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"Die Bombe is' eh im Koffer"

"Die Bombe is' eh im Koffer"

Titel: "Die Bombe is' eh im Koffer" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Lucchesi
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jetzt?«
    » Wieso?«
    » Gestern Mittag sitzt du noch neben deinen Kumpels und nickst dir den Hals wund, wenn es gegen Schweinefleisch geht…«
    » Ja und?«
    » Wie– ja und? Und jetzt trägst du eine Haxe zur Kasse.«
    » Ja und?«
    » Das ist doch ein totaler Widerspruch! Das geht doch gar nicht!«
    Mehmet verstummte. Er sah nachdenklich drein. Er guckte nachdenklich, als er sein Tablett abstellte, nachdenklich, als er zahlte, nachdenklich, als er zum Tisch ging. Nachdenklich setzte er sich, holte nachdenklich das Besteck aus der Papierserviette, säbelte nachdenklich ein beeindruckendes Stück furchtbaren Schweinefleischs ab und biss nachdenklich hinein. Er kaute nachdenklich, schluckte nachdenklich. Dann sah er mich an und sagte nickend:
    » Mmmh, die ist gut. Deine auch?«
    » Hervorragend«, sagte ich, » was ist mit dem Widerspruch??«
    » Ach so, der«, sagte Mehmet und schob sich gut gelaunt noch einen Bissen Schweinshaxe in den Mund.
    » Ich weiß auch nicht. Schau, ich bin mit sechs Jahren nach Deutschland gekommen. Ich bin also praktisch schon vierzig Jahre lang hier. Ich bin so lange hier, dass sie in der Türkei bei meinen Besuchen immer sagen: Der Deutsche kommt. Und in Deutschland bin ich immer der Türke. Aber eigentlich bin ich beides. Also, wenn ich mit Deutschen zusammen bin, beim Grillen oder so, da gibt’s doch nichts Schöneres als ein Schweinesteak. Wenn das richtig gut gemacht ist, dafür könnte ich sterben! Aber wenn ich mit Türken grillen gehe, gibt’s nur Lamm oder Huhn. Und dann merke ich: Ich kann das Schweinesteak nicht ausstehen, ehrlich– wenn ich mit Türken zusammen bin, dann hasse ich das wie die Pest!«
    Was soll ich sagen? Wenn all die jungen Türken mit Mitte vierzig so sind wie Mehmet, dann ist das hier auch in zwanzig Jahren noch ein ganz angenehmes Land.

Neue Geschichten vom Herrn Becker
    Unser zweites Treffen verlief für unsere Verhältnisse ziemlich reibungslos. Wir waren an der normalen Personenkontrolle, am Gate nach London. Boris war nicht gut drauf, aber er hatte auch kein Gepäck dabei, das würde ja wohl alles viel einfacher machen.
    Ich winkte ihn durch die Torsonde, dann suchte ich ihn mit der Handsonde ab.
    » Eyyyy!!! Nicht so fest!«
    » Das war doch nicht fest!«
    » Doch! Seh’ ich etwa aus wie ein Terrorist?!«
    Ich hatte ein kurzes Déjà-vu, fand aber auch nichts Verdächtiges.
    » Das war’s schon wieder.«
    » Echt das Letzte. Man kommt sich vor wie ein Gangster. Ich fliege hier ja schließlich ständig.«
    Er verließ die Kontrollstelle und ging ein paar Meter weiter zu seinem Gate. Dort wandte er sich sofort zum Counter und fragte die Dame dahinter etwas. Die Dame antwortete etwas. Was immer sie antwortete, es war das Falsche.
    » WIESO ?«
    » Wir haben hier keine Reservierung vorliegen…«
    » WIESO HAT MEINE ASSISTENTIN KEIN ERSTER - KLASSE - TICKET ???«
    » Das kann ich Ihnen nicht sagen, aber wir haben hier keine Reservierung vorliegen…«
    » WISSEN SIE , WIE WEIT WEG LONDON IST ?!?!?«
    » Das hilft uns doch jetzt nicht weiter…«
    » WISSEN SIE , WIE LANG MAN DA FLIEGT ? IN DER ZEIT KÖNNTE ICH MIT MEINER ASSISTENTIN VERDAMMT VIEL WEGARBEITEN !«
    Allmählich wurde ich neugierig, wie auch sämtliche Menschen um mich herum. Becker tobte wie ein Weltmeister, und alle wollten natürlich wissen, was unser Rekord-Wimbledon-Sieger da zu zetern hatte. Und vor allem hätten wir alle gerne gesehen, wie denn diese sagenhafte Assistentin aussah, die in den bestenfalls anderthalb Flugstunden offenbar ganze Arbeitstage wieder hereinholte.
    Becker wetterte noch einige Minuten auf die arme Dame hinter dem Counter ein, dann zog er kopfschüttelnd ab. Die Assistentin habe ich nie gesehen. Vielleicht arbeitete sie noch ein paar Unterlagen auf.

Heaven’s Gate
    Eine der schwierigsten Prüfungen des Flugreisenden ist das fehlerlose Durchschreiten der Torsonde. Das ist für Außenstehende schwer nachvollziehbar, denn die Torsonde wurde eigens barrierefrei konstruiert. Sie ist zwei Meter zwanzig hoch, ein bisschen schmaler als eine Wohnungstür, aber sie hat keine Klinken oder sonstige Hindernisse. Der Sondenrahmen ist abgerundet, da kann sich nichts verfangen, auf dem Boden sind keine Stufen und Stolperkanten, die Torsonde ist eigentlich ein perfekt gerahmtes Nichts. Und dennoch stellt der Schritt durch dieses Nichts für viele Menschen eine unerwartete Herausforderung dar. Mitunter hat das mit dem Alter zu tun. Oder damit, dass noch zu wenig Alter

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