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"Die Bombe is' eh im Koffer"

"Die Bombe is' eh im Koffer"

Titel: "Die Bombe is' eh im Koffer" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Lucchesi
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Vorstellungen davon, wie der schmecken soll, gehen auseinander. Die Südeuropäer mögen’s süßer und nussiger, im Norden hat man’s lieber schokoladiger. Ob das immer so stimmt, weiß ich nicht– aber so wird jedenfalls der Kontinent seit Jahrzehnten beliefert. Und mit Urlaub oder Globalisierung oder EU -Freizügigkeit kommt es nun immer öfter vor, dass ein Nutella-Fan plötzlich in einer Gegend lebt, wo sein Nutella irgendwie falsch schmeckt. Überall in Europa herrscht infolgedessen unablässige Enttäuschung, wenn ausgewanderte Nutella-Fans in ihr Brot beißen und feststellen, dass es nicht schmeckt wie zu Hause.
    Zunächst ist das schade für die Fans. Wenn aber diese Leute wieder mal daheim ein Nutellabrot essen, stellen sie staunend fest, dass alles plötzlich wie früher ist. Das gute Nutella ist gar nicht verschwunden: Es gibt zwei unterschiedliche Nutellas! Und ab sofort gehen die Gläser auf Reisen. Je größer, desto besser. Sehr beliebt: das 750-Gramm-Glas. Noch beliebter: Das Zwei-Kilo-Glas, das es gelegentlich in der Sonderedition gibt. Und wenn Nutella demnächst das Zehn-Kilo-Fass erfindet, landet auch das bei uns auf dem Nachschautisch. Und wir schmeißen’s weg.
    Wobei das, ehrlich gesagt, etwas unfair ist. Nutella wird ja wie eine Flüssigkeit behandelt, ist aber gar nicht sehr flüssig. Und da kommt man halt schnell zu der Überlegung: Ab wann ist eine Flüssigkeit keine mehr? Im Zweifelsfall entscheidet das der Einsatzleiter, und der entscheidet nicht immer gleich. Wie ist es denn mit Leberwurst in der Dose? Die kann auch so cremig sein. Und bei grober Leberwurst? Und was ist mit Butter? Die ist im Winter steinhart, und wenn im Terminal gut geheizt ist, läuft sie davon– was gilt denn nun? Da kann man Glück mit dem Einsatzleiter haben oder Pech, aber das Pech der Nutella-Fans ist: Bei Nutella sind sich alle Einsatzleiter einig.
    Ich habe mal mit einem türkischen Kollegen eine türkische Familie kontrolliert. Papa, Mama, drei Kinder. Sehr nette Leute, die kannten auch meinen Kollegen, das war ein Hallo! Was die Wiedersehensfreude etwas trübte, war die Tatsache, dass im Handgepäck zwanzig Gläser Nutella steckten.
    » Sorry«, sagte ich, » das kann so nicht mit!«
    » Was redest du da? Das ist doch nur Nutella!«
    » Tut mir leid, das gehört ins Reisegepäck.«
    » Ich hör wohl nicht richtig!?!«
    » Hoppla«, sagte ich zu meinem Kollegen, » kann’s sein, dass dein Freund ein bisschen aggressiv ist?«
    » Und wie ich aggressiv bin«, brodelte es aus dem Nutella-Vater, » das ist mir ja noch nie passiert.«
    » Hören Sie, es tut mir, leid, aber ich kann’s nicht ändern. Wenn es Ihnen nicht passt, können Sie nicht mitfliegen.«
    Ich werde nie den Gesichtsausdruck vergessen, mit dem er den Koffer mit den zwanzig Gläsern Nutella vom Band nahm und über den Kopf stemmte, ein bisschen wie der Unglaubliche Hulk. Und dann schrie er im breitesten Hessischtürkisch:
    » Ihr Arschlöcher! Ihr wollt’s ja nur selber fressen!«
    Damit knallte er den Koffer auf den Boden. Und dann nahm er das restliche Handgepäck und seine Kinder und ging. Die Sauerei blieb, wo sie war. Und zu meinem Kollegen sagte er:
    » Wenn ich zurückkomme, kannst du was erleben!«
    Alles in allem: ein starker Auftritt.

Kontrolle der Kontrolleure
    Beim Schlangestehen befolgt der Flugpassagier seine eigenen Gesetze, und das sind nicht immer die effizientesten. Der Passagier tendiert zunächst nach rechts, weil er meistens auch Rechtshänder ist und offenbar mit seiner Greifhand Halt sucht, auch wenn er eigentlich stabil steht. Des Weiteren hat der Flugpassagier eine Abneigung gegen kurze Schlangen: Wenn vor einer Kontrollstelle zu wenige Leute stehen, wird er skeptisch und denkt sich, dass da wohl was nicht stimmen kann. Das wäre ja ein ganz unverschämtes Glück: Hier die elend lange Schlange und da gar nichts – wenn das in Ordnung wäre, würden ja alle Leute sich einfach an die leere Kontrollstelle stellen. Dann kann man beobachten, wie sich der Passagier ratlos umsieht, ob das, was ihm aufgefallen ist, auch anderen Leuten aufgefallen ist, und wenn ja, wie sie darauf reagieren. Die reagieren natürlich genauso, und daher bleiben alle Passagiere, wo sie vorher waren, in der Schlange ganz rechts. Da ändert es auch wenig, wenn fünf Luftsicherheitsassistenten an der leeren Kontrollstelle erkennbar untätig herumstehen – der Passagier geht davon aus, dass sie ihn wieder zurückschicken würden, wenn er zu

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