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"Die Bombe is' eh im Koffer"

"Die Bombe is' eh im Koffer"

Titel: "Die Bombe is' eh im Koffer" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Lucchesi
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verdrehte die Augen, fiel um wie ein Baum und knallte ohne jede Reaktion auf den Boden.
    Und dann war er tot.
    Herzinfarkt.
    Aber an der Torsonde lag’s nicht. Die schlug dabei noch nicht mal Alarm.

Pillen und Pullen
    Natürlich gibt es Flüssigkeiten, die in großer Menge mit an Bord dürfen. Sogar vollkommen unkontrolliert. Nur eben nicht da, wo man es vermutet. Diese Flüssigkeiten befinden sich nicht im Handgepäck, sondern sind in speziellen Behältern an Behinderten befestigt. Man kann auch Urinbeutel dazu sagen. Und am Beispiel des Urinbeutels kann man generell ganz gut den Aberwitz der deutschen Luftsicherheitskontrolle nachvollziehen.
    Mit Behinderten ist das sowieso insgesamt etwas knifflig. Nicht zuletzt auch wegen der Behinderten selbst. Meiner Erfahrung nach gibt es da drei Gruppen: Die erste ist die höfliche, freundliche Sorte, der es letztlich unangenehm ist, dass die Krücken im Weg sind oder der Rollstuhl so breit ist, dass man eben mit ihnen mehr Mühe hat als mit anderen Leuten. Ein sehr sympathischer Zug, da möchte man sich immer sofort zurückentschuldigen, weil man ihnen wiederum solche Umstände bereitet, dann versichert man ihnen auch, dass sie überhaupt keine besondere Belastung sind, und dann glauben sie’s nicht und entschuldigen sich noch mehr und man entschuldigt sich auch noch mehr, und wenn man nicht aufpasst, gerät man in eine ganz üble Entschuldigungsspirale, wie zwei Herren, die sich so lange vor einer Tür gegenseitig den Vortritt anbieten, bis irgendwann das Haus abgerissen wird. Fazit: Alles in allem erfreulich im Umgang.
    Die zweite Gruppe ist ebenfalls problemlos, wenn auch aus einem anderen Grund: Sie ist lethargisch, und damit ganz einfach zu untersuchen. Die dritte Gruppe hingegen ist das genaue Gegenteil der ersten Gruppe. Auf Anhieb würde man sagen: arrogant. Aber das sind sie meiner Erfahrung nach gar nicht. Die sind meistens mit ihrer Situation einfach noch nicht im Reinen: Sie sind vielleicht noch nicht lange in dieser Lage, sie machen sich Vorwürfe, sie machen der Welt Vorwürfe, sie erfahren, wie viele Nachteile sie als Behinderter haben, und dann kommt auch noch die Nerverei mit der Sicherheitskontrolle, am liebsten würden die aufstehen und den ganzen Behindertenmist hinschmeißen. Aber weil das leider nicht geht, pfeifen sie stattdessen den Luftsicherheitsassistenten an, weil er nicht rücksichtsvoll genug ist oder auch zu rücksichtsvoll:
    » Was bilden Sie sich ein?!«
    » Warum fassen Sie mich an?«
    » Warum fassen Sie mich nicht an? Sehe ich Ihnen nicht gefährlich genug aus? Ich bin verdammt nochmal mordsgefährlich! Ich bestehe darauf, dass Sie mich anfassen!!«
    Gut, die letzten Sätze habe ich noch nie gehört. Es würde mich aber nicht wundern, denn der Vorwurf wäre berechtigt. Wir durchsuchen Behinderte nämlich tatsächlich nicht richtig. Zumindest dann nicht, wenn sie in einem Rollstuhl sitzen. Was zunächst daher kommt, dass der normale Rollstuhl gar nicht durch die Torsonde passt. Deswegen müssen Behinderte im Rollstuhl auch durch ein spezielles Gate. Je nach Örtlichkeit ist das eines der Gates, die mit einem blauen Schild gekennzeichnet sind, das auf Kinderwagen und Rollstühle hinweist. Oder sie rollen gleich durch den Personaleingang. Aber egal, welchen Weg sie wählen– eine vollständige Kontrolle findet nicht statt.
    Einen Behinderten im Rollstuhl kontrolliert man so: Man bittet ihn, sich nach vorne zu beugen. Dann tastet man ihn am Rücken und den ganzen Oberkörper ab. Dann bittet man ihn, sich kurz hochzustützen, wenn möglich. Dann kann man kontrollieren, was unter seinen Beinen los ist, und man kann auch einen Blick unter das Dekubituskissen werfen, ein Spezialkissen, auf dem die meisten Rollstuhlfahrer sitzen, damit sie keine Druckstellen bekommen. Dann klappt man die Fußstützen am Rollstuhl hoch und runter, und das war’s. Es gibt keine Torsonde, meist auch keine Handsonde. Und während man einen Kinderwagen zusammenfalten und durch das X-Ray-Gerät schicken kann, bleibt der Rollstuhl so, wie er ist. Da passen nämlich allein schon die Räder nicht durchs Gerät. Und man könnte ihn natürlich durch die Torsonde schieben, aber das hätte wenig Sinn: Die gibt dann halt einfach jedes Mal Alarm, weil das ganze Ding ja sowieso aus Metall ist. Und wer jetzt noch auf die superclevere Lösung wartet, kann noch lange warten, denn: Das war’s. Der Rollstuhl wird schlicht nicht untersucht, obwohl da mehr Patronen reinpassen als

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