Die Bogenschützin: Roman (German Edition)
dich heiraten könnte und es nur nach mir ginge, würde ich es vielleicht in Erwägung ziehen. Aber er kann es nicht, und Friedrich würde es ohnedies nicht erlauben, darauf verwette ich meine Stiefel.«
» Wer spricht davon, dass ich Cord heiraten will oder er mich? Daran habe ich nie…«
Irina betrachtete sie kopfschüttelnd. » Du bist eine solche Unschuld, Hedwig! Cord ist ein guter Mann, aber er ist ein Mann wie andere. Er hat dich heute nicht mehr angesehen wie das wilde Kind, mit dem er sich vor Jahren herumgebalgt hat. Und dieser Wilkin… Mit dem ist offenbar ein noch gewaltigerer Wandel vor sich gegangen.«
Darin allerdings musste Hedwig ihr zustimmen. Sie staunte noch immer über Wilkins Offenbarungen. » Er hat sich ein Zeichen meiner Gunst gewünscht, um es ins Turnier zu tragen. Ich habe gesagt, ich müsste erst meinen Onkel fragen. Was haltet ihr davon?«
Ihr Onkel zuckte mit den Schultern. » Daran ist im Grunde nichts Verwerfliches. Ich habe selbst früher zwei- oder dreimal edle Frauen darum gebeten. Es war zu erwarten, dass du gefragt wirst. Nur wäre es mir lieber, wenn du dein Tüchlein nicht ausgerechnet einem von Torgau überließest.«
» Ich glaube, er wollte mir mit seiner Frage nur eine Gefälligkeit erweisen. Er ist damals nicht höflich zu mir gewesen, und das tut ihm nun leid.«
» Umso weniger verdient er es, dass du ihm die Freundlichkeit erweist. Warte ab und such dir einen von denen aus, die noch kommen werden«, sagte ihr Onkel.
Die Vorstellung, dass noch mehr Männer sie auf diese Art in Verlegenheit bringen würden, ließ Hedwig wünschen, sie hätte es schon hinter sich. » Ein Jammer, dass Cord mich nicht gefragt hat. Ich hätte nicht gezögert, ganz gleich, was ihr von ihm denkt. Er hat mich zwar oft geärgert, aber ich bin mir sicher, dass er mir wohlgesonnen ist.«
Ihr Onkel lachte höhnisch. » Tja– aber da niemand es bisher für angebracht hielt, ihn zum Ritter zu schlagen, könnte der Bastard dein Zeichen höchstens in einen Bauernringkampf oder ins Pfahlklettern führen. Und darin wäre er vielleicht noch nicht einmal gut. Hach! Wenn wir mit der Suche nach deinem zukünftigen Gemahl schon etwas weiter wären, müssten wir uns gar nicht über diese Sache unterhalten. Es ärgert mich, dass ich erst morgen mit Friedrich sprechen kann.« Damit drehte er sich um und ging zum Zelt zurück, als wäre er tatsächlich nur herausgekommen, um die jungen Männer zu verjagen. Irina blieb zurück und sah sie fragend an. Sie wusste, wie unwohl Hedwig sich mit dem Gedanken an eine Heirat fühlte. Ihr Onkel hatte ihr bei allem, was ihm heilig war, versprochen, dass sie das letzte Wort bei der Wahl ihres Gatten haben würde. Dennoch machte ihr der Gedanke an die Ehe Sorgen, denn die Männer, die sie bisher kennengelernt hatte, schienen ihr sämtlich ungeeignet, um ein ganzes Leben mit ihnen zu verbringen.
Nur einmal hatte es einen Burgmannensohn gegeben, von dem sie eine Weile den Blick nicht lassen konnte. Ihn zu sehen oder ihm nahe zu sein, hatte ihr ein aufregendes Kribbeln verschafft. Doch das hatte sich gelegt, nachdem sie einige Male mit ihm gesprochen hatte. Seine Stimme und seine Aussprache waren ihr unangenehm gewesen, und auf die langweiligen Dinge, die er über das Leben auf der Burg äußerte, hatte sie nichts zu erwidern gewusst. Was zweifellos gut so war, denn er wäre nicht als Gatte für sie infrage gekommen, wenn sie sich darin nach dem Willen ihres Onkels richten wollte.
Wilkins Anblick brachte ihr Herz ebenfalls dazu, schneller zu schlagen, doch sie konnte nicht feststellen, ob das an etwas anderem lag als an seiner Ähnlichkeit mit Richard. Es war auch gleichgültig, denn in seinem Fall spielte es ebenfalls keine Rolle, ob er ihr gefiel.
Ebenso wenig offenbar bei Cord, dessen Erscheinung fast gegensätzlich zu Wilkins war, doch auf ihre Art anziehend auf sie wirkte, obwohl er an die zehn Jahre älter war. Allerdings konnte sie sich von einer Ehe mit Cord am wenigsten vorstellen, wie sie ausgesehen hätte. Sie kannte ihn nicht anders als unverschämt, laut, lustig und vor allem unterwegs. Ihn würde seine Gemahlin kaum zu Gesicht bekommen, wenn sie nicht bereit war, dasselbe unstete und unbehagliche Leben zu führen wie er. Hedwig hätte es nicht abwegig gefunden, das zu tun, nahm jedoch an, dass Cord selbst keinen Wert darauf gelegt hätte, ein Eheweib bei sich zu haben. Ohnehin war diese Überlegung müßig, denn er dachte gewiss nicht im Traum daran, ihr
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