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Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Titel: Die Bogenschützin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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den Fingerkuppen strich sie sacht über die kurzen, hellen Bartstoppeln seiner Wangen. » Aber nicht, dass du so maßvoll wirst, dass ich mich am Ende beklagen muss.«
    Er senkte den Kopf und schmiegte sein Gesicht in die Beuge zwischen ihrer Schulter und ihrem Hals, sodass seine Stoppeln sie dort kitzelten. Eine Antwort gab er ihr nicht, aber sie konnte am Beben seines Brustkorbes spüren, dass er lachte.
    Sie liebte ihn für dieses stumme Lachen, obwohl ihr wieder einmal bewusst wurde, wie wenig sie ihn kannte.
    Als der Sturm sich legte und die Sonne sich noch einmal gegen die kommende kalte Zeit aufbäumte, erlebte Hedwig Wilkin zum ersten Mal zauderhaft. Immer wieder ging er an diesem Tag hinaus und betrachtete prüfend den Himmel, befragte sogar Hüx und die drei Waffenknechte des Kurfürsten, die sie außer diesem begleiten sollten, nach ihrer Meinung über das Wetter. Hedwig fragte er nicht, obgleich sie eine Ansicht gehabt hätte. Ihrem Gefühl nach war der Wetterumschwung trügerisch. Andererseits wusste sie, dass ihnen noch eine weite Reise bevorstand, die nicht einfacher werden würde, je näher der Winter rückte.
    Wilkin befahl ohne Hedwigs Zutun, dass sie am folgenden Tag aufbrechen würden, wenn er auch nicht sonderlich glücklich damit zu sein schien.
    Hedwig machte sich weniger Gedanken als er. Sie war es lange gewöhnt gewesen, sich jeder Witterung zu stellen. Ihr Kleidersack war gefüllt mit warmen Mänteln und Röcken, und sie hatte dafür gesorgt, dass auch Irina und Hüx gut ausgerüstet waren.

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    Abseits aller Wege
    Z u acht machten sie sich auf den Weg. Mit vier schwer beladenen Packpferden und vier Ersatzpferden bildeten sie schon eine Reisegesellschaft, die nicht zu übersehen war. Wilkin hatte entsprechend die kurfürstlichen Knechte und Hüx zu großer Wachsamkeit gemahnt und für den Fall, dass Wegelagerer einen Überfall versuchen sollten, Anweisungen erteilt. Allein die Pferde und Kleider, die sie mit sich führten, wären für solche Räuber ein lohnender Fang gewesen.
    Hedwig fürchtete sie so wenig wie das Wetter. Sie hatte ihre Waffen griffbereit und ließ die Aufmerksamkeit nie sinken. Noch einmal würde sie sich nicht von einer Verbrecherbande überrumpeln lassen, wie es ihr bei Adams Tod geschehen war.
    In der neuen Richtung, die sie einschlugen, schienen ihr die Wälder dichter und dunkler zu werden als auf dem Weg von Brandenburg nach Krakau. Drei Wochen mussten sie rechnen, bis sie Ofen erreichen würden, und dazu müssten die Bedingungen ausgezeichnet sein. Stießen sie auf Schwierigkeiten, konnte die Reise leicht einen Monat oder länger dauern, etwa die gleiche Zeit, die sie von Berlin nach Krakau benötigt hatten. Immerhin hatte Wilkin sich einen älteren Polen empfehlen lassen, der recht gut Deutsch sprach und ihnen als Führer diente.
    An den ersten vier Tagen hätten sie ihn eigentlich nicht gebraucht, weil die Straße deutlich zu erkennen war und es keine bedenklichen Abzweigungen gab. Eine von vielen Zollstellen zeigte an, dass sie die Grenze nach Ungarn überschritten. Vor ihnen lag der Weg über die Tatra, wie ihr Führer erklärte. Die Landschaft veränderte sich stark. Hedwig hatte die Gebirgszüge auf dem Weg nach Krakau an klaren Tagen bereits aus der Ferne bewundert. Sie hatte sich gefreut, als Wilkin ihr sagte, dass sie die Berge bald ganz aus der Nähe sehen würde. Nachdem sie jedoch drei Tage bei grauem Himmel durch stetigen Regen geritten war und die Kälte gespürt hatte, die zunahm, je höher ihr Weg sie in das Gebirge hineinführte, konnte sie sich für die Schönheiten der karger und schroffer werdenden Gegend immer weniger begeistern.
    Wilkin, Irina und zwei der Knechte litten seit dem Tag nach ihrem Aufbruch unter einem Schnupfen, der Hedwig noch verschonte, ihr aber Sorgen bereitete. Solche kleinen Erkältungen konnten zu einem großen Übel anwachsen, wie sie sich schmerzhaft erinnerte, vor allem, wenn man sich nie aufwärmen konnte.
    Bisher hatten sie nach jeder Tagesreise Unterkunft gefunden, doch das würde laut ihres Führers nicht so bleiben. Sie würden sich bald mit dem Schutz zufriedengeben müssen, den notdürftig errichtete Zelte ihnen bieten konnten.
    Früher als erwartet war es bereits am nächsten Abend so weit. Neben einem kürzlich abgebrannten Gasthaus, das ihre Herberge hätte sein sollen, schlugen sie ihr Lager im Freien auf. Von Haus und Stall war nur ein Gewirr schwarzer Trümmer übrig, doch immerhin konnten sie den Brunnen

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