Die Bogenschützin: Roman (German Edition)
hin auf Wilkin zuschritten, sie beiseitedrängten und sich rechts und links von ihm postierten.
Halb blind vor Entsetzen stürzte sie vor und ließ sich vor Sigismunds Thron als Bittstellerin auf die Knie fallen. » Ich bitte Euch, Majestät, schenkt Hans von Torgau keinen Glauben. Er hasst seinen Sohn. Hört Wilkin vor ihm an.«
Der König seufzte ungeduldig. » Du hast nun oft genug gesprochen, ohne gefragt worden zu sein, aber du bist ein schwaches Weib und nun schon einige Jahre eine Zierde meines Hofes, daher vergebe ich dir deine begreifliche Erregung. Darüber hinaus werde ich deinen Gemahl in der Tat zuerst anhören. Aber sei dir gewiss, dass ich auch die Anschuldigungen hören werde, die man gegen ihn erhebt. Und nun geh heim, bete und warte.«
Im Bewusstsein, dass Sigismund ihr weder mehr Nachsicht noch weitere Aufmerksamkeit schenken würde, verabschiedete Hedwig sich mit aller Ehrerbietung, die sie in ihrer Aufregung meistern konnte. Der König stand bereits auf, um sich mit Wilkin, seinen Anklägern und dem angemessenen Kreis von Ratgebern in ein kleineres Gemach zurückzuziehen.
Für Hedwig wurde es zur Qual, den Mittelgang entlang durch die Menge zu gehen, um den Saal zu verlassen. Nach wie vor starrte man sie an, Edelfrauen zischelten einander Bemerkungen zu, Männer schüttelten missbilligend die Köpfe. Sie konnte sich nur so eben zurückhalten, nicht aus der Halle zu laufen.
Was sie als Nächstes zu tun hatte, wusste sie genau– beten war nur ein kleiner Teil davon. Es lag auf der Hand, dass Hans von Torgau und Gerhardt von Schwarzburg eine Intrige zusammengebraut hatten, die Wilkin und ihr das Verderben bringen sollte. Und sie wirkten gut vorbereitet.
So rasch wie möglich musste sie einen Boten auf die Cadolzburg schicken, in der Hoffnung, dass Kurfürst Friedrich noch dort weilte. Er würde nicht nur die Sache aufklären, Wilkin reinwaschen und Sigismund ein weiteres Mal beschwichtigen müssen, sondern sicherstellen, dass die Intrige nicht auch ihm und seinen Nachkommen schadete.
Zu ihrem Unglück hatte sie allerdings kaum Geld, das sie einem Boten für die Reise geben konnte. Wenn sich keine andere Lösung fand, würde sie in aller Eile eines der Pferde versetzen müssen und beten, dass der Kurfürst ihr später die Mittel zurückzahlte, es auszulösen. Doch zuvor würde sie ihr Glück auf anderem Wege versuchen. Sie würde mit Friedrichs Sohn Albrecht reden, der sich am Pressburger Hof gut eingelebt und Freunde gewonnen hatte. Sie hatte noch nicht viel mit ihm zu tun gehabt, da der Siebzehnjährige die Gesellschaft der anderen jungen Ritter bevorzugte und sich am liebsten auf den Waffen- und Turnierplätzen aufhielt. Doch sie wusste, dass er Wilkin schon sein Leben lang kannte und schätzte. Zudem würde er selbst darüber erschüttert sein, wie gefährlich schlecht von Schwarzburg das Verhältnis zwischen seinem Vater und Sigismund dargestellt hatte. Sie hoffte, dass er selbst einen Boten senden würde.
Da er und seine jungen Bekannten nicht im Thronsaal gewesen waren, mussten sie zuvor an einem Ort geweilt haben, an dem sie von der Ankunft von Schwarzburgs nichts erfahren hatten. Waren sie außerhalb der Stadt gewesen, um zu jagen oder sich anderweitig zu vergnügen, würden sie früher oder später wieder bei den Stallungen eintreffen.
Kurzentschlossen schürzte sie ihren Rock und lief aus dem inneren Burghof hinaus, an einer verwunderten Torwache vorbei durch den Brückenturm und dann auf den ausgetretenen Pfaden hinab zu den Stallungen, die am Fuß des Burgbergs innerhalb der Befestigungsmauern lagen.
Sie kam gerade zur rechten Zeit. Eben schickten Albrecht und sein Kreis von Freunden sich an, den Weg zur Burg hinauf anzutreten. Ihren ungewöhnlich ernsten Mienen nach hatten sie bereits erfahren, dass dort etwas Beunruhigendes vor sich ging.
Hastig ließ Hedwig ihren Rock wieder herab und machte einen Knicks vor Albrecht.
» Edle Frau von Torgau?«, fragte er sowohl besorgt als auch verlegen.
Hedwig richtete sich schwer atmend auf und bemühte sich um Würde. » Mein Schwiegervater und Gerhardt von Schwarzburg bezichtigen Wilkin und meine Brüder vor dem König des Verrats. Es geht um Wilkins Verbindung zu Eurem Vater. Sie intrigieren wohlgeplant, auch gegen den Kurfürsten. Ich würde gern einen Boten zu Eurem Vater schicken, aber meine Mittel sind zu begrenzt, um das schnell zustande zu bringen. Wenn Ihr mir zustimmtet, hättet Ihr vielleicht bessere
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