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Die Blutnacht: Roman (German Edition)

Die Blutnacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Blutnacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
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Verschwörer dar, diesie ja auch nicht kannte. Es gab keinen Grund, warum sie Marcel Le Tellier viel Sorgen bereiten sollte.
    Le Telliers Problem war Tannhäuser.
    Warum wollte er ihn lebendig haben?
    Le Tellier hatte auch Orlandu als Geisel genommen, und er hatte gute Gründe, ihn am Leben zu halten, zumindest bis Tannhäuser gefangen oder getötet war. Aber all das war zweitrangig.
    Carla konnte überall in dieser riesigen, wahnsinnigen Stadt sein.
    Eine »Bestie« hatte sie entführt. Petit Christian wusste, wer dieses Ungeheuer war. Andere mussten das auch wissen. Er bezweifelte, dass Christian, obwohl er ein eifriger kleiner Mistkerl war, unmittelbar mit den Leuten zu tun hatte, die Hunde verbrannten. Er war nur einer von vielen Boten. Vielleicht war sogar Marcel Le Tellier nur ein Bote.
    Wenn Carla noch lebte, war sie ganz unten, bei dieser Bestie.
    Er musste alles Wenn und Aber vergessen. Carla lebte.
    Er zerrte La Fosse in die Küche.
    »Wie schickst du deine Botschaften an Boniface?«
    La Fosse deutete durch das Fenster auf das Gelände der Abtei.
    »Bruder Anselm von Sainte-Croix.«
    »Ihr Mistkerle arbeitet hervorragend zusammen, nicht?«
    La Fosse verteidigte die Ehre der Mönche nicht. Aber ein Mönch konnte ungehindert den Fluss überqueren. Tannhäuser rief Grégoire her und schickte ihn Bruder Anselm holen.
    »Wo sind deine feinsten Handschuhe?«
    »Handschuhe?«, fragte La Fosse.
    Tannhäuser verstopfte die Wunden des Priesters mit Mehl und herrschte ihn an, er sollte dankbar sein, dass es kein Salz war. Er half ihm die dünnen, aus Seide gewirkten Messhandschuhe über die Finger zu ziehen. Er erlaubte La Fosse, einen Becher Wein herunterzustürzen, und setzte ihn dann mit Papier, Feder und Tinte an seinen Schreibtisch. Er fand ein Blatt, das bereits in der Handschrift des Priesters beschrieben war.
    »Das ist deine letzte Gelegenheit, dein Leben zu retten. Wenn deine Handschrift nicht genauso vollkommen wie auf diesem Blatt ist, hast du es verwirkt.«
    »Ich brauche meine Augengläser, wenn Ihr sie noch habt. Ihr könnt sie nachher zurückhaben. Sie behalten. Sie gehören Euch.«
    Tannhäuser zog die Brille hervor. La Fosse setzte sie auf. Er bewegte die Finger und jammerte in der Hoffnung auf Mitleid. Er bekam keines und tauchte die Feder ein.
    »Beginne mit der üblichen Begrüßung von Petit Christian.«
    La Fosses Feder kratzte über das Papier. Tannhäuser schaute ihm über die Schulter, hätte gern die Brille gehabt. Ein Klecks besudelte das Papier.
    »Mein Gott, mein Gott«, stöhnte La Fosse.
    »Ein paar Kleckse sind verzeihlich. Schreibe jetzt: Der Ritter weiß alles .«
    Verzweiflung führte La Fosse die Hand. Seine Schrift war unsicher, was Christian unter den Umständen nur natürlich finden würde. Aber es war eindeutig die des Priesters.
    » Ich fliehe, um mein Leben zu retten. Ihr werdet mich nicht finden .«
    Das führte zu einem hoffnungsvollen Wimmern. La Fosse tauchte die Feder ein. Er sagte: »Darf ich einen Zusatz vorschlagen? Nicht einmal Le Tellier wird mich finden .«
    »Gut. Es sollte glaubhaft wirken.«
    »In der Ville gibt es hundert Ordensgemeinschaften, die ihm nichts schulden.«
    »Dann füge hinzu: Möge diese kühne Aussage Euch darauf hinweisen, wessen Zorn ich am meisten fürchte. «
    »Sehr gut, Bruder Mattias. Sehr wahr. Aber denkt nur … Möge diese kühne Aussage Euch über die veränderte Hierarchie meiner Verpflichtungen, Prioritäten und Ängste in Kenntnis setzen …«
    Tannhäuser nickte. La Fosse schrieb.
    » Le Telliers Intrige wurde von höheren Mächten bei Hofe im Ansatz völlig vereitelt. Er wird nicht überleben .«
    La Fosse fragte: »Darf ich es mit folgenden Worten verzieren: Die Verbündeten des Ritters sind wahrhaftig hochwohlgeboren .«
    »Gut. Der Ritter schwört beim Blute Christi, dass er Euer jämmerliches Leben unter einer Bedingung schonen wird .«
    La Fosse legte eine Pause ein. » … schonen wird, wie er so großzügig das meine geschont hat …?«
    Tannhäuser nickte. Er dachte über den nächsten Absatz nach. Er verließ sich nicht darauf, dass seine Strategie Erfolg haben würde, und er gedachte auch nicht, so lange abzuwarten. Fünf oder sechs Stunden würden ihm Zeit gewähren, alles Mögliche zu versuchen; wenn alles nichts half, würde er sehen, ob dieser Brief etwas bewirkt hatte. Der freie Platz bei den Galgen würde ihm erlauben, einen Hinterhalt zu erkennen und sich nötigenfalls einen Fluchtweg freizukämpfen.
    » Ihr

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