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Die Blutmafia

Die Blutmafia

Titel: Die Blutmafia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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noch nie etwas Ähnliches gesehen, trug sie zur Hausmauer und stellte sie dort ab.
    Dann ging er ins Haus zurück, füllte in der Küche ein Glas mit Wasser und schluckte drei der Beruhigungstabletten. Auch das war unsinnig, zumindest in den nächsten Minuten würde die Wirkung nicht einsetzen, und er konnte doch, durfte nicht länger warten!
    Er ging zurück zur Kommode. Er hatte die oberste Schublade schon vor Jahren mit einem Spezialschloß versehen lassen. Der Schlüssel dazu hing stets an seinem Schlüsselbund. Er schloß die Schublade auf, öffnete die Schachtel und nahm die Walter-PKK heraus. Dann griff er wieder in die Schublade, um das Magazin zu holen, schob es ein und hörte das metallische Klacken, als es einrastete. Er machte die Waffe schußbereit, indem er den Verschluß zurückzog und spannte, und ging nun, die Pistole lose in der rechten Hand haltend, die Treppe hoch.
    Dumpfes Trommeln. War es sein Herz? Was immer es war, es war lauter als das leise Knacken unter seinen Füßen. Er ging langsam wie nie zuvor. Er überdachte noch einmal alles so kühl wie zuvor. Aber sein Herz hatte seine eigene Sprache. Sein Herz schrie …
    Dann war auch das vorbei.
    Der Korridor.
    Die dritte Tür rechts. Hannes Zimmer. Sie hatte es sich im vergangenen Jahr eingerichtet, als sie beschlossen, von nun an getrennt zu schlafen, da er sie mit seinem unregelmäßigen Nachhausekommen immer wieder aufgeschreckt hatte.
    Er legte die Hand auf die Klinke.
    Hanne, seit ich dich kenne, hab' ich nie eine andere Frau geliebt … Ich schwöre es!
    Hanne, nie in meinem Leben habe ich einen Menschen so geliebt wie dich.
    Hanne, glaub mir, es muß sein …
    Er drückte die Klinke nieder und trat ein. Doch gleich darauf blieb er stehen und sog den Duft ihres Parfums ein. Da waren die Umrisse des Bettes, der Sessel, über dem dunkel ein paar Kleider hingen. Im matten Licht, das der Mond durch die Fenster warf, konnte er erkennen, daß Hanne auf der Seite lag. Er war sehr froh darum. Nie war er über etwas so froh gewesen wie darüber. Sie hielt ein Kissen umarmt. Ihr Haar floß über das weiße Leinen.
    Er kniete sich auf die Matratze.
    Sie rührte sich nicht. Noch immer nicht.
    Ganz einfach ist es.
    Dann tu's!
    Er berührte mit den Fingerspitzen das Haar, doch da war keine Empfindung, die Fingerspitzen waren abgestorben. Nun …
    Er hielt die PKK, ohne zu zittern, ihre Mündung schob eine Flechte ihres Haares hoch, er konzentrierte sich darauf, daß die Waffe die Kopfhaut nicht berührte. Er schloß die Augen – und zog durch.
    So einfach …
    Die grauenhaft grelle, laute Explosion war wie ein Faustschlag. Sie riß seinen Kopf hoch, sie sang in seinen Ohren. Es gab nichts mehr als den Knall.
    Nicht hinsehen, hatte er sich vorgenommen. Aufstehen, weggehen …
    Er stand auf. Wie er zur Tür kam, wußte er nicht, aber er warf keinen Blick zurück.
    Elfis Kinderzimmer, das war die nächste Etappe. Aber der Schuß war laut gewesen – Elfi mußte ihn gehört haben.
    Wieder stand er auf dem Flur. Er preßte sein Ohr gegen das Holz der Tür zum Kinderzimmer.
    Nichts. Kein Schluchzen, kein ›Mami‹. Nichts.
    Und seine Trommelfelle schmerzten noch immer.
    Er legte die Hand auf die Klinke, drückte sie nieder und betrat das Zimmer seiner kleinen Tochter …
    Iris sah auf ihre Uhr: halb neun vorbei … Na ja, der Doktor nahm zum Frühstück sowieso nur Kaffee, ehe er ins Büro abbrauste. Und mit der Frau Reissner kam man immer zurecht.
    Sie stoppte den ›Uno‹ vor der Bäckerei am Anfang der Tauberstraße, rannte los, holte Brötchen und Mohnwecken, die Elfi so mochte, quälte den kleinen Wagen mit heulendem Motor über die letzten hundert Meter, schnappte sich an der Toreinfahrt die ›Süddeutsche‹ und die ›Abendzeitung‹ und lief die Auffahrt entlang.
    Dann blieb sie plötzlich stehen. Vogelgezwitscher, Tauperlen, vornehm-satte Stille. Das Haus lag da wie jeden Tag. Nur daß die Jalousien im Erdgeschoß noch nicht hochgezogen waren. Gut, auch das hatte sie schon erlebt.
    Trotzdem: Irgend etwas schien verändert!
    Iris schloß die Haustür auf, trat in die Halle, ging von dort in den großen Wohnraum – und blieb erneut stehen. Ihr Herz klopfte. Es war, als spüre sie den Druck einer Hand an ihrem Hals.
    Nicht irgend etwas – alles hatte sich verändert!
    Und dazu diese Stille …
    Ein kalter Hauch strich über ihren Rücken.
    »Frau Reissner?« rief sie.
    Niemand antwortete. Die einzigen Laute – ihre Stimme, ihre

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