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Die blutige Sonne

Die blutige Sonne

Titel: Die blutige Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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umherwanderten? Hat man Ihnen nicht gesagt, daß das hier nicht klug ist?«
    Kerwin antwortete nur: »Ich hatte mich verlaufen, Sir.«
    »Aber warum, zum Teufel, sind Sie überhaupt außerhalb des Raumhafengebiets spazierengegangen? Es gibt nichts Interessantes da hinten.« Er blickte finster drein. »Warum wollten Sie auf eigene Faust auf Entdeckungsreise gehen?«
    Kerwin erklärte stur: »Ich bin hier geboren, Sir.« Wenn man deswegen auf ihn herabsah, wollte er es sofort wissen. Aber der Legat wirkte nur nachdenklich.
    »Das mag vorteilhaft für Sie sein«, meinte er. »Der Dienst auf Darkover ist nicht beliebt. Aber wenn der Planet für Sie die Heimat darstellt, werden Sie ihn nicht ganz so hassen. Vielleicht. Ich habe mich nicht freiwillig gemeldet, wissen Sie. Ich hatte mich der falschen politischen Partei angeschlossen, und nun könnte man sagen, daß ich hier eine Strafe abbüße. Doch wenn Ihnen der Planet tatsächlich gefällt, könnten Sie hier Karriere machen. Denn, wie gesagt, unter normalen Umständen bleibt niemand länger, als er muß. Glauben Sie also, es wird Ihnen hier gefallen?«
    »Ich weiß es nicht. Aber ich wollte zurückkommen.« Kerwin hatte das Gefühl, diesem Mann könne er vertrauen, und so setzte er hinzu: »Es war fast wie ein Zwang. Meine Kindheitserinnerungen.«
    Der Legat nickte. Er war kein junger Mann mehr, und seine Augen waren traurig. »Gott, das kenne ich! Die Sehnsucht nach dem Geruch der eigenen Luft, nach der Farbe der eigenen Sonne. Das kenne ich, Junge. Ich bin seit vierzig Jahren draußen, ich habe Alpha zweimal in dieser Zeit gesehen, und ich hoffe, einmal dort zu sterben. Wie das alte Sprichwort sagt … Der Raum ist wohl an Sternen reich, doch keiner kommt dem eignen gleich …« Er unterbrach sich. »Hier geboren, wie? Wer war Ihre Mutter?«
    Kerwin dachte an die Frauen in der Raumhafenbar, und dann versuchte er, nicht an sie zu denken. Wenigstens hatte sein Vater genug für seinen Sohn übrig gehabt, um die Staatsbürgerschaft für ihn zu erlangen und ihn im Raumfahrer-Waisenhaus zurückzulassen.
    »Das weiß ich nicht, Sir. Es ist eins der Dinge, über die ich hier Aufzeichnungen zu finden hoffte.«
    »Kerwin …« überlegte der Legat. »Ich muß den Namen schon einmal gehört haben. Ich bin erst seit vier oder fünf Jahren lokaler Zeit hier. Aber wenn Ihr Vater hier geheiratet hat, muß das unten im Archiv festgehalten sein. Auch das Waisenhaus muß Unterlagen haben. Man ist dort sehr vorsichtig damit, welches Kind aufgenommen wird; gewöhnliche Findlinge werden den Hierarchien der Stadt übergeben. Und Sie wurden ja auch zur Erde zurückgeschickt, das kommt sehr selten vor. Normalerweise hätte man Sie hierbehalten, und die Abteilung hätte Ihnen Arbeit beziehungsweise eine Ausbildung als Kartenzeichner oder Dolmetscher verschafft, irgend etwas, wobei es von Vorteil ist, daß Sie die Sprache wie ein Eingeborener beherrschen.«
    »Ich habe schon gedacht, ich sei vielleicht Darkovaner …«
    »Das bezweifele ich, Ihres Haars wegen. Wir Terraner haben eine Menge Rotköpfe – hyperadrenaline Typen, die ein abenteuerliches Leben suchen. Abgesehen von bestimmten Ausnahmen gibt es nicht viele rothaarige Darkovaner …«
    Kerwin wollte schon erwähnen, er sei gestern abend mindestens vieren begegnet, und dann konnte er die Worte nicht aussprechen. Er konnte es buchstäblich nicht. Es war, als sei ihm eine Faust in die Kehle gerammt worden. Statt dessen hörte er dem Legaten zu, der über Darkover erzählte.
    »Es ist ein komischer Planet«, sagte er. »Wir haben Bruchteile davon in Besitz, Handelsstädte hier und in Caer Donn oben in den Hellers, den Raumhafen und den großen Flugplatz draußen bei Port Chicago, genau wie wir es anderswo halten. Sie kennen das übliche Vorgehen. Für gewöhnlich lassen wir Regierungen in Ruhe. Wenn die Bewohner der verschiedenen Planeten sehen, was wir zu bieten haben – eine fortgeschrittene Technik, den Handel, die Mitgliedschaft in einer galaktischen Zivilisation – bekommen sie es langsam satt, unter primitiven oder barbarischen Bedingungen und Hierarchien und Monarchien und Autarkien zu leben, und dann stellen sie einen Antrag auf Aufnahme ins Imperium. Und wir sind hier, um Volksentscheide zu erzwingen und sie gegen eingefahrene Tyrannei zu schützen. Es ist fast eine mathematische Formel; man kann den Ablauf vorhersagen. Eine Klasse-D-Welt wie diese wird vielleicht hundert, hundertzehn Jahre aushalten. Aber Darkover folgt dem

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