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Die Blutlinie

Die Blutlinie

Titel: Die Blutlinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyn
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unausweichlich.
    »Was würde das FBI davon denken?«, fragt Street.
    Alan beugt sich vor, eine einzige Drohung. »Sie weiß, dass sie den Mund zu halten hat.«
    Street nickt. Er ist beeindruckt.
    »Wie dem auch sei«, fährt Alan fort. »Sie haben Smoky ziemlich gut erwischt. Auch ein paar der anderen Jungs. Es heißt, Sie hätten irgendeine spezielle Kampfkunst in diesem Apartment angewandt. Sie unterrichten, stimmt das?«
    »Das ist richtig.«
    »Welchen Stil?«
    »Wing Chun. Das ist eine Form von Kung Fu.«
    »Ernsthaft? Bruce Lee, wie?« Alan grinst. »Ich hab selbst einen schwarzen Gürtel in Karate.«
    Jetzt blickt Street auf, mustert Alan, schätzt seine Größe ab. »Sind Sie gut? Betreiben Sie es ernsthaft? Oder ist es bloß zur Show?«
    »Ich trainiere zweimal die Woche, mache täglich meine Katas, und das seit zehn Jahren.«
    Ich sehe Barry an. »Alan kann einen Karateschlag nicht von einem wilden Schwinger unterscheiden.«
    Street nickt. Eine Andeutung von Respekt, von Mann zu Mann. Alan stellt den Kontakt zu ihm her. »Das ist gut. Man muss sich immer in Form halten. Ein großer Mann wie Sie – Sie können ziemlich gefährlich sein.«
    Alan hebt abwehrend die Hände. » Hey, ich versuch’s«, besagt die Geste. »Ich habe meine starken Momente. Wie steht es mit Ihnen? Wann haben Sie mit Kung Fu angefangen?«
    Ich sehe, wie Street zögert, nachdenkt. Tut, was Alan möchte, ohne es zu wissen. »Ich erinnere mich nicht genau, in welchem Jahr … ich war fünf oder sechs. Wir haben damals in San Francisco gewohnt.«
    Alan stößt einen Pfiff aus. »Lange Zeit. Wie lange dauert es – durchschnittlich, meine ich –, bis man Kung Fu einigermaßen beherrscht?«
    Street überlegt. »Schwer zu sagen. Kommt auf die Person an. Aber im Allgemeinen – vier bis fünf Jahre.«
    Alan benutzt unschuldige Fragen, um eine »Grundlinie« zu schaffen. Er bedient sich dabei einer Technik, die »neurolinguistische Befragung« genannt wird und bei der man dem Befragten zwei Sorten von Fragen stellt. Eine Fragenart zielt darauf ab, dass sich der Befragte an etwas erinnert. Die andere soll ihn dazu bringen, seine kognitiven Fähigkeiten einzusetzen. Alan studiert Streets Körpersprache, während er seine Fragen stellt; registriert, welche Veränderungen stattfinden, wenn er über Informationen nachdenkt statt sich an etwas zu erinnern. Die Veränderungen zeigen sich primär in den Augen, und Street zeigt die klassischen Verhaltensmuster. Wenn Alan ihn nach einer Erinnerung fragt – wann er mit dem Kung Fu angefangen hat –, wandern Streets Augen nach links. Wenn er ihm eine Denkfrage stellt – beispielsweise abzuschätzen, wie lange man braucht, um gut zu werden in Kung Fu – richten sich Streets Augen nach unten und rechts. Jetzt weiß Alan, dass Street, wenn er ihm eine Erinnerungsfrage stellt und Street nach unten rechts blickt, aller Wahrscheinlichkeit nach lügt, weil er denkt, statt sich zu erinnern.
    »Vier bis fünf Jahre also. Nicht schlecht.« Alan nimmt eine Hand hinter den Stuhl und gibt ein Zeichen. Ich reagiere, indem ich an das Fenster klopfe. Alan verzieht das Gesicht. »Entschuldigung. Ich bin gleich wieder da.«
    Street antwortet nicht, und Alan steht auf und verlässt den Verhörraum. Einen Moment später ist er bei uns im Beobachtungszimmer.
    »Er gibt sich cool«, sagt er, »aber er hat nicht die geringste Ahnung von Körpersprache und Verhörtechnik. Ich werde ihn überrollen.«
    »Sei vorsichtig«, mahne ich ihn. »Wir wollen, dass er uns zu Jack Junior führt. Du weißt noch nicht, wie loyal er ist.«
    Alan sieht mich an, schüttelt den Kopf. »Es spielt keine Rolle.« Er wendet sich an Barry. »Sie haben die Akte?«
    »Ja, hier.« Barry reicht ihm die Akte, gefüllt mit zahlreichen Blättern, die entweder überhaupt nichts mit Street zu tun haben oder leer sind. Vorn auf dem Hefter steht deutlich erkennbar der Name ROBERT STREET.
    Der Hefter ist nichts weiter als eine Requisite. Alan wird von jetzt an den Ton und die Geschwindigkeit des Verhörs ändern und auf Konfrontationskurs gehen. In unserer Gesellschaft sind Akten gleichbedeutend mit wichtigen Informationen, und die Tatsache, dass diese Akte prallvoll mit Dokumenten ist, wird Street deutlich machen, dass wir eine Menge Beweise gegen ihn in der Hand haben. Alan wird ins Verhörzimmer zurückkehren und mit einer so genannten »konfrontierenden Feststellung« beginnen. Es ist eine Schlüsselstelle in dieser Art von Verhör, und sie kann

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