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Die Blutlinie

Die Blutlinie

Titel: Die Blutlinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyn
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ich mich einverstanden erklären würde.«
    »Und das wäre?«
    »Dass du entweder gesund zurückkommst oder verdammt noch mal wegbleibst. Wenn du versuchst zurückzukommen, obwohl du noch nicht wieder so weit bist, gehe ich direkt zu AD Jones und immer weiter nach oben, bis irgendjemand mir zuhört und dich an die frische Luft setzt, wenn es sein muss.«
    Weißglühende Wut erfasst mich. »Du bist ein arroganter Wichser.«
    Er ist ungerührt. »So ist es nun einmal, Smoky. Ich vertraue dir. Wenn du mir dein Wort gibst, dann weiß ich, dass du es halten wirst. Das verlange ich von dir. Komm gesund zurück oder gar nicht. Dieser Punkt ist nicht verhandelbar.«
    Ich starre ihn an. Ich sehe weder Mitleid noch Geringschätzung in seinem Gesicht. Mir wird klar, dass er nicht viel verlangt.
    Was er sagt, ist vernünftig. Ich hasse ihn trotzdem.
    »Ich gebe dir mein Wort«, sage ich. »Und jetzt mach, dass du hier rauskommst!«
    Er steht auf und geht, ohne sich noch einmal umzudrehen.

KAPITEL 21
    Wir fliegen am frühen Morgen zurück, schweigend. Bonnie sitzt neben mir, hält meine Hand und starrt in die Ferne. Callie kommt einmal zu mir und lässt mich wissen, dass zwei Beamte bei mir zu Hause postiert werden, bis ich etwas anderes sage. Ich glaube zwar nicht, dass er jetzt noch einmal in meine Wohnung eindringen wird, nachdem er sich verraten hat, doch ich bin trotzdem mehr als froh über diesen Schutz. Callie berichtet außerdem, dass die Überprüfung der Fingerabdrücke durch das AFIS keine Spur ergeben hat. Eine herbe Enttäuschung.
    Ich befinde mich in einem Strudel der Emotionen, ein großes Durcheinander aus Konfusion und frischen Wunden, durchsetzt von immer wieder aufblitzender Panik. Es sind jedoch nicht die Gefühle, die mich überwältigen, es ist die Realität. Bonnies Realität. Ich sehe sie von der Seite her an. Sie macht mich noch nervöser und reagiert, indem sie mir den Kopf zuwendet und mir voll in die Augen sieht. Sie betrachtet mich sekundenlang, dann versinkt sie wieder in ihrem Schweigen, und ihr Blick entrückt in die Ferne.
    Ich balle eine Hand zur Faust und schließe die Augen. Kleine Blitze von Panik zucken in mir auf und zerplatzen krachend wie Feuerwerk am Nachthimmel.
    Mutter zu sein macht mir furchtbare Angst. Und genau darum geht es hier, ganz einfach. Ich bin alles, was sie hat, und vor uns liegt ein langer, langer Weg. Ein Weg voller Schultage, Weihnachtsfeste, Schutzimpfungen, Obstaufessen, Fahren lernen, um zehn Uhr abends zu Hause sein und so weiter und so weiter. All die Banalitäten – große, kleine, wunderbare –, mit denen man es zu tun bekommt, wenn man die Verantwortung für ein anderes Leben übernimmt.
    Früher hatte ich ein System dafür, das nicht nur auf Mutterschaft, sondern auf Elternschaft basierte. Ich hatte Matt. Wir haben uns gemeinsam um Alexa gekümmert, über ihre Erziehung diskutiert, uns die Bälle zugespielt, sie gemeinsam geliebt. Ein großer Teil der Elternschaft besteht in der ständigen Gewissheit, alles falsch zu machen. Da ist es tröstlich, jemanden zu haben, mit dem man die Schuld teilen kann.
    Bonnie hatte nur mich. Mich allein. Mich mit meinem Frachtzug voller Lasten, den ich mit mir herumschleppe, während sie einen Frachtzug voller Entsetzen und Grauen hinter sich herzieht und eine Zukunft hat, die … was? Wird sie jemals wieder sprechen? Wird sie irgendwann Freundinnen haben? Freunde? Wird sie glücklich werden?
    Ich erkenne, während meine Panik wächst, dass ich so gut wie überhaupt nichts über dieses kleine Mädchen weiß. Ich weiß nicht, ob sie gut ist in der Schule. Ich weiß nicht, welche Fernsehsendungen sie mag oder was sie morgens zum Frühstück essen möchte. Ich weiß überhaupt nichts.
    Meine Angst wächst und wächst, und ich stammle innerlich vor mich hin und würde am liebsten die Luke des Fliegers öffnen und schreiend nach draußen ins Nichts springen, weinend, gackernd und …
    Und dann ertönt Matts Stimme in meinem Kopf, wieder einmal, sanft, leise und tröstend.
    »Ruhig, Baby, ganz ruhig. Entspann dich. Zuerst die wichtigen Dinge, und das Wichtigste hast du bereits erledigt.«
    »Und was wäre das?«, wimmere ich in Gedanken.
    Ich spüre sein Lächeln. »Du hast sie zu dir genommen. Sie ist dein. Was immer geschehen mag, wie schwer es auch wird, du hast sie bei dir aufgenommen, und du wirst sie niemals wieder zurückgeben. Das ist das erste Gesetz jeder Mutter, und du hast es erfüllt. Der Rest ergibt sich

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