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Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Titel: Die Bogenschützin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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mehr Gäste geben als diese.
    Während der Wirt wieder auf sie zukam, überlegte Hedwig hastig, ob sie versuchen sollte, von ihm mehr über den Ritter zu erfragen. Doch der Mann war ihr zu unangenehm. Sie wollte nicht mehr Zeit in seiner Gegenwart zubringen als nötig. Es würde ihr auf anderem Wege gelingen, mehr herauszufinden.
    So verabschiedete sie sich in dem gleichen, demütigen Tonfall, in dem sie auch ihr Anliegen vorgebracht hatte, und entfernte sich eilig von der Schenke. Wie auf dem Hinweg schlug sie einen Bogen, um an ihr Ziel zu gelangen, und überquerte dabei auf einer kleinen Holzbrücke einen Bach, der hinter dem Stall des Gasthauses floss.
    In der Nähe ließ eine mächtige Trauerweide ihre Zweige von der Böschung aus über das Wasser hängen. Hedwig bemerkte mit geübtem Auge, wie gut sich der Baum als Versteck eignete. Von dort oben aus würde sie alles überblicken können, was sich auf der Straße vor dem Wirtshaus tat. Kehrte der Ritter zurück, würde sie ihn sehen.
    Flink vergewisserte sie sich, dass niemand sie beobachtete, dann stieg sie in die Krone der Weide und suchte sich einen bequemen Platz, auf dem sie ausharren konnte.
    Am Kommen und Gehen, das auf der Straße herrschte, war zu erkennen, dass Ofen nicht mehr fern war. Kaufleute mit ihren Ketten von bepackten Maultieren und bewaffneten Reitern zu ihrem Schutz zogen vorüber. Einige Vaganten in Mönchskutten bewegten sich gemeinsam mit zwei Wanderern, die Kiepen auf dem Rücken trugen, gemächlich und ins Gespräch vertieft von der Stadt fort. Eine kleine Schafherde wurde in Richtung Ofen die Straße entlanggetrieben, umtobt von zwei aufgeregten Hütehunden. Ein geschlossener Reisewagen, von vier Rittern und einigen Knechten begleitet, folgte wenig später.
    Nur wenige Reisende aber kehrten ein. Es musste also noch ein weiteres Gasthaus geben, das sich vor der Nacht erreichen ließ.
    Der sich wandelnde Stand der Sonne verriet Hedwig, wie die Zeit verstrich, während sie in ihrem Versteck lauerte. Ein wenig döste und träumte sie, ein wenig gab sie sich sorgenvollen Gedanken hin. Was, wenn es Wilkin war, der sie suchte? Sie glaubte, dass er zu gut war, um sie zu bestrafen, aber ganz sicher war sie sich nicht. Wütend musste er sein. Wie würde er es in seiner Wut aufnehmen, dass sie zwei Säuglinge und eine hussitische Amme mitbrachte, für die er aufkommen sollte? Ihr schlug das Herz heftig bei dem Gedanken daran, ihm wieder gegenüberzustehen. Bei aller Sorge fühlte sie in ihrer Reisemüdigkeit und nach der langen Anspannung die Sehnsucht, dass er es tatsächlich sein möge. Sie erträumte sich, wie er ihr alles verzieh, sie in die Arme schloss und ihr half, die Kinder und Mara das letzte Stück des Weges nach Ofen zu bringen, in ein Heim, das sie sich dort einrichten würden.
    Als endlich ein Mann vor der Schenke vom Pferd stieg, der an der Rüstung, die unter seinem grauen Kapuzenmantel hervorsah, als Ritter zu erkennen war, erstarb diese Hoffnung in ihr. Es war nicht Wilkin. Sobald sie die Enttäuschung überwunden hatte, stellte sie jedoch fest, dass ihr der Mann dennoch bekannt vorkam. Es mochte nur die Art sein, wie er die Kapuze über das Gesicht gezogen trug. Oder der unnötig harte Ruck, den er seinem Pferd mit den Zügeln im Maul versetzte, als es nicht ganz still stand, nachdem er abgestiegen war. Jedenfalls musste sie an Ludwig von Torgau denken. Gespannt beugte sie sich vor, um eine freiere Sicht zu haben, doch der Klang seiner Stimme befreite sie im nächsten Moment von jedem Zweifel. Er rief laut nach dem Wirt, sprach dann aber zu leise mit diesem, als dass Hedwig ein Wort hätte verstehen können.
    Aufgeregt ärgerte sie sich, dass sie den beiden nicht nah genug war, um zu lauschen, und schauderte zugleich, weil sie auf keinen Fall von Ludwig bemerkt werden wollte. War er der Ritter, der nach ihr gefragt hatte? Wie um diese Vermutung zu bestätigen, wies der Wirt in ihre Richtung.
    Entsetzt erstarrte sie, doch die Männer bemerkten sie nicht, sondern führten ihr Gespräch weiter. Sie zog sich behutsam weiter ins dichte Laub der Weidenkrone zurück. Was konnte Ludwig von ihr wollen? Oder ging es ihm am Ende nicht um sie, sondern um eine andere Frau?
    Als er sich nun von dem Wirt trennte und wieder sein Pferd bestieg, hielt Hedwig den Atem an. Noch einmal wies der Wirt in ihre Richtung, und Ludwig folgte seinem Hinweis. Gleich darauf näherte er sich der Brücke. Hedwig konnte sehen, dass seinem Pferd das schmale

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