Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
"Die Bombe is' eh im Koffer"

"Die Bombe is' eh im Koffer"

Titel: "Die Bombe is' eh im Koffer" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Lucchesi
Vom Netzwerk:
Unterschied merken.
    Der B-C-Gang war ein langer Schlauch, der von Gate B zum Gate C führte. Eine Transitkontrollstelle, bei der sämtliche Leute kontrolliert werden, die von Gate B weiterfliegen möchten, meistens nach Amerika oder auch nach Israel. Der lange Schlauch bestand auf einer Seite aus einer fünf Meter hohen Wand. Und auf der anderen Seite aus einer fünf Meter hohen Glasscheibe, außer bei den Kontrollstellen. Dort, wo sich die Kontrollstellen befanden, ersetzte über etwa dreißig Meter hinweg eine zweite Wand die Glasscheibe. Das sorgte selbst an den sonnigsten Tagen für ein eigenwilliges Dämmerlicht wie an einem verregneten Novembertag nachmittags gegen 16 Uhr 30. Die Fraport hatte dort freundlicherweise einige Leuchtstoffröhren hinmontiert, die sie während der ganz frühen Morgenstunden auch kurz anschaltete. Ansonsten sorgte für die Beleuchtung das Tageslicht, das vor und nach dem Wandstück durch die Glasscheiben hereinfunzelte. Und wenn die Morgenbeleuchtung abgeschaltet wurde, dauerte es noch höchstens eine Stunde, und dann hatte selbst der hartgesottenste Optimist dort das dringende Bedürfnis, zu weinen. Das konnte aber auch an der Luft liegen.
    In einem hundert Meter langen und fünfzehn Meter breiten Tunnel ist natürlich reichlich Luft. Wenn man da mal durchspaziert, vielleicht auch in Begleitung eines Kollegen, vielleicht nachts um eins, weil man gerade mal tiefsinnige Gespräche führen will– hervorragende Luft, für einen Flughafen sowieso. Und diese Einsamkeit! Wenn man hingegen fünfzehn Luftsicherheitsassistenten und fünfhundert Passagiere hineinstopft, ist die Luft schnell weg, etwa in einer Viertelstunde, wenn man kein Fenster öffnet. Und man öffnete im B-C-Gang kein Fenster, weil’s keines zum Öffnen gab, vermutlich, weil die Architekten dachten, das mache dann wohl die Klimaanlage. Irgendwo zwischen diesem ausgezeichneten Plan und seiner Umsetzung muss dann aber etwas Unvorhergesehenes passiert sein, jedenfalls bestand heute die Klimaanlage im B-C-Gang aus drei altersschwachen Ventilatoren, die auf den Röntgengeräten stehen und in der Luft herumrührten. Bei einer Raumtemperatur von geschätzten 29,5 Grad und einer Luftfeuchtigkeit gegen 98 Prozent war der Erfrischungseffekt in etwa so, als würde einem ein sehr, sehr alter Mann ins Gesicht husten.
    Nach einer halben Stunde spürte man im B-C-Gang erstmals, wie einem die Schweißtropfen zwischen den Schulterblättern hindurch geradewegs in die Unterhose perlten. Man bekam unschöne Flecken unter den Armen und manchmal fürchtete man, dass man genauso roch wie die Passagiere, die einem nach acht Stunden Flug zerknittert entgegentaumelten. Aber die Furcht war völlig unbegründet, weil man in diesem Mief wirklich schon extrem stinken musste, um unangenehm aufzufallen. Das größte Wunder hingegen war, dass einem überhaupt noch irgendetwas in dieser Luft auffiel. Weil es in dieser permanenten Sauerstoffarmut das Anstrengendste war, wach und einigermaßen aufmerksam zu bleiben. Man rang so verzweifelt mit seinen zufallenden Augenlidern wie früher in der Schule, sechste Stunde: Erdkunde. Und man merkte das auch den Passagieren an. Die sammelten sich gerne wie die Lemminge alle an der rechten Kontrollstelle, vermutlich, weil da noch am ehesten so etwas wie Licht zu finden war. Und dann versanken sie in einen komatösen Stehend-Dämmerschlaf.
    » Kommen Sie bitte auch zur linken Kontrollstelle. Dort ist alles leer.«
    » Nö, nö, danke, ist schon okay.«
    Man musste diese Leute förmlich am Kragen packen und zu ihrem Glück schleifen. Das hatte häufig zur Folge, dass dem Ersten, den man zur leeren Kontrollstelle genötigt hatte, alle hinterherliefen. Dann war plötzlich die rechte Spur leer. In diesem Moment mochte man schon wieder weinen.
    Hinzu kam, dass man an dieser Stelle sorgfältiger kontrollieren musste, denn weil die Flüge in die Vereinigten Staaten oder eben nach Israel gingen, wurden hier die US -Maßstäbe angelegt. Das bedeutet: Jedes zweite Gepäckstück ist zu kontrollieren. Und die Faustregel heißt, dass auf dem Nachschautisch immer ein geöffneter Koffer zu stehen hat. Weil das dann noch viel gründlicher aussieht, nämlich so, als würde praktisch jeder Koffer durchsucht.
    Wenn man im B-C-Gang Glück hatte, arbeitete man an einer der beiden Kontrollstellen, die sich direkt an die glaslose Glaswand anschloss. Wenn man Pech hatte, arbeitete man an der dritten, äußersten Kontrollstelle. Die Arbeit

Weitere Kostenlose Bücher