Die Blutlinie
am Leben. Du hast dir keine Pistole in den Mund geschoben und abgedrückt. Ich bedaure nichts, Zuckerschnäuzchen.« Ihre nächsten Worte sind geflüstert. »Das bedeutet nicht, dass es mir nicht wehgetan hätte, Smoky. Ich habe Alexa geliebt. Du weißt, dass ich sie geliebt habe.«
Ich reiße den Kopf herum bei ihren Worten, starre sie an, und alle Wut verraucht. »Ich mach dir keinen Vorwurf. Oder ihm. Und vielleicht hatte er ja auch Recht.«
»Warum sagst du das, Liebes?«
Ich zucke die Schultern. Ich bin müde, entsetzlich müde. »Weil ich mich jetzt wieder an alles erinnere. Aber ich will immer noch nicht sterben.« Ich ziehe mich für einen Moment in mich selbst zurück, als der Schmerz mich zu übermannen droht. »Ich habe das Gefühl, damit einen Verrat zu begehen, Callie. Ich habe das Gefühl, dass ich sie, wenn ich am Leben bleiben will, nicht genug geliebt habe.«
Ich sehe sie an und merke, wie sehr meine Worte sie getroffen haben. Meine Callie, meine fröhliche, muntere Eiskönigin sieht aus, als hätte ich ihr einen Schlag ins Gesicht versetzt. Oder vielleicht einen Stich ins Herz.
»Nein«, sagt sie nach einer ganzen Weile. »Das stimmt nicht. Weiterzumachen, nachdem sie beide tot sind, Smoky, das bedeutet nicht, dass du sie nicht geliebt hast. Es bedeutet lediglich, dass sie gestorben sind und du nicht.«
Ich merke mir diesen tiefgründigen Satz, um später darüber nachzudenken. Ich spüre, dass etwas daran ist. »Eigenartig, nicht wahr? Ich habe immer alles mit meiner Waffe getroffen, was ich treffen wollte. Es war ganz natürlich für mich, ein Talent. Ich erinnere mich, dass ich auf seinen Kopf gezielt habe, und dann hat er sich so verdammt schnell bewegt. Ich habe noch nie jemanden gesehen, der sich so schnell bewegen konnte. Er riss Alexa vom Bett und sorgte dadurch dafür, dass sie die Kugel einfing, die für ihn gedacht war. Sie hat mir direkt in die Augen gesehen, als es passiert ist.« Mein Gesicht zuckt. »Weißt du, er hat beinahe überrascht ausgesehen. Trotz allem, was er getan hat, hatte er einen Moment lang diesen Ausdruck im Gesicht, wie jemand, der befürchtet, zu weit gegangen zu sein. Und dann habe ich ihn erschossen.«
»Erinnerst du dich daran, Smoky?«
Ich runzele die Stirn. »Wie meinst du das?«
Callie lächelt. Es ist ein trauriges Lächeln. »Du hast ihn nicht einfach erschossen, Zuckerschnäuzchen. Du hast ihn mit Kugeln voll gepumpt. Du hast vier Magazine in ihn geleert, und du warst beim Nachladen, als ich dich aufgehalten habe.«
Und plötzlich ist alles wieder da. Ich erinnere mich.
Er hatte mich vergewaltigt, mich geschnitten. Matt war tot. Wellen von Schmerz durchzogen mich, und ich verlor immer wieder für kurze Zeit das Bewusstsein. Alles war irgendwie surreal. Als stünde ich unter Drogen. Oder wie jenes Gefühl, das man hat, wenn man mittags ein Nickerchen macht, das eine halbe Stunde zu lange dauert. Ein Gefühl von Eindringlichkeit war da, ich konnte es spüren. Doch es war weit weg. Ich spürte es wie durch weiche Gaze. Ich hätte durch Sirup waten müssen, um es zu erreichen.
Sands beugte sich vor, hielt sein Gesicht dicht an meines. Ich spürte seinen Atem auf meiner Wange. Er war unnatürlich heiß. Irgendetwas Klebriges – mir wurde bewusst, dass es sein Speichel war – trocknete auf meiner Brust. Ich erschauerte, ein Schauer, der meinen ganzen Körper durchlief, lang anhaltend.
»Ich binde jetzt deine Hände und Füße los, meine süße Smoky«, flüsterte er mir ins Ohr. »Ich möchte, dass du mein Gesicht berührst, bevor du stirbst.«
Meine Augen rollen zu ihm hoch, dann weiter hinauf in meinen Kopf. Ich verliere erneut jedes Zeitgefühl, treibe zurück ins Bewusstsein und spüre, wie er sich an meinen Händen zu schaffen macht, die Fesseln löst. Dämmere ins Schwarz hinein, komme zu mir, er ist an meinen Füßen. Cowabunga. Licht zu Schatten, Schatten zu Licht.
Ich komme zu mir, und er liegt neben mir, presst sich an mich. Er ist nackt, und ich spüre seine Erektion. Seine linke Hand ist in mein Haar verkrallt, zerrt meinen Kopf nach hinten. Die rechte liegt über meinem Bauch, und ich kann das Messer darin spüren. Sein Atem, sauer und heiß.
»Zeit zu gehen, süße Smoky«, flüstert Sands. »Ich weiß, du bist müde. Du musst nur noch eins tun, bevor du schlafen darfst.« Sein Atem geht schneller. Seine Erektion wird stärker, drückt in meine Seite. »Berühr mein Gesicht.«
Er hat Recht. Ich bin müde. So verdammt müde. Ich
Weitere Kostenlose Bücher