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Die Blutnacht: Roman (German Edition)

Die Blutnacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Blutnacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
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über allen Ecken des Innenhofs, außer der südwestlichen. Auf den Innenhöfen wimmelte es nur so vor bewaffneten Hugenotten.
    Die meisten waren jung und standen voll im Saft. Manche schwiegen und schienen damit ihren gerechten Zorn ausdrücken zu wollen. Andere führten wilde Debatten. Manche, wahrscheinlich Betrunkene, schrien Beleidigungen und Drohungen, die an Königin Catherine hinter den Fenstern der königlichen Gemächer gerichtet waren. Eine Handvoll der Männer trug Rüstung. Das weiße Malteserkreuz auf Tannhäusers Brust wies ihn als jemanden aus, der ihre Verachtung verdiente. Einige hatten ihn bereits bemerkt und deuteten auf ihn.
    Tannhäuser fragte: »Wo ist die Schweizer Garde?«
    »Seine Majestät hat sie im Innendienst postiert, weil er befürchtet, sonst die Leidenschaft noch mehr zu entflammen.«
    »Wohin gehen wir jetzt?«
    »Zur Amtsstube der Plaisirs du Roi , wo wir Picart finden können. Sie liegt im Nordflügel.« Arnauld schaute über den Innenhof. »Wenn diese Wut nicht abebbt, werden wir alle noch einen furchtbaren Wahnsinn erleben. Verstehen diese Fanatiker das nicht? Der König ist der beste Freund, den sie je hatten.«
    »Vielleicht nicht mehr lange.«
    Tannhäuser musterte die Gruppen von Bewaffneten. Er fragte sich, ob er die andere Seite des Platzes wohl ohne Blutvergießenerreichen könnte. Er machte sich auf den Weg über den Innenhof, Grégoire lief tapfer hinter ihm her. Dann bemerkte Tannhäuser, dass Arnauld im Torbogen stehengeblieben war. Er wandte sich zu ihm um. Arnauld deutete auf einen schmalen Eingang mitten im Nordflügel.
    »Heute ist dort Dominic Le Tellier von der Schottischen Garde Offizier vom Dienst.«
    »Mürrisch, geizig, jähzornig und trunksüchtig?«
    Arnauld lachte. »Ich bezweifle, dass noch ein einziger echter Schotte unter ihnen ist. Ich war selbst ein Jahr lang in der Garde. Es ist sehr ehrenvoll, in der wichtigsten Abteilung der Leibwachen des Königs zu dienen. Wir schwören, Seine Majestät zu schützen, wo immer er hingeht – das heißt bei Festmählern, auf der Jagd, wenn er in Heilbäder reist, und so weiter. Die Leibgarde zieht nur in die Schlacht, wenn der König selbst im Feld ist.«
    »Also sind es kaum alte Kämpfer.«
    »Das heißt aber nicht, dass wir keine hohe Meinung von uns haben. Ich bin sicher, Hauptmann Le Tellier hilft Euch gern, Monsieur Picart zu finden.«
    »Retz hat gesagt, Ihr solltet mir alles geben, was ich benötige. Das heißt, Ihr werdet mich selbst dort hinbringen, ob gern oder nicht.«
    »Wir könnten einen anderen Weg nehmen«, bot Arnauld an.
    »Daran hättet Ihr früher denken sollen.«
    »Ihr seid genauso ein Fanatiker wie die da.«
    »Wenn wir jetzt kehrtmachen, wissen sie warum. Das können wir nicht machen, oder, Grégoire?«
    Grégoire zog den Bund seiner neuen roten Hose hoch. Sie endete zu weit oberhalb der Knie, aber dem Jungen schien das nichts auszumachen. Das Päckchen für Carla trug er immer noch unter dem Arm.
    »Nein, Herr.«
    »Dann lasst Euch von diesem Geschöpf da führen«, meinte Arnauld.
    »Ich könnte Euch über den Hof schleifen«, erwiderte Tannhäuser.
    Arnauld trat durch das Tor, als setzte er den Fuß in einen See aus Erbrochenem.
    »Geht neben mir, links von mir«, sagte Tannhäuser. »Stellt Euch vor, Ihr wärt noch in der Schottischen Garde. Kopf hoch. Augen auf das Torhaus da drüben gerichtet. Wenn es zum Schwertkampf kommt, packt Euch Grégoire und rennt.«
    Sie machten sich auf den Weg über den Innenhof. Arnauld musste beinahe laufen, um mit Tannhäuser Schritt zu halten. Obwohl es ihn ärgerte, ging Tannhäuser geradewegs zwischen den Gruppen hindurch, so dass er unnötige Konfrontationen vermied. Sollte sich ihnen einer der Männer in den Weg stellen, so würde er es mit ihm aufnehmen. Sie waren schon an mehreren Gruppen vorüber, ohne Schlimmeres als giftige Blicke zu ernten. Als sie auf halbem Weg waren, begannen die bösartigen Bemerkungen.
    »Wer ist denn das fette Schwein?«
    »Sein Arsch ist größer als der der Königin.«
    »Ich wette, er hat auch mehr Schwänze gesehen.«
    Lautes Lachen. Um den armen Arnauld abzulenken, begann Tannhäuser ein Gespräch.
    »Bisher war ich in der Stadt zu Fuß unterwegs, aber ich hoffe, dass ich ein Pferd finden kann.«
    »Scheiße«, fluchte Arnauld.
    »Kann ich hier im Palast ein Pferd bekommen?«
    »Nicht ohne Erlaubnis.«
    »Ihr scheint mir hochherrschaftlich genug, um eine zu erteilen.«
    »Ich würde lieber einen Haftbefehl gegen

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