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Die Blutnacht: Roman (German Edition)

Die Blutnacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Blutnacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
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D IE H ÖFE
    Im Treppenhaus stank es nach so giftigem Dreck, dass sich Tannhäuser um Grégoires nackte Fußsohlen sorgte. Er legte seine Waffen bei Jocos Tür ab. Grégoire klopfte an.
    »Wer ist da? Großer Gott!«
    Der Schmerzensschrei und das Selbstmitleid verrieten Joco und seine gebrochenen Rippen.
    »Nachricht von Seiner Exzellenz Le Tellier! Le Tellier!«
    Grégoire tat sein Bestes. Ob seine Worte verständlich waren oder nicht, so würde doch seine Stimme niemanden ängstigen. Als Frogierdie Tür öffnete, das Schwert locker neben dem Oberschenkel gehalten, stieß ihm Tannhäuser seine Klinge in den Unterarm und drehte sie, so dass das Schwert zu Boden fiel. Dann schlug er ihm mit dem Ellbogen den einzigen Zahn in den Hals. Frogier fiel die Mütze vom Kopf. Tannhäuser stieß ihm mit aller Macht das Knie in den Schritt, dass es ihn in die Luft riss. Dann zog er dem Mann den Dolch wieder aus dem Arm, steckte ihn weg und stieß den Sergent mit dem Gesicht nach unten auf den Boden. Er nahm Frogiers Messer und Schwert, schaute sich in der Küche um, stellte fest, dass sie leer war, und warf das Messer hinein.
    Frogier spuckte einen Schwall gräulicher Flüssigkeit aus. Tannhäuser stellte einen Fuß auf Frogiers linkes Handgelenk, um die Hand aufzufächern, und stampfte dann mit dem Absatz auf den Daumen. Der Knöchel krachte wie eine geknackte Walnuss. Frogier jaulte auf und wand sich. Tannhäuser beugte sich über ihn.
    »Deine Tage als Bogenschütze sind vorbei.«
    Luzifer kam hereingetrottet und schnüffelte und pinkelte voller Begeisterung. Frogiers Bogen und Köcher lagen am Fuß der stinkenden Matratze. Tannhäuser hängte sie sich um.
    »Du, Joco, steh auf. Bring mich nach Cockaigne.«
    Stöhnend, um seine Tapferkeit zu beweisen, hob sich Joco auf die Ellbogen. »Sire, ich kann nicht gehen, es ist mein Rücken. Ich glaube, er ist beinahe gebrochen.«
    Tannhäuser hackte ihm das linke Ohr ab. Er hatte nicht erwartet, dass Frogiers Schwert so scharf sein würde, und spaltete im gleichen Schwung auch noch Jocos Schulter bis zum Schlüsselbein. Die Wunde war scheußlich, aber nicht tödlich.
    »Steh auf, sonst hacke ich dir noch die Füße ab und suche mir jemand anderen, der mich hinbringt.«
    Joco wuchtete sich hoch und stand, die Hände auf die Knie gestützt, keuchend und blutend da. Eine Laterne hing an der Wand: eine Kerze in einem verglasten Gehäuse, das mit einer Kette an einem Stock befestigt war. Der Kerzenstumpf würde noch einige Stunden brennen. Tannhäuser wies Grégoire an, die Laterne an der Kerze auf dem Tisch anzuzünden. Er hatte den Jungen darauf vorbereitet, dass es gewalttätig zugehen würde; er hielt sich prächtig. Tannhäuser befahl Frogier, aufzustehen. Er bat Grégoire, dem Sergent die Laterne zu geben, die Partisane zu nehmen und auf der Straße auf ihn zu warten. Er warf auch das Schwert in die Küche. Dann holte er die Armbrust und ließ Frogier den Bolzen sehen.
    »Du hast Le Tellier alles gesagt.«
    »Exzellenz, was hätte ich denn machen sollen? Bitte tötet mich nicht.«
    »Man kann dir ja nicht vorwerfen, dass du dem falschen Herren dienst.«
    »Exzellenz, ich bete, dass Ihr das in Eurer Weisheit so seht.«
    Tannhäuser hörte ein dumpfes Grollen, von zahllosen Gebäuden gedämpft, aber unverkennbar. Eine kurze Musketensalve, etwa eine halbe Meile weiter nördlich.
    »Setz deine Mütze auf, Frogier. Pass auf, dass Joco nicht die Treppe runterfällt. Schnell!«
    Tannhäuser nahm Frogier die Laterne ab und gab sie Grégoire im Austausch gegen die Partisane. Wieder hörte er in der Ferne Gewehrfeuer. Vereinzelte Schüsse. Er zählte mit, während er Befehle erteilte. Er wies sie an, kein Wort zu sagen. Er ließ Joco den rechten Arm um Frogiers Schultern legen. Der Sergent hielt Joco um die Taille gefasst. Jocos Rippen waren wirklich verletzt; wenn man ihn zu sehr antrieb, würde er zusammensacken und nur darauf warten, dass man ihn tötete.
    »Es ist mir einerlei, ob ihr beiden lebt oder sterbt«, sagte Tannhäuser. »Bringt mich nach Cockaigne, und dann wollen wir sehen, wie gnädig ich mich fühle. Der Sergent weiß, dass ich meine Launen habe.«
    Die Schüsse hatten aufgehört. Sieben Musketen. Im Dunkeln würde es etwa vier Minuten dauern, bis sie neu geladen waren. Er schob die beiden vor sich her und hieß Grégoire mit der Laterne nachfolgen. Sie gingen nach Westen.
    Sie kamen nur jämmerlich langsam voran. Joco stöhnte bei jedem kleinen Schritt. An der ersten Ecke

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