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Die Blutnacht: Roman (German Edition)

Die Blutnacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Blutnacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
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wieder an sich genommen. Estelle hatte die Laterne abgestellt und ihre Arme um Carlas Taille gelegt, anscheinend um ihr zu helfen.
    Carla hatte sich mit dem Hinterteil an den Wagen gelehnt, als wäre er alles, was sie noch aufrecht hielt. Auf ihrem Gesicht lag eine Angst, die er noch niemals an ihr wahrgenommen hatte.
    »Ich habe Antoinette zurückgelassen«, sagte sie. »Ich habe sie vergessen.«
    Antoinette? Wer war Antoinette? Es war nicht wichtig.
    »Wo hast du sie zurückgelassen?«
    »In der Kathedrale.«
    »Da geht es ihr viel besser als uns hier. Also sorge dich nicht. Mein Infant?«
    »Der Infant steht fest und sicher«, sagte Grymonde. »Sorge du dich also auch nicht.«
    »Mattias«, sagte Pascale.
    Pascale deutete auf Grymonde. Er hielt sich am Kutschbock fest. Die Federn eines Pfeils staken ihm aus der rechten Seite des Brustkorbs und bewegten sich bei jedem flachen Atemzug langsam auf und ab. Hätte der Breitkopfpfeil irgendwelche wichtigen Blutgefäße durchtrennt, so wäre sogar Grymonde zu Boden gegangen. Aber noch zehn Schritte, und er musste fallen. Denn dann würde die Pfeilspitze seine Innereien bei jedem Schritt durchschneiden.
    Tannhäuser schaute zu Carla. »Was meinst du?«
    »Wenn der Pfeil drinbleibt«, antwortete sie, »dann muss er hierbleiben.«
    »Bekomme ich ihn heraus?«, fragte er.
    »Suche nach der Spitze. Wenn du sie spüren kannst, kannst du sie freilegen und abschneiden.«
    »Mein Infant, ganz langsam, dreh dich zu mir herum.«
    Grymonde befolgte die Anweisung, und Tannhäuser zog ihm das Hemd hoch und steckte es oben in den Halsausschnitt. Der Bauch war muskelbepackt.
    »Halt dich fest. Pascale, bring mir die Laterne, schau.«
    Tannhäuser schätzte den Winkel und die Länge des Pfeils ab, legte die rechte Handfläche auf Grymondes Bauch und die Linke auf den Schaft des Pfeils. Er drückte. Nichts gab nach. Er drückte ein wenig fester und konnte die Spitze an der Handfläche spüren.
    »Die Spitze steckt in den Bauchmuskeln«, sagte er zu Carla.
    »Gut«, antwortete sie.
    »Hervorragend«, sagte Grymonde.
    »Sei still«, mahnte Tannhäuser.
    Er drückte fester, und die Haut wölbte sich unter seiner Hand hoch. Er hielt den Finger auf diese Stelle, ließ den Schaft los und zog den Dolch, den er an der linken Hüfte trug.
    »Pascale, drücke auf den Schaft des Pfeils, wie ich es gemacht habe. Hör auf, wenn ich es dir sage.«
    Sie gehorchte, ohne mit der Wimper zu zucken. Die Haut wölbte sich erneut auf.
    »Nicht mehr weiter drücken.«
    Tannhäuser machte einen Kreuzschnitt. Die Haut öffnete sich wie eine geschnittene Feige und blutete.
    »Warum schiebst du ihn nicht ganz durch?«, fragte Pascale.
    »Er könnte sich verhaken, und der Schaft könnte brechen.«
    Er legte einen Finger in die Wunde und ertastete die Spitze des Breitkopfpfeils hinter dem Bauchmuskel. Er schnitt an dem Finger entlang. Die stählerne Pfeilspitze brach durch das Gewebe, und der Muskel schloss sich dahinter wieder um den Schaft. Tannhäuser gab Pascale den Dolch.
    »Jetzt benutze beide Hände. Lege die flache Seite der Klinge nah beim Griff auf die Pfeilnocke. Wenn ich es dir sage, drückst du ganz fest. Zwei Zoll. Pass auf, dass der Schaft nicht bricht. Und schneide dich nicht.«
    Tannhäuser legte Grymonde die Handflächen zu beiden Seiten der Wunde auf den Bauch, um ihn festzuhalten.
    »Mein Infant, jetzt lehne dich auf die Arme und lass den Bauch sacken, als wolltest du pissen.«
    »Ich will ja pissen.«
    »Wunderbar, dann pisse.«
    »Ich pisse nicht in meine Stiefel.«
    Er reichte nach unten, um seinen Schwanz aus der Hose zu holen. Er seufzte, als er losließ.
    »Wie vorhin, Pascale«, sagte Tannhäuser. »Drücke nur ein bisschen.«
    Er wollte nicht vom Dolch verletzt werden. Die Pfeilspitze schaute zwischen seinen Händen hervor.
    »Jetzt drück!«
    Die breite Spitze war drei Zoll aus dem Muskel heraus.
    »Das reicht. Gib mir den Dolch. Mein Infant, hör auf zu pissen.«
    »Bin ich ein Hund?«
    »Der König von Cockaigne sollte das nicht schaffen? Versuch es.«
    Grymonde, der bisher diese Tortur schweigend ertragen hatte, stöhnte vor Anstrengung.
    Der Urinstrom ebbte ab.
    »Jetzt spanne deinen Bauch fest an und halte ihn so.«
    »Was jetzt? Jetzt soll ich mir in die Hose scheißen?«
    »Nur wenn es sein muss.«
    Der Pfeil steckte wie in einem Schraubstock fest. Tannhäuser nahm die Pfeilspitze zwischen Zeigefinger und Daumen, schnitzte am Schaft, bis er die Spitze abschneiden konnte.
    »Jetzt

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