Die Bogenschützin: Roman (German Edition)
gegenüberzustellen. Mit bebender Hand zeigte er auf ihn. » Du wagst es! Der Sohn eines schmutzigen Räubers und Schlächters wagt es, mich vor dem König anzuklagen, mich, dessen Geschlecht stets alle Kräfte einsetzte, um unseren von Gott auserkorenen König zu stützen! Kriech zurück in die dunklen Bauernkaten, die dir in der Walachei als angemessene Unterkunft dienen, von Quitzow! Du wirst niemals jemandem glaubhaft machen, dass ich deinen Bruder umgebracht habe.«
Köne war ein Bild der Gelassenheit. Er schnaubte verächtlich. » Den Mord an Dieter kann ich dir vielleicht nicht nachweisen. Aber es könnte sein, dass die Herren hier geneigter sind, mir zu glauben, wenn ich ihnen von einem deiner früheren Morde berichte. Erinnerst du dich daran, wie du wegen eines lächerlichen Ehrenhändels mit deinen Genossen Adam von Himmelsfels überfallen und erhängt hast, den Sohn eines Magdeburger Ritters? Gewiss konnte man glauben, er sei in den Stand der fahrenden Spielleute herabgestiegen und rechtlos, doch sein Vater war nicht dieser Ansicht. Er hat den Mörder seines Sohnes auf dem Sterbebett verflucht, hörte ich. Und heute findet der Fluch sein Ziel, denn der Himmel hat einen Zeugen deiner Untat zur Einsicht gebracht und lässt ihn heute sprechen.«
Erschrocken glaubte Hedwig für einen flüchtigen Moment, er meinte sie, doch er zeigte auf einen Mann, der ihr fremd war.
Der Waffenknecht behauptete, an jenem Tag dabei gewesen zu sein, und seiner Schilderung nach war es wahrscheinlich so, obwohl Hedwig ihn bis zum Schluss nicht erkannte. Während er erzählte, kämpfte sie zu ihrer Scham mit den Tränen, und als sie am Ende vom König selbst gefragt wurde, ob sie den Bericht des Mannes bestätigen könne, brachte sie nur ein heiseres, aber immerhin hörbares » Ja« heraus.
Sigismund seufzte tief und sah kopfschüttelnd Gerhardt von Schwarzburg an. » Und sei es auch so, dass du diesen Adam für einen rechtlosen Spielmann hieltest und glaubtest, Vergeltung an ihm üben zu dürfen, so gereicht es dir doch zur Schande, was du einer Jungfer von Adel dadurch zugemutet hast. Was mich betrifft, achte ich Männer, die ihren Adel mit der Sangeskunst verbinden, wie es auch mein geschätzter Freund Oswald von Wolkenstein tut. Ich neige dazu, Köne von Quitzow recht zu geben und deine Tat einen Mord zu nennen. Und wahrlich lässt mich diese Geschichte an deiner ehrenhaften Gesinnung zweifeln. Daher steht nun Wort gegen Wort. Du nennst den toten Dieter von Quitzow einen Mörder und beide Brüder Verräter. Köne beschuldigt dich des Mordes. Eine Einigung ist hier schwerlich zu erwarten. Was meint Ihr, meine Herren?«
Er wandte sich an seine Räte, die sich gegen ihn verbeugten und dann die Köpfe zusammensteckten. Endlich trat der als Gelehrter und guter Schwertkämpfer gleichermaßen bekannte Kaspar Schlick aus dem Kreis vor den König.
» Wir schlagen einen Gerichtskampf vor, Eure Majestät. Ein Ordal.«
Das Raunen im Saal wurde zu einer lauten Woge, und auch Hedwig konnte einen Laut der Überraschung nicht zurückhalten. Gerichtskämpfe waren in alten Zeiten häufig gewesen, mittlerweile wurden sie so selten als Mittel des Rechts gewählt, dass Hedwig noch nie einen miterlebt hatte. Sie wusste allerdings, dass sie in der Regel mit dem langen Schwert und ohne Rüstung ausgefochten wurden. Meistens kämpften die an dem Streit Beteiligten selbst, doch in besonderen Fällen konnten sie Stellvertreter beibringen, sogar Lohnkämpfer kamen dafür infrage.
Der König strich sich den langen Bart und sah nachdenklich zur Decke. Hedwig versuchte zu denken wie er. Sowohl Köne als auch Gerhardt von Schwarzburg wussten von seiner Skrupellosigkeit gegen Kurfürst Friedrich und konnten ihm unbequem werden. Ein Ordal würde ihn zumindest von einem der beiden befreien, ohne dass er sich öffentlich gegen ihn aussprechen musste. Sie wusste, wie er entscheiden würde, bevor er es aussprach. » So sei es. Ein Ordal wird die Sache klären. Ich denke, ihr seid geübt genug im Umgang mit der Waffe und braucht keine Stellvertreter. Euch bleibt der morgige Tag, euch vorzubereiten. Am folgenden kämpft ihr. Sprecht nun, wenn ihr berechtigte Einwände habt, oder schweigt auch später.«
» Keine Einwände«, sagte Köne, und er klang dabei so von Genugtuung erfüllt, als würde diese Lösung seinen innigsten Wunsch erfüllen.
» Keine Einwände«, sagte auch Gerhardt von Schwarzburg, doch bei ihm klang es eine Spur zu glatt, und sein
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