Die Blutlinie
Sorte kennen gelernt«, sage ich.
»Nun, so war ich. Doch dieses zwanzig Jahre alte Mädchen wurde eine richtige Freundin. Ich habe nie daran gedacht, sie zu ficken, und ich wollte sie nicht heiraten. Ich wollte nur, dass es ihr gut geht. Mehr wollte ich nicht.« Er beißt sich auf die Lippe. »Verstehen Sie, ich war ein guter Detective. Ich hab mich nie bestechen lassen, und in der Regel fing ich die bösen Jungs. Ich hab nie eine Frau geschlagen. Ich hatte meine Regeln, wusste, was richtig und was falsch war. Trotzdem war ich nie ein wirklich anständiger Mann. Verstehen Sie den Unterschied?«
»Sicher.«
»Aber das, was ich mit Renee gemacht habe, das war anständig.« Er fährt sich mit der Hand durch die Haare. »Sie schaffte den Entzug und wurde aus der Rehabilitation entlassen. Sie schaffte ihn wirklich, verstehen Sie? Sie war eine von denen, die sauber blieben. Ich lieh ihr ein wenig Geld, und sie nahm sich ihre eigene Wohnung. Sie fing an zu arbeiten. Ein paar Monate später ging sie sogar zur Abendschule. Nahm Schauspielunterricht. Sie meinte, wenn sie es nicht schaffen würde, Schauspielerin zu werden, dann könnte sie immer noch als Kellnerin arbeiten. Aber sie war noch nicht bereit, ihren Traum aufzugeben.
Wir trafen uns hin und wieder. Gingen zusammen ins Kino. Immer als Freunde. Ich wollte nie mehr von ihr. Es war das erste Mal, dass eine Freundschaft für mich wichtiger war als ein Hintern. Das Beste von allem war, dass ich nicht mehr ständig an die Babys denken musste. Ich hörte auf zu trinken und vertrug mich wieder mit meiner Frau.«
Er verstummt, und ich weiß, was nun kommt; kann es hören wie einen Phantomfrachtzug, der aus der Ferne herandonnert. Ich kenne das Ende seiner Geschichte. Renee Parker, die Frau, die Rawlings gerettet und mit der er Freundschaft geschlossen hat, wird auf grauenhafte Weise ermordet. Was ich bisher nicht gewusst habe, war, was das für die Menschen um sie herum bedeutete.
Für Don Rawlings war dies der Punkt, an dem sich das Schicksal erneut gegen ihn wendete und ihn in die Dunkelheit stürzen ließ. Der Punkt, an dem die toten Babys zurückkehrten, um ihn niemals wieder zu verlassen.
»Ich bekam den Anruf um vier Uhr morgens. Ich wusste nicht, wer die Tote war, bis ich am Tatort eintraf.« Seine Augen sehen aus wie Gespenster im Nebel. Verloren und auf alle Ewigkeit dazu verdammt, über die Erde zu wandeln. »Er hat sie verstümmelt. Der Pathologe sagte, sie hätte fast fünfhundert Brandwunden von Zigaretten gehabt. Fünfhundert!« Seine Hände auf dem Schreibtisch fangen an zu zittern. »Er hatte sie gefoltert und vergewaltigt. Doch das Schlimmste war das, was er hinterher mit ihr tat. Er schnitt sie auf, entnahm einige ihrer Organe und warf sie neben ihren Körper. Warf sie einfach auf die Straße, damit sie dort zusammen mit ihr verwesten.
Es fällt mir schwer, mich an dieses Gefühl zu erinnern. Wie ich mich gefühlt habe, als ich sie sah. Vielleicht will ich mich einfach nicht erinnern. Woran ich mich erinnere, ist ein Uniformierter, der auf sie hinabsah und meinte: ›O ja, die hab ich gekannt. Eine Stripperin, hat drüben im Tenderloin gearbeitet. Großartige Titten.‹ Das war’s für ihn. Keine weitere Erklärung nötig. Er blickte auf Renee hinab, erinnerte sich an ihre Titten, steckte sie in eine Schublade. Für ihn war sie kein menschliches Wesen, kein kluges Mädchen, das versuchte, sein Leben in den Griff zu kriegen. Nur eine Stripperin.« Er fährt mit dem Finger über eine Rille in der Schreibtischplatte. »Sie mussten mich von ihm wegreißen. Nicht, dass es etwas gebracht hätte. Es ist einfach nicht zu glauben. Dieser verdammte Bastard ging später hin und korrigierte die Akte, Jahre später. Unter ›Beruf‹ strich er die Angabe ›Kellnerin‹ und schrieb stattdessen ›Stripperin/Prostituierte‹. Er hat diese Korrektur sogar ans VICAP geschickt.«
Ich bin entsetzt. Ich nehme an, es ist auf meinem Gesicht zu sehen, denn Rawlings blickt mich an und nickt.
»Es ist nicht zu glauben, nicht wahr?« Er seufzt. »Wie dem auch sei, ich hielt meine Freundschaft zu ihr geheim, sodass ich den Fall übernehmen konnte. Ich wollte diesen Dreckskerl schnappen. Ich musste ihn schnappen. Doch er war gut. Keine Fingerabdrücke, nicht die kleinste Spur. Wir hatten damals noch keine DNS-Analyse, deswegen …« Er zuckt die Schultern. »Ich suchte dort, wo wir damals immer gesucht haben, wenn es keine stichhaltigen Beweise gab.«
»Wer kannte sie, mit
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