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Die blutige Sonne

Die blutige Sonne

Titel: Die blutige Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Ihnen ihren Namen zu nennen?«
    Sie nickte; seine offene Sprache schockierte sie. »So etwas kommt vor. Oder eine unserer jungen Frauen mag sich entschieden haben, ein Kind zu bekommen, ohne uns über den Vater zu informieren, obwohl das auf Ihren Fall nicht zutreffen kann. Warten Sie bitte eine Minute.« Sie trat in einen kleinen Nebenraum. Durch die offene Tür erhaschte Kerwin einen Blick auf Büromaschinen und ein adrettes darkovanisches Mädchen in terranischer Uniform. Nach ein paar Minuten kam die Dame zurück. Sie sah verwirrt und ein bißchen verärgert aus, und sie faßte sich kurz.
    »Also, Mr. Kerwin, anscheinend gibt es keine Unterlagen über Sie in unserm Waisenhaus. Es muß irgendein anderer Planet gewesen sein.«
    Kerwin starrte sie verblüfft an. »Aber das ist unmöglich! Ich habe hier gelebt, bis ich dreizehn Jahre alt wurde. Ich habe in Saal 4 geschlafen, und der Name der Hausmutter war Rosaura. Ich habe auf dem Rasen da hinten Ball gespielt.« Er wies mit der Hand.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ganz bestimmt haben wir keine Unterlagen über Sie, Mr. Kerwin. Ist es möglich, daß Sie hier unter einem anderen Namen geführt wurden?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, ich bin immer Jeff Kerwin genannt worden.«
    »Außerdem haben wir auch keine Aufzeichnungen, daß einer der Jungen mit dreizehn Jahren nach Terra geschickt worden sei. Das wäre sehr ungewöhnlich und entspräche überhaupt nicht unserm regulären Vorgehen, und ganz gewiß wäre es genau registriert worden. Jeder hier würde sich daran erinnern.«
    Kerwin trat einen Schritt vor. Er ragte über der Frau auf, ein großer Mann, drohend, wütend. »Was versuchen Sie, mir weiszumachen? Was meinen Sie damit, Sie hätten keine Unterlagen über mich? In Gottes Namen, welchen Grund könnte ich denn haben, in dieser Sache zu lügen? Ich sage Ihnen, ich habe dreizehn Jahre lang hier gelebt, glauben Sie, das wüßte ich nicht? Verdammt noch mal, ich kann es beweisen!«
    Sie wich vor ihm zurück. »Bitte …«
    »Sehen Sie mal.« Kerwin gab sich Mühe, vernünftig zu sein. »Es muß irgendein Fehler vorliegen. Kann der Name nicht falsch eingeordnet sein, kann Ihr Computer keine Störung haben? Ich muß wissen, welche Unterlagen es über mich gibt. Wollen Sie noch einmal überprüfen, wie mein Name geschrieben wird?« Er buchstabierte ihr seinen Namen, und sie erklärte kalt: »Ich habe diesen Namen und zwei oder drei Variationen der Schreibweise eingegeben. Natürlich, wenn Sie hier unter einem anderen Namen geführt wurden …«
    »Nein, verdammt noch mal!« brüllte Kerwin. »Ich heiße Kerwin! Ich habe hier gelernt, meinen Namen zu schreiben – in dem Klassenzimmer rechts am Ende jenes Korridors, und an der nördlichen Wand hing ein großes Bild von John Reade!«
    »Es tut mir leid«, sagte sie. »Wir haben keinerlei Unterlagen über jemanden namens Kerwin.«
    »Welcher schwachsinnige Tatterich bedient dann Ihren Computer? Sind die Eintragungen nach Namen, Fingerabdrücken, Retina-Mustern geordnet?« Das hatte er vergessen. Namen konnten verändert oder falsch abgelegt werden, aber Fingerabdrücke änderten sich nicht.
    Sie sagte kalt: »Wenn es Sie überzeugen wird und wenn Sie etwas von Computern verstehen …«
    »Ich habe bei CommTerra sieben Jahre lang mit einem Barry-Read KSO4 gearbeitet.«
    Ihre Stimme war eisig. »Dann, Sir, schlage ich vor, daß Sie hier eintreten und die Speicher selbst überprüfen. Falls Sie glauben, Ihr Name sei falsch eingetragen, geschrieben oder abgelegt worden – von jedem Kind, das einmal im Waisenhaus gewesen ist, sind die kodierten Fingerabdrücke festgehalten.« Sie bückte sich und nahm eine Karte auf, drückte seine Finger einen nach dem anderen gegen das molekular-sensitive Papier, das unsichtbar die Linien und Wirbel, die Porenmuster und die Hautbeschaffenheit aufzeichnete. Sie steckte die Karte in einen Schlitz. Kerwin betrachtete das große, stumme Gesicht der Maschine, die Sichtfenster, die wie blinde Augen starrten.
    Mit unheimlicher Geschwindigkeit wurde eine Karte ausgeworfen und fiel in einen Korb. Kerwin riß sie an sich, bevor die Frau sie ihm geben konnte, und ignorierte die kalte Wut auf ihrem Gesicht. Aber als er die Karte umdrehte, verschwanden sein Triumphgefühl und die Überzeugung, sie habe ihn aus irgendeinem Grund angelogen. Kaltes Entsetzen krampfte seinen Magen zusammen. In den charakterlosen Großbuchstaben des mechanischen Druckers stand da zu lesen
    KEINE EINTRAGUNG ÜBER DIESE

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