Die Bogenschützin: Roman (German Edition)
hätte etwas dafür gegeben, Gerhardt von Schwarzburg bei sich zu haben. Der hegte einen so tiefen Hass auf Wilkins abscheuliches Weib, dass er vielleicht allein dafür schon bereit gewesen wäre, beide umzubringen. Ludwig erinnerte sich daran, mit welcher Wonne Gerhardt berichtet hatte, wie er in von Quitzows Zelt den Hund getötet und ins Bett der garstigen Hornisse gelegt hatte. Und das war noch gewesen, bevor sie ihn vor den Augen der ganzen brandenburgischen Adelswelt als Übungszielscheibe benutzt hatte. Trotz aller Abscheu gegen das Weib schmunzelte Ludwig bei der Erinnerung daran. Er war noch immer erleichtert, dass er nicht dabeigestanden hatte.
Nein, Gerhardt von Schwarzburg würde nicht zögern, die beiden zu töten, auch deshalb, weil er Wilkin die Schuld daran gab, dass der sorgsam geplante Anschlag auf den jungen Friedrich misslungen war.
Doch von Schwarzburg war nicht in Ofen, also musste er sich etwas einfallen lassen und sich zur Not überwinden, den Dolch eigenhändig zu führen. Falls Wilkin denn zurückkehrte. Immerhin bestand eine kleine Aussicht, dass ein Osmane die unangenehme Sache für ihn übernahm.
Was Wilkins Weib betraf, so war sie kurz nach Sigismunds Gefolge aus Ofen verschwunden. Wohin, wusste der Teufel.
Als die Wäscherinnen wieder ins Wasser stiegen, verließ Ludwig vorsichtig sein Versteck und ging zurück zu seiner Unterkunft, wo seine sechs Männer sich die Zeit mit unmäßigem Zechen vertrieben. Er schloss sich ihnen an und fühlte sich bald so angenehm betäubt, dass er seine Schwierigkeiten vergaß und nur noch überlegte, wie lange er sich mit der kleinen Wäscherin noch Zeit lassen wollte. Selbst als zum wiederholten Male in der Wirtsstube die Nachricht verkündet wurde, dass des Königs Wiederkehr für den nächsten Tag erwartet wurde, regte ihn das nicht auf.
Umso nervöser allerdings war er, als er sich am folgenden Tag spät von seinem Lager erhob und feststellte, dass die königliche Vorhut bereits angekommen war.
Einige Stunden später musste er zu seiner Enttäuschung feststellen, dass Wilkin noch lebte. Und gegen Abend blieb ihm nichts anderes übrig, als seinem Bruder Hals über Kopf ohne seine betrunkenen Gefährten allein und heimlich aus der Stadt zu folgen. Er konnte nur vermuten, dass es etwas mit Wilkins verschwundenem Eheweib zu tun hatte, dass dieser schon so bald wieder aufbrach.
Aus der Walachei zurück in Ofen musste Wilkin nicht weiter gehen als bis in die Ställe, um herauszufinden, dass seine Gemahlin in der Tat die Burg bereits kurz nach ihm verlassen hatte. Die Pferdeknechte wussten genau, seit wann ihr garstiges schwarzes Ross fehlte. Seinen Ärger verheimlichend, tat Wilkin so, als hätte sie in vollem Einvernehmen mit ihm gehandelt, um in seiner mangelnden Autorität als Ehemann nicht bloßgestellt zu sein.
Aussichtslos wie es erschien, blieb ihm keine andere Wahl, als sich auf die Suche nach Hedwig zu begeben. Untätig abzuwarten war ausgeschlossen. Seine Sorge um sie mischte sich mit seiner Wut über ihre Eigenmächtigkeit und trieb ihn voran. Bereits während er sein Reisegepäck in Ordnung brachte, alles wieder sorgsam faltete, was er benötigte, und sich neu mit Vorräten ausstattete, schwankte er von einem Moment zum anderen zwischen dem Wunsch, sein Weib übers Knie zu legen und ihr eine lange Strafpredigt zu halten, und dem Wunsch, sie unversehrt in die Arme zu schließen. Ebenso wenig konnte er sich entscheiden, ob er wollte, dass sie ihm kurz vor der Stadt fröhlich und gesund entgegenkam, oder ob er sie lieber aus einer großen Gefahr erretten würde, auf dass sie endlich einsah, wie sehr sie ihn brauchte und wie viel klüger es war, wenn sie auf ihn hörte.
Mit zwei Säuglingen durch das Gebirge zu reisen, war mühsam, doch zu Hedwigs Erleichterung nicht ganz so schwierig, wie sie es sich vorgestellt hatte.
Mara trug ihren eigenen Sohn Imre vor ihre Brust gebunden, und Hedwig tat mit Irinas Tochter das Gleiche. Sie mussten häufig rasten, weil Mara schnell ermüdete, da sie zum einen zwei Kinder stillte, ohne selbst besonders wohlgenährt zu sein, und zum anderen das Reiten nicht gewöhnt war. Die Kinder waren still und zufrieden, solange die Pferde in Bewegung blieben. Sie schrien häufiger während der Nachtruhe als unterwegs.
Immer ließen sie sich jedoch durch Mara beruhigen, die beide mit so unendlicher Geduld an ihre Brüste legte, dass Hedwig nur staunen konnte.
Sprechen konnte sie mit der jungen Mutter nicht.
Weitere Kostenlose Bücher