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Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Titel: Die Bogenschützin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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sie bald, dass sie scheitern würde. Zudem war der Himmel so bleigrau, dass nie der Stand der Sonne zu erkennen war, und die diesige Luft verhinderte jeden Blick in die Ferne.
    Schon nach der ersten Tagesreise abseits der Straße war sie nicht mehr zuversichtlich, dass sie sich zurechtfinden würde, und sie wusste, dass es den anderen nicht anders ging. Sie waren ihrem Führer auf Gedeih und Verderb ausgeliefert– ein Gefühl, das Hedwig verabscheute. Es besserte ihre Laune nicht, dass nicht nur Wilkin und Irina inzwischen jämmerlich husteten, sondern auch noch zwei der kurfürstlichen Männer anfingen zu schniefen. Einer von ihnen, ein breitschultriger Kerl namens Thomas, von dem sie angenommen hätte, dass ihn nichts umwerfen könnte, fieberte sogar und kauerte sich abends zitternd und seufzend in Decken gehüllt ans Feuer.
    Im Zootzener Wald bei Friesack hätte Hedwig einen Aufguss aus Spitzwegerich und Weidenrinde gemacht und den Kranken angeboten, doch hier entdeckte sie weder die eine noch die andere Pflanze.
    Da es nicht regnete, dafür aber schneidend kalt geworden war, errichteten sie für die Nacht zwei Feuer. Zum ersten Mal seit ihrer Hochzeit teilten Hedwig und Wilkin nicht das Lager, sondern schliefen getrennt wie alle anderen, so nah bei der Glut, wie es erträglich war. Am nächsten Morgen stellte Hedwig insgeheim fest, dass sie trotz der Unruhe ihrer Gefährten auf diese Weise besser geschlafen hatte als seit Langem.
    Die nächsten Stunden ließen sie dafür besonders dankbar sein, denn es stellte sich heraus, dass Thomas zwar noch Kraft genug hatte zu reiten, aber überfordert damit war, die beiden Packpferde zu führen, um die er sich bisher gekümmert hatte. Sie übernahm seine Aufgabe, obwohl Wilkin darüber nicht glücklich war. Auch Tiuvel war vorerst erbost über die Veränderung und verhielt sich bockig, bis Hedwig die Handpferde mit Irina und Hüx tauschte.
    Sie war sicher, dass Wilkin ihr diese Arbeit nicht überlassen hätte, wenn er selbst gesund gewesen wäre. Ihr war es jedoch in jedem Falle lieber, wenn er von den zusätzlichen Tieren frei blieb. Nur so war er beweglich genug, sich möglichen Angreifern sofort zu stellen.
    Es wurde der bis dahin schlimmste Reisetag. Der Regen setzte wieder ein und wandelte sich im Laufe der Stunden zu nassem Schnee. Er fiel aus dunklen Wolken, die so tief an den Berghängen hingen, als könnte man sie berühren, und die zäh stillstanden, als wären sie nicht flüchtig wie gewöhnliche Wolken.
    Der Weg stieg an und führte sie in diese Wolken hinein, bis sie von ihnen umgeben waren wie von eisigem Nebel. Unbeirrbar ritt der Pole voran, in ein enges Tal, dessen Anblick Hedwig Schauer über den Rücken jagte. Weit konnte sie nicht sehen, doch was sie sah, wirkte gefährlich. Geröll und abgestürzte Bäume zeugten davon, dass hier vor Kurzem ein Teil des steilen Hanges abgerutscht war und die Passage durch die Schlucht verengt hatte. Nun galten die ängstlichen Blicke der Gemeinschaft nicht mehr Räubern, sondern den bedrohlichen Flanken der Berge.
    Die Pferde waren unruhig, sie zuckten beim Geräusch rollender Kiesel und dem Echo ihres eigenen Schnaubens, das im Wolkendunst seltsam gedämpft und verändert klang.
    Zu Hedwigs Erleichterung verließen sie die Schlucht, bevor es Zeit wurde, das Nachtlager aufzuschlagen. Im Schutz einiger Felsen gelang es ihnen, Feuer zu entfachen, obwohl der mit Schneeflocken durchsetzte Nieselregen nie ganz aufhörte.
    Erschöpfung und Kälte machten die Reisenden langsam und ungeschickt. Hedwig hatte den Eindruck, dass außer ihr und dem Polen alle am Ende ihrer Kräfte waren. » Wir brauchen morgen eine Unterkunft«, sagte sie zu ihrem Führer.
    Er war dabei, den restlichen Rotwein aus seinem eigenen Schlauch in die eiserne, dreibeinige Grape zu gießen, die sie in den Händen hielt. Ihren Anteil Wein, einige Nelken und eine Handvoll kleingeschnittener Datteln hatte sie bereits hineingegeben, um den Lebensgeistern ihrer Begleiter ein wenig aufzuhelfen.
    Der Pole äußerte missmutig einen ihr unverständlichen, polnischen Satz, lächelte sie danach aufgesetzt höflich an und radebrechte auf Deutsch: » Der Herr wollte nicht auf mich hören. Nun siehst du.«
    Sie stellte die Grape in die Glut am Rande des Feuers und wandte sich ihm wieder zu. » Können wir kein Dorf erreichen? Auch wenn es ein kleiner Umweg wäre. Ich hielte es wirklich für klüger, die Reise für eine Weile zu unterbrechen.«
    » Vielleicht ist ein

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