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Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Titel: Die Bogenschützin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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angesehen hat, als wärest du ein Frosch, der ihm in den Weg gehüpft ist, dann kommst du wieder her, und wir trinken einen zusammen.«
    Am nächsten Abend, als Cord dem Kurfürsten tatsächlich gegenüberstand, musste er an Könes Worte denken. Wie einen Frosch sah Friedrich ihn an, allerdings wie einen, auf den er gerade getreten war.
    » Gefolgsmann? So. Nun, ich habe… Wilkin, kennst du den Mann?«, sagte der Kurfürst.
    » Ja, mein Herr«, sagte Wilkin von Torgau, der dem Kurfürsten folgte wie dessen Schatten.
    » Dann entscheide du über sein Ansinnen, ich habe jetzt keine Zeit.« Damit wandte der hohe Herr sich von dem Frosch ab und widmete sich wichtigeren Geschäften.
    Cord sah Wilkin in die Augen und verneigte sich noch einmal in formvollendeter Demut. Hans von Torgaus Erbe war an die zehn Jahre jünger als er und entschied nun über seine Zukunft. Was für eine Wendung des Schicksals, dass er damit unwissentlich auch seine eigene bestimmte. Wilkin galt im Vergleich mit seiner Sippe als aus der Art geschlagen ehrenhaft, doch auch sein Ansehen würde leiden, wenn sein Vater und seine Brüder des Verrats an ihrem Lehnsherren überführt wurden. Das war bedauerlich für ihn, doch Cord hatte keinen Grund, sich ihm verpflichtet zu fühlen.
    Wilkin zog spöttisch die Brauen hoch. » Hast du einen anständigen Harnisch oder nur deine rostige Brustplatte?«
    Cord zuckte mit den Schultern. » Was taugt der blankste Harnisch, wenn der Mann darin sich nicht zu bewegen weiß? Ich habe schon manchem Ritter meinen Dolch in einen Schlitz seines Panzers gesteckt, da hatte der noch nicht bemerkt, dass mir die Eisenbeine fehlen.«
    Wilkin lachte und hielt ihm die Hand hin. » Dann sei willkommen in der Leibwache des Kurfürsten, Bastard von Putlitz. Dass du ein Pferd hast und ein Schwert führen kannst, weiß ich. Über deine schäbige Rüstung hängen wir einen schönen Wappenrock.«
    Verblüfft darüber, wie leicht Wilkin es ihm machte, schlug Cord ein. War dieser junge Ritter wirklich so ohne Falsch, wie man sagte? Dann wäre seine Freundlichkeit echt, und Cord konnte nicht anders, als ihn dafür zu mögen.

6
    Agnes von Quitzow
    A uf den Feldern im Umland der Plattenburg war das goldgelbe Getreide abgeerntet. Das Wetter konnte nicht besser sein, es war endlich einmal wieder ein gutes Erntejahr gewesen. Die Sonne hatte auch jetzt im Spätsommer noch Macht und heizte die roten Backsteine der Burgmauern auf.
    Pater Conradus war der älteste Geistliche, der auf der Plattenburg lebte, und aus ebendiesem Grunde Hedwigs Beichtvater. Der weißhaarige Mann war so geduldig wie streng. Unermüdlich erklärte er ihr, was sie zu beichten habe, wenn sie wieder einmal nicht wusste, was sie sagen sollte. Streng maß er ihr Bußen zu, da sie in seinen Augen viel Nachholbedarf hatte. Sie bemühte sich wacker, ihn und ihre Tante nicht zu enttäuschen, doch vieles von dem, was der Geistliche ihr predigte, blieb ihr unverständlich. Bald schien zudem ihr Leben überwiegend aus Gebet und strafendem Verzicht zu bestehen. Hinzu kamen Arbeiten, die ihr zu Beginn nicht zuwider waren, es aber wurden, weil jeder Augenblick Muße damit gefüllt werden musste.
    So befahl ihre Tante, ihr dabei zu helfen, ein Altartuch zu besticken, überließ ihr jedoch nur endlos erscheinende Flächen derselben Farbe. Während sie stickten, las zu allem Überdruss Agnes’ Beichtvater Pater Matthäus aus seinem Gebetbuch vor, sodass Gespräche sich verboten. Hätte er wenigstens Bibelgeschichten erzählt, wäre Hedwig weniger verzweifelt, denn die hörte sie gern. Wehmütig erinnerte sie sich auch daran, wie sie mit Richard immer wieder die paar Seiten von » Tristan und Isolde« gelesen hatte, die er besessen hatte. Es war der erste Teil der Geschichte gewesen, bis dahin, wo der verirrte Tristan am Hofe seines Onkels Marke aufgenommen worden war, nachdem er dessen Jägern gezeigt hatte, wie man am würdevollsten einen erlegten Hirsch zerteilte.
    Hedwig liebte die Verse des großen Dichters Gottfried, doch was Isolde mit der Geschichte zu tun hatte, hatte sie nie herausgefunden. Richard hatte es ihr nicht verraten, sondern nur mit den Schultern gezuckt. » Das ist der schlechte Teil. Ich habe ihn fortgeworfen.«
    Auch früher schon hatte Hedwig die Geschichte stumm weitergesponnen, wenn sie sich langweilte. Nun, über den unzähligen Nadelstichen mit mattgrüner oder lohgelber Seide sitzend, griff sie auf ihren heimlichen Zeitvertreib zurück. Ihre Isolde war eine

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