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Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Titel: Die Bogenschützin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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die Messe begann, kehrten sie zurück und berichteten, dass sie ihn nicht vorgefunden hatten.
    Hedwig sah den Anflug eines Lächelns auf Könes Gesicht, doch sie hatte ein zu ungutes Gefühl, um sich darüber zu freuen, dass er mit seiner Voraussage recht gehabt hatte. Nach der Messe trat Köne auf den eingegrenzten Kampfplatz und bot sich mit lauter Stimme seinem Gegner zum Kampf an. Nachdem dieser nicht erschien, führte Köne, wie es die Gebräuche vorschrieben, zwei Hiebe und einen Stich gegen den Wind. Mit dieser Geste besiegte er den Abwesenden symbolisch und bewies damit ebenso unzweifelhaft dessen Schuld, als hätte er im wirklichen Kampf gesiegt.
    Gespannt suchte Hedwig Hans von Torgau in der Menge, der zur Messe etwas zu spät gekommen war. Sein Gesicht war bleich, und er hatte dunkle Ringe unter den Augen. Wie er von Schwarzburgs Flucht empfand, war seinem ohnehin grimmigen Gesicht nicht zu entnehmen.
    Kaspar Schlick sprach als gerichtlicher Stellvertreter des Königs das Urteil und erklärte Gerhardt von Schwarzburg für des Mordes überführt und geächtet.
    Kurz darauf verneigte Köne sich vor ihm und bat darum, den Flüchtigen stellen zu dürfen. Doch bevor Schlick die Erlaubnis aussprechen konnte, brachte ein aufgeregter Stallknecht die Nachricht, dass er den Vermissten mit einer Dolchstichwunde im Bauch tot im Stall seines Pferdes gefunden hätte.
    Hedwig spürte, wie Wilkin ihren Arm ergriff, und folgte unwillkürlich seiner Blickrichtung zu Hans von Torgau. Außer ihnen fiel es vermutlich niemandem auf, aber Wilkins unfreiwilliger Ziehvater trug seine Überraschung wesentlich zu spät zur Schau, um überzeugend zu wirken.
    » Er wird es Köne vorwerfen«, flüsterte Wilkin ihr hastig zu.
    Tatsächlich wirkte Hans von Torgau kurz so, als hätte er einen Schachzug für diesen Moment vorbereitet und wolle sprechen, doch dann fiel sein Blick auf jemanden, der in Schlicks Nähe stand. Daraufhin sank von Torgau in sich zusammen und schwieg mit verkniffenen Lippen.
    Es war Helmwart, den er gesehen hatte und der ihn unverhohlen musterte. Welche Lüge auch immer ihm auf der Zunge gelegen haben mochte, der Anblick des Wahrheitsfinders hatte sie offenbar erstickt.

21
    Der letzte Dien st
    D er unerwartete Ausgang des Ordals befreite Hedwig und Wilkin nicht aus ihrer Haft, wenn sich die Bedingungen auch zumindest für Hedwig etwas lockerten. Sie durfte ihr Haus mit Juli und Mara verlassen und sich innerhalb der Stadtmauern mit nur einer Wache frei bewegen. Auch hatte Köne dafür Sorge getragen, dass sie genügend Geld für ihren bescheidenen Bedarf im Beutel hatten, bevor er sich auf den Rückweg in die Walachei begeben hatte.
    Soweit sie wussten, ließ König Sigismund inzwischen Nachforschungen darüber anstellen, welche Art Bündnisse Kurfürst Friedrich tatsächlich ohne seine Kenntnis und gegen seine Interessen geschlossen hatte. Die dazu auserkorenen Kundschafter hatten weite Wege zurückzulegen, sie mussten nach Mainz, Augsburg und Koblenz.
    So verstrichen knapp zwei Monate– länger als Wilkin jemals an einem Ort in Hedwigs Gesellschaft verbracht hatte. Obwohl sie die Gefangenschaft beide nicht mühelos ertrugen, war es doch der erzwungenen Nähe zu verdanken, dass Wilkin sich nicht einfach von ihr abwenden konnte und sich zunehmend Gedanken über sie beide machte.
    Was zwischen ihnen war, fühlte sich für sie gänzlich anders an als ihr früheres Verhältnis– nüchterner, aber auch ehrlicher. Und als Wilkin nach und nach begann, Neugier auf seinen wahren Vater zu zeigen, und zögerlich Fragen stellte, die sie mit Freude beantwortete, erschien es ihr manchmal, als wäre die ganze jammervolle Geschichte, in der sie steckten, eigentlich ein Segen für sie beide.

    Am Ende des zweiten Monats erschien unangekündigt der Kurfürst mit seinem Gefolge in der Stadt.
    Hedwig und Wilkin hörten es von Kindern, die die Gasse entlangtobten. » Der brandenburgische Kurfürst ist da.«
    Gespannt warteten sie auf weitere Neuigkeiten, und Hedwig wagte sich nicht aus dem Haus, für den Fall, dass man sie an den Hof rufen würden.
    Als sie am Abend schließlich abgeholt wurden und zwischen ihren Wachen den vertrauten Weg zur Burg hinaufgingen, war Hedwig überdeutlich bewusst, dass in kurzer Zeit über ihr weiteres Schicksal entschieden werden würde. Weder Wilkin noch sie hatten die Macht, daran etwas zu ändern.
    Vertrugen König Sigismund und Kurfürst Friedrich sich ein weiteres Mal, weil der König sich darauf

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