Die Blutnacht: Roman (German Edition)
Massaker im Louvre geschickt, ehe es geschehen war. Und dass Grymonde sein Gold holen wollte, war ein guter Vorwand für einen Besuch.
Der Narr aus den Karten sollte verdammt sein!
Grymonde überquerte die Straße und zog die Tür zum Gasthaus auf.
Am Morgen, nachdem seine Mutter ihn aus dem Zimmer geworfen hatte, damit sie und Carla ein wenig Ruhe bekämen, hatte Grymonde seine jungen Löwen wieder in die reicheren Bezirke der Ville hinausgeführt.
Er hatte erst auf dem Weg zum Hôtel d’Aubray vom Befehl des Königs erfahren, dass die Hugenotten ausgelöscht werden sollten. Wenn die Schweizer Garde soeben die protestantischen Adeligen niedergemetzelt hatte, wäre die Umgebung des Louvre ein zu heißes Pflaster, also machte er sich in östliche Richtung zu den Quartiers von Saint-Martin und Sainte-Avoye auf, wo sich in letzter Zeit Kaufleute und Adelige feine neue Wohnstätten gebaut hatten.
Grymonde mochte die Anarchie.
» Die gesetzlose Freiheit oder Ermächtigung der Massen «, wie die feinen Herren es formulierten, wobei sie mit der üblichen Gerissenheit die eigenen niederträchtigen Freiheiten und Ermächtigungen ausklammerten, die sie zuvor sorgfältig in Rechtsstatute gegossen hatten. Grymonde nahm ihnen ihre Raffgier nicht übel, nicht einmal die sinnlosen Kriege, für die alle und jeder mit Ängsten und in barer Münze zahlen mussten. Was er ihnen übelnahm, war, dass ausgerechnet sie, die korruptesten und erbarmungslosesten Verbrecher, ihn einen Kriminellen nannten – und diesen Titel trug er sonst mit Stolz. Aber so war das Leben. Nur ein Narr legte sich selbst mit einfachen Vorstellungen von Gut und Böse Steine in den Weg. Nur die ganz Einfältigen versuchten, nach diesen Vorstellungen zu leben. Mutter Natur scherte sich auch nicht darum. In ihrer zeitlosen Buchführung zählten Gut und Böse weniger als Regen und Wind. Und für ihn, Grymonde, zählte nur das Heute.
Bis seine Truppe die Klostermauern der Fille-Dieu erreichte, waren so viele Rekruten zu ihnen gestoßen, dass sie über vierzig zählten. Die meisten waren Halbwüchsige, einige noch jünger; fast alle waren Jungen, aber es waren auch ein paar waghalsige Mädchen dabei. Er rief sie zusammen und kletterte auf einen Karren.
»Hört mir gut zu, ihr jungen Löwen. Der König hat angeordnet, dass alle Hugenotten von Paris sterben müssen. Aber uns sollen alle Hugenotten verdammt egal sein, wenn sie nicht volle, schwere Taschen haben.«
Er sah, dass sogar einige seiner Anführer sehr verwundert schauten. Er grinste.
»Der König und seine feinen Herren Berater haben uns das Schwert der Verwirrung in die Hand gegeben.« Er machte eine Handbewegung, als führte er eine solche Waffe. »Und wir werden es dazu benutzen, denen die Eier abzuschneiden.«
Unsicheres Gelächter ging durch die Reihen, und Grymonde fiel ermutigend ein.
»Unser Ziel: Wir nehmen, was wir wollen, von denen, die es haben. Von denen, die nicht wissen, wie es ist, wenn man hungrig zuBett geht, die nie gedacht hätten, dass sie einmal einen Preis für ihre Raffgier würden zahlen müssen. Wenn es eine Hungersnot oder eine Belagerung gibt, dann sind wir es, die für sie hungern müssen. In ihren Kriegen sind wir es, die für sie sterben. Wenn ihre Schulden fällig werden, zahlen wir sie durch unser Schuften. Und wenn wir auch wie die Heiligen leben würden, so würden wir in ihren Augen doch als verdammte Sünder sterben. Also lasst uns beweisen, dass wir noch verbrecherischer sind, als sie es sich in ihren schlimmsten Ängsten ausgemalt haben. Zeigt eure Zähne und lasst sie euren Biss spüren.« Er schnüffelte. »Könnt ihr das Geld riechen?«
Aus rauen Kehlen schallte ihm die wilde Zustimmung seines zerlumpten Heers entgegen.
Sie liebten ihn. Grymonde liebte sie.
»Eure Herzen sollen aus Stein sein. Und an diesem Stein wetzt eure Messer.«
»Bringt die Scheißkerle um! Bringt sie alle um!«, brüllte Papin, als ein weiteres Hurra erschallte.
»Geht ihnen ans Leben, als wärt ihr ausgehungerte Wölfe.« Grymonde hob die geballte Faust. »Ihr Wehklagen soll Musik in euren Ohren sein, ihr Blut euer Essen und Trinken.«
»Ehre und Preis dem Infanten!«, rief Bigot.
»Nein, Jungs, nein. Bigot hat zu viel Zeit in der Kirche verbracht. Preist nicht einen Mann, preist uns alle. Denn Cockaigne, das sind wir alle, und zusammen werden wir in Saus und Braus leben. Jetzt! Rottet euch zu Gruppen von sieben zusammen, denn das ist eine magische Zahl. Einer von jeder Bande
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