Die Bogenschützin: Roman (German Edition)
glänzenden dunklen Haar und ihren weichen Zügen für schön. Sie war sicher, dass Irina jederzeit hätte wieder heiraten können, wenn sie es gewollt hätte.
Als Wilkin der beiden ansichtig wurde, wiederholte sich bei ihm das gleiche Spiel, das Hedwig zuvor bei Cord beobachtet hatte. Er wich einen Schritt von ihr zurück, und seine Miene verschloss sich. In seinem Fall fiel es ihr leicht, dies zu deuten. Ihr Onkel hegte eine tiefsitzende Abscheu gegen Wilkins angeblichen Vater. Hans von Torgau hatte damals vor elf Jahren in Friedrichs großem Feldzug gegen die von Quitzows und ihre Verbündeten verräterisch die Seite gewechselt und sein Wissen über die Schwächen ihrer Burgen und Verteidigungsstrategien preisgegeben. Außerdem wusste Johann von dem Anteil, den Wilkins Brüder wahrscheinlich an dem Überfall auf sie und die Spielleute gehabt hatten.
Auch wenn Johann widerwillig gelten ließ, dass Wilkin aus der Art geschlagen zu sein schien, und sogar anerkannte, dass der junge Ritter beachtliche Fähigkeiten besaß, mochte er nicht mit ihm befreundet sein. Entsprechend mürrisch fiel sein Gruß aus, als Wilkin sich vor ihm verneigte. » Was gibt es hier? Was soll der Auflauf? Haben wir etwas zu verschenken, von dem ich nichts weiß, Hedwig?«
Sein Tonfall war schärfer als üblich, was sie daran erinnerte, dass sie nach Ansicht vieler gar nicht mit den beiden Männern allein hätte dastehen dürfen. » Cord kam, um sich nach Irinas und meinem Befinden zu erkundigen, Onkel. Und der Herr Wilkin…«
» Wilkin suchte mich, um mir auszurichten, welche neuen Aufträge unser Kurfürst uns erteilt«, mischte Cord sich ein.
Wilkin räusperte sich. » So ist es. Und dabei habe ich die Gelegenheit genutzt, Eurer Nichte meine Verehrung auszudrücken. Wir haben in Dohna bereits flüchtig Bekanntschaft geschlossen.«
» Flüchtig«, bestätigte Hedwig und genoss nun doch ein wenig, wie Wilkin sich ihrem Onkel gegenüber wand. » Der Herr Wilkin von Torgau zeigte sich an meinem Pferd interessiert und erkannte mit großem Sachverstand dessen ausgezeichnete Veranlagung.«
Irina, die einen Schritt hinter Hedwigs Onkel zurückgeblieben war, schnaubte belustigt, woraufhin Cord sich erheitert gegen sie verneigte, um sie zu begrüßen.
Johann von Quitzow lüpfte seinen neuen Hut mit Pelzrand, strich sich die Haare nach hinten und setzte ihn wieder auf. » Sei es, wie es will. Ihr werdet dennoch Verständnis dafür haben, dass es mir nicht passt, wenn ihr euch hier an mein Mündel heranmacht. Das gilt für den einen wie den anderen. Wenn du etwas mit mir zu reden hast, Cord, dann bist du zum Essen willkommen. Falls nicht, weißt du ja nun, was du wissen wolltest, und kannst dich davonscheren. Ich bin sicher, wir laufen uns alle noch oft genug über den Weg, bevor wir wieder abreisen.«
Hedwig verstand ihren Onkel, doch so schnell wollte sie sich auf keinen Fall wieder von Cord verabschieden. » Natürlich wird er zum Essen kommen. Nicht wahr, Cord? Ich möchte hören, was du in Diensten unseres Kurfürsten erlebt hast.«
Cord lächelte sie an und wirkte nun beinah so glücklich wie im ersten Augenblick ihrer Begegnung. » Diese Einladung nehme ich mit Freude an. In der Hoffnung, dass dein Hund mich nicht beißen wird.«
Johann ließ ein unzufriedenes Grollen hören, widersprach aber nicht, sondern wedelte nur mit der Hand, um die jüngeren Männer zu verscheuchen wie Fliegen.
Wilkin verabschiedete sich schweigend mit einer weiteren Verneigung. Seine Miene war bedrückt, und der letzte Blick, den er Hedwig widmete, erschien ihr so traurig, dass die Grobheit ihres Onkels ihr leidtat.
» So ruppig hättest du nicht mit ihnen sein müssen«, sagte sie, nachdem die beiden gegangen waren.
Ihr Onkel stieß einen verächtlichen Laut aus. » So wie sie dich angesehen haben, hätte ich noch weit gröber mit ihnen sein sollen. Es stand ihnen ins Gesicht geschrieben, was sie von dir wollen. Eine Frechheit, dir hier so aufzulauern.«
» Sie haben mir nicht aufgelauert. Und Cord ist ein Freund, Onkel. Ist es nicht selbstverständlich, dass er mich besucht? Ich schätze ihn und habe mich gefreut, ihn zu sehen.«
» Das hast du ja weiß Gott deutlich gezeigt. Aber ich warne dich, Mädchen: Bastard hin oder her, er kommt nach seinem Vater. Und Kaspar hatte eine Art mit den Weibern, die jeden klugen Vater dazu brachte, seine Töchter im Turm einzuschließen, wenn er nahte. Was nicht heißt, dass er ein schlechter Kerl ist. Wenn Cord
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