringen. Oder hättet Ihr gern etwas Leichteres, vielleicht Rabbithorn mit Pilzen geschmort? Wir sind überfüllt, ja, aber da ist das kleine Zimmer oben an der Treppe, das könnt Ihr für Euch allein haben, ein Zimmer, für eine feine Dame geeignet, und tatsächlich hat Lady Hastur vor ein paar Jahren in genau diesem Bett geschlafen. Lilla! Lilla! Wo ist das einfältige Mädchen nur? Als ich sie aufnahm, sagte ihre Mutter mir, sie sei geistig zurückgeblieben, aber sie hat Witz genug, herumzulungern und mit diesem jungen Söldner zu schwatzen, Zandru kratze sie alle! Lilla! Beeil dich, zeig der guten Frau hier ihr Zimmer, hol Waschwasser, kümmere dich um ihre Satteltaschen!«
    Später ging Kindra in die Gaststube hinunter. Wie alle Gildenfrauen hatte sie gelernt, sich unauffällig zu benehmen, wenn sie allein war. Eine einzelne Frau forderte zumindest Fragen heraus, deshalb reisten sie für gewöhnlich in Paaren. Das wiederum rief hochgezogene Augenbrauen und gelegentlich dreckige Bemerkungen hervor, verhütete aber die sehr unerfreulichen Annäherungsversuche, denen sich eine allein reisende Frau auf Darkover aussetzte. Natürlich vermochte sich jede Frau der Gilde selbst zu schützen, wenn es über rohe Worte hinausging, aber das konnte Schwierigkeiten für die ganze Gilde mit sich bringen. Besser war es, sich auf eine Weise zu verhalten, die das Problem so klein wie möglich hielt. Deshalb setzte Kindra sich allein in eine winzige Ecke neben der Feuerstelle und behielt die Kapuze auf – sie war weder jung noch besonders hübsch –, trank ihren Wein, wärmte ihre Füße und tat nichts, was die Aufmerksamkeit irgendeines Anwesenden auf sich ziehen konnte. Es schoß ihr durch den Kopf, daß sie, die sich eine Freie Amazone nannte, in diesem Augenblick größeren Beschränkungen unterworfen war als Janellas hin- und herlaufende junge Töchter, die vom Dach ihrer Familie und der Anwesenheit ihrer Mutter beschützt waren.
    Sie beendete ihre Mahlzeit und rief nach einem zweiten Glas Wein, zu müde, die Treppe zu ihrem Zimmer hinaufzusteigen und, falls sie es tat, zu erschöpft, um einzuschlafen.
    Ein paar von Brydars angeheuerten Degen saßen um einen langen Tisch am anderen Ende des Raums, tranken und würfelten. Sie waren eine gemischte Mannschaft; Kindra kannte keinen von ihnen, aber Brydar selbst war sie schon verschiedentlich begegnet und hatte einmal sogar zusammen mit ihm den Schutz einer Handelskarawane auf dem Weg durch die Wüste zu den Trockenstädten übernommen. Sie nickte ihm höflich zu, und er grüßte sie, zollte ihr jedoch keine weitere Aufmerksamkeit. Er kannte sie gut genug, um zu wissen, daß ihr nicht einmal ein höfliches Gespräch willkommen war, wenn sie sich in einem Raum voller Fremder befand.
    Einer der jüngeren Söldner, ein junger Mann, groß, bartlos und gertenschlank, mit kurzgeschnittenem ingwerfarbenem Haar, erhob sich und kam zu ihr. Kindra machte sich

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