Die Bogenschützin: Roman (German Edition)
Auftrag gewesen, den Richard ihr gegeben hatte. Aus gutem Grund hatte er sie nicht gebeten, ihm die Wahrheit zu sagen.
» Richard wollte nicht, dass du es um jeden Preis erfährst, sondern, dass du zufrieden bist. Und ich glaubte, es würde dich unglücklich machen, davon zu wissen.«
» Ich hätte ein Recht darauf gehabt. Es war nicht deine Sache, darüber zu entscheiden. Und wenn es sonst nichts verändert hätte, es hätte mir wenigstens heute die Erniedrigung erspart, zu glotzen wie ein Schaf, während er es mir ins Gesicht sagt. Dass ich ein Bastard schlimmster Art bin. Ein Bastard. Dass er es immer geahnt hat. Weißt du, wie oft ich mir als Knabe gewünscht habe, nicht sein Sohn zu sein?«
Hedwig schüttelte traurig den Kopf. » Was wäre aber gewesen, wenn du es gewusst hättest? Du hast den Gemeinheiten deines… Hans von Torgaus immer widerstanden, weil du an dein Geburtsrecht geglaubt hast. Hättest du dich so aufrecht halten können, wenn du gewusst hättest, dass du ihm gegenüber im Unrecht bist? Hättest du dich von ihm losgesagt und der Welt die Wahrheit verkündet? Du sagst, es war nicht meine Sache, darüber zu entscheiden, aber ebenso wenig hatte ich das Recht, ein Geheimnis leichtfertig preiszugeben, das mir ein Mann auf dem Sterbebett anvertraut hat. Er wollte, dass ich entscheide. Das musste ich tun und die Bürde tragen, es vielleicht falsch zu machen.«
Als er ihr nun wieder in die Augen sah, hätte sie darauf verzichten können. Verächtlich und bitter verzog er den Mund. » Du versuchst, weise zu klingen, doch ich glaube, dass du in dieser wie in allen Dingen nur Macht und Eigensinn genossen hast. Du willst stets selbst lenken, nie dich lenken lassen.«
Sie spürte, wie ihr die Zornesröte ins Gesicht schoss, doch ausnahmsweise konnte sie eine bissige Erwiderung zurückhalten. Wie leicht er immer wieder vergaß, dass er nicht mehr am Leben wäre, wenn sie nicht beizeiten gelernt hätte, ihr Leben selbst zu lenken.
Ich liebe deinen Eigensinn. Wie hatten auf einmal Cords Worte den Weg in ihre Gedanken gefunden? Es war seltsam, aber die schmerzhafte Erinnerung an ihn half ihr, sich ihrem Gemahl gegenüber zu beherrschen. Sie musste sich nicht für das rechtfertigen, was sie war.
Mit Bedacht legte sie ihre Hände vor sich ineinander und betrachtete sie. Die dicke Hornhaut an den Fingern der Hand, mit der sie früher die Bogensehne gezogen hatte, verschwand allmählich. Weicher und blasser waren ihre Hände geworden, seit sie sicher und versorgt in den Städten lebte. Geschützt und versorgt durch Wilkin. Nie hatten Juli, Mara und sie Not gelitten, und das war sein Verdienst, ermahnte sie sich.
Sie atmete durch. » Ich glaube, wir sind beide müde und verstört und sollten nicht streiten. Wie stets tut es mir leid, dir wehgetan zu haben, auch wenn ich dir nicht in allem recht geben kann. Wäre es möglich, für heute nur noch über das zu sprechen, was sich aus der Unterredung mit Sigismund ergeben hat?«
Er stieß einen Laut aus, als hätte er sich gestoßen. » Nur noch? Das ist wirklich gut. Sprechen wir also nur noch darüber. Von Schwarzburg und mein… und der Alte haben wortreich dargelegt, dass der Kurfürst nicht nur eine Hand an der polnischen Krone hat, sondern persönliche Bündnisse mit Fürstenhäusern schmiedet, die Sigismund ablehnend gegenüberstehen. Sie haben dem König nahegelegt, Friedrich schleunigst Macht und Ämter zu entziehen und Männer wie mich, deren Treue heimlich immer mehr ihm gegolten hat als unserem von Gott erwählten König, scharf bestrafen zu lassen.
Ich hatte Sigismund vorher dargelegt, welcher Art meine Beziehung zum Kurfürsten ist und welche Nachrichten er von mir erhalten hat. Er war nicht erfreut, hat aber dennoch für mich gesprochen. Er hielte mich keines skrupellosen Verrats für fähig, sagte er. Gott segne ihn!
Daraufhin seufzte der verfluchte alte Satan zum Steinerweichen und sagte, er wünschte, es wäre so. Aber einem, der des Brudermordes fähig ist, wäre wohl alles zuzutrauen. Er hätte aus sicherer Quelle, dass ich Ludwig kaltblütig ermordet hätte, weil dieser vorhatte, meinen Verrat aufzudecken. Wie auch immer der König entscheiden würde, ihm als Vater bliebe nur, mich zu verstoßen.
Himmel! Mein ganzes Leben unter dem Schatten dieses Mannes und seiner Söhne, Hedwig! Hättest du dir nicht auch vorstellen können, dass ich froh gewesen wäre, ein Schandbastard zu sein, dafür aber frei von dieser falschen, bösen Sippe? Dass
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