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Die Blutlinie

Die Blutlinie

Titel: Die Blutlinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyn
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dem Weg der Besserung, verstehst du? Ich wollte nicht, dass sie sich Sorgen macht. Sie sollte sich ganz darauf konzentrieren, sich von der Operation zu erholen. Eine ganze Woche lang dachte ich, dass sie sterben würde, und jedes Mal, wenn ich sie ansah, dachte ich darüber nach. Sie hatte keine Ahnung.« Er lacht freudlos. »Anschließend waren wir wieder im Krankenhaus, für eine Nachuntersuchung, und der Arzt hatte gute Neuigkeiten für uns. Zweites Stadium, nicht viertes. Die Überlebensquote für die nächsten fünf Jahre liegt bei 70 bis 80 Prozent. Er grinst uns an, und sie fängt an zu weinen. Sie erfuhr, dass ihr Krebs nicht so schlimm war, wie wir dachten, aber sie wusste bis zu diesem Augenblick nicht, dass es eine gute Nachricht war.«
    »Oh, Alan …«
    »Und jetzt bekommt sie eine Chemo. Vielleicht auch Bestrahlungen. Wir verfügen noch nicht über alle notwendigen Informationen, um uns zu entscheiden.« Er starrt erneut auf seine großen, kraftvollen Hände. »Ich habe geglaubt, ich würde sie verlieren, Smoky. Selbst jetzt noch, nachdem die Fakten dafür sprechen, dass sie wieder gesund wird, bin ich mir nicht sicher. Ich weiß nur, wie ich mich fühlen würde. Ich hatte eine ganze Woche, um es zu fühlen. Ich kann nicht aufhören, es zu fühlen.« Er sieht mich an, und die Wut ist zurück. »Ich habe die Möglichkeit gefühlt, sie zu verlieren. Und was mache ich? Ich fliege zu unserer nächsten Leiche. Und sie ist allein zu Hause und schläft.« Er starrt aus dem Fenster. »Vielleicht ist sie inzwischen auch schon aufgestanden. Aber ich bin nicht bei ihr.«
    Ich sehe ihn betroffen an. »Mein Gott, Alan! Warum nimmst du denn keinen Urlaub? Du solltest bei Elaina sein, nicht hier! Wir schaffen das auch ohne dich.«
    Er dreht sich zu mir, und der Schmerz, den ich in seinen Augen sehe, raubt mir den Atem und lässt mir fast das Herz stocken.
    »Begreifst du denn nicht? Ich bin nicht wütend, weil ich hier bin! Ich bin wütend, weil ich keinen Grund habe, nicht hier zu sein! Entweder wird alles wieder gut, oder eben nicht! Und es macht verdammt noch mal nicht den geringsten Unterschied, was ich anstelle!« Er nimmt die Hände hoch, spreizt sie. Zwei riesige Catcher-Pranken. »Ich kann mit diesen Händen töten. Ich kann damit schießen. Ich kann meine Frau damit lieben und einen Faden in ein Nadelöhr fädeln. Sie sind stark und obendrein sehr geschickt. Und doch kann ich nicht in sie hineingreifen und ihr diesen Krebs herausnehmen. Ich kann ihr nicht helfen. Und ich ertrage das nicht, verdammt!«
    Die Hände fallen in seinen Schoß zurück, und die hilflosen Augen starren erneut darauf. Ich sehe ebenfalls auf seine Hände, während ich nach Worten suche, die meinen Freund trösten könnten. Ich spüre seine Angst und meine. Ich denke an Matt.
    »Hilflosigkeit ist etwas, das ich sehr gut verstehe, Alan.«
    Er sieht mich an, und in seinen Augen kämpfen die Emotionen miteinander. »Ich weiß, Smoky. Aber – bitte versteh das nicht falsch – alles in allem ist das nicht gerade aufmunternd.« Er schneidet eine Grimasse. »Ach, Scheiße. Entschuldige. Das klingt furchtbar.«
    Ich schüttele den Kopf. »Mach dir keine Gedanken deswegen. Es geht hier nicht um das, was mir passiert ist. Es geht um dich und Elaina. Du kannst nicht mit mir über das reden, was du empfindest, und gleichzeitig auf Eierschalen tanzen. Das geht nicht.«
    »Schätze, du hast Recht.« Er atmet kräftig aus. »Scheiße, Smoky. Was soll ich nur tun?«
    »Ich …« Ich lehne mich für einen Moment zurück, während ich überlege. Was soll er tun? Er sieht mich an. »Du sollst sie lieben und alles tun, was in deiner Macht steht. Du sollst dir von deinen Freunden helfen lassen, wenn du ihre Hilfe brauchst. Und das Wichtigste von allem, Alan: Du sollst nicht vergessen, dass sich vielleicht alles zum Guten wendet. Dass die Karten noch nicht endgültig gegen dich sind.«
    Er grinst mich schief an. »Das Glas ist nicht halb leer, sondern halb voll, wie?«
    Meine Antwort ist heftig. »Verdammt richtig! Es geht um Elaina. Ein halb volles Glas ist die einzig akzeptable Weise, die Sache zu betrachten!«
    Er sieht aus dem Fenster, auf seine Hände, dann wieder zu mir. Die Sanftheit, die ich stets an meinem Freund geliebt habe, ist in seine Augen zurückgekehrt. »Danke, Smoky. Ich bin dir wirklich dankbar.«
    »Kein Problem, absolut nicht.«
    »Wir behalten es einstweilen für uns, okay?«
    »Sicher. Alles in Ordnung?«
    Er schürzt die Lippen,

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