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Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Titel: Die Bogenschützin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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anzustellen. Dem Bastard selbst gab er Geld, damit er eine neue Rüstung erstünde.
    Wilkin hätte ihm sagen können, dass Cord diesem Vorschlag nicht folgen würde. Er liebte sein altes Kettenhemd und den mattschwarzen Brust- und Rückenharnisch, den er trug, seit er ausgewachsen war. Sogar Spötter, die sich über die Rostflecken daran lustig machten, konnten ihn nicht umstimmen. » Bis dieses Ding durchgerostet ist, bin ich längst an meinem ehrwürdigen Alter gestorben«, pflegte er zu erwidern. Immerhin kaufte er sich auf Wilkins inständiges Bitten hin einen neuen Helm und bessere Handschuhe.
    Cords furchtlose Dienste für den Kurfürsten waren nicht der einzige Grund, warum Wilkin ihn nicht mehr missen mochte. Er hatte nie zuvor jemanden gekannt, der so genussvoll jeder Kurzweil nachging, die ein Mann sich gönnen konnte, und dennoch nie seine Vernunft verlor.
    Wann immer ihn die Lust überkam zu würfeln, würfelte er und scharte eine Runde gut gelaunter Spieler um sich. Stets jedoch fand er den rechten Moment und den richtigen Tonfall, um das Spiel zu beenden, bevor es ernsten Streit gab oder er zu viel verlor. Er trank, bis er sang; doch nie, bis er nicht mehr aufrecht gehen konnte. Wenn ihm nach Weibern war, ging er mit einer Hure in jedem Arm zu Bett, dennoch gelang es niemals einer, ihn zu bestehlen. Und waren die Nachtstunden während solcher Kurzweil auch noch so weit vorangeschritten, immer genügte kaltes Wasser, um Cord so wach und klar denkend aufs Pferd steigen zu lassen, als hätte er acht Stunden geschlafen und danach seine Morgengebete gesprochen. » Schlaf wird überschätzt«, sagte er, wenn sich jemand darüber wunderte.

    Nachdem Wilkin das erste Jahr in Cords Gesellschaft verbracht hatte, neigte er dazu, ihm darin zuzustimmen, wenn er auch oft genug eine von dessen Vergnügungen ausließ, um für sein eigenes Seelenheil zu sorgen. Im Gegensatz zu Cord konnte er in der Kirche besser nachdenken als in der Schenke oder gar im Hurenhaus.
    So unterschiedlich sie in dieser Hinsicht waren, war dennoch eine Freundschaft zwischen ihnen entstanden, von der nur sie beide wussten, wie tief sie reichte.
    Denn bereits wenige Monate nach dem Reichstag von Nürnberg hatte Cord Wilkin einen unschätzbaren Gefallen getan.
    Wilkin hatte die Hintergründe jener merkwürdigen Geschehnisse in Nürnberg nicht aufklären können. Er wusste weder, wer ihn überfallen hatte, noch, was seine Brüder mit von Schwarzburg zusammen ausgeheckt hatten. Köne von Quitzow leugnete, dass er den Männern in den braunen Mänteln gefolgt war. Wilkin glaubte ihm nicht; umso weniger, da man am folgenden Tag einen Toten im Hinterhofabtritt einer Spelunke fand, dem sein Mörder den Kopf bis zum Genickbruch auf dem Hals verdreht hatte. Die Leiche war in einen braunen Mantel gehüllt und erst bei hellem Tageslicht einer Schankmagd aufgefallen, die Nachttöpfe ausleeren wollte.
    Es war eine enorme Kraft nötig, um einen erwachsenen Mann auf diese Art um sein Leben zu bringen, und eine gewisse Kunstfertigkeit. Köne besaß beides, wie Wilkin wusste, und ebenso die Gerissenheit, sich nach einer solchen Tat nicht erwischen zu lassen.
    Nur wenig später warf Köne, der Erbe der Brüder von Quitzow, sich König Sigismund zu Füßen, der ihm gnädig gestattete, in seine Dienste zu treten. Seit jenen Tagen hatte Wilkin nichts mehr von ihm gesehen.
    Seine eigenen Brüder hingegen, deren Anwesenheit in der Stadt ihn so überrascht hatte, sah er beinahe jeden Tag. Sie waren mit einem Bittbrief ihres Vaters vor dem Kurfürsten erschienen, in dem der seinen Lehnsherren darum ersuchte, einen von ihnen mit den Arbeiten eines Kämmerers vertraut zu machen und den anderen ein wenig in die Bearbeitung von Rechtsangelegenheiten einzuführen.
    Da Hans von Torgau ihm einst maßgeblich von Nutzen gewesen war, als er sich der großen Aufgabe angenommen hatte, die Machtverhältnisse in der Mark Brandenburg neu zu ordnen, schlug der Kurfürst ihm diesen Wunsch nicht ab. Stattdessen betraute er Wilkin damit, Reinhardt und Ludwig unauffällig zu überwachen. » So wie ich es sehe, ist es für dich ja ohnehin angeraten, sie im Auge zu behalten, nicht wahr? Mach deine Sache bloß gut. Ich wäre erzürnt, wenn ich dich an einen Familienzwist verlöre.«
    Zwar wäre es Wilkin lieber gewesen, seine Brüder auf einem aussichtslosen Osmanenkreuzzug jenseits von Nikopolis zu wissen, doch wenn sie schon im selben Land weilten wie er, hatte Friedrich wieder einmal nicht

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