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"Die Bombe is' eh im Koffer"

"Die Bombe is' eh im Koffer"

Titel: "Die Bombe is' eh im Koffer" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Lucchesi
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bedeutete. Wir überlegten zwar noch die übliche Notlösung: Das Zeug einem Verwandten vor der Kontrolle in die Hand drücken, der es flugs zum Check-in als Reisegepäck aufgibt, aber das war zeitlich nicht mehr drin. Also musste das Männlein mit vier leeren Trolleys reisen. Was ich allerdings überhaupt nicht begriffen habe, war, dass er eine Woche später wieder vor mir stand. Dasselbe Männlein, dieselben vier Trolleys, dieselbe Füllung. Ein Zufall, dass er wieder bei mir landete. Kein Zufall, dass wir ihm das Zeug wieder abnehmen mussten.
    » Himmelnocheins, Sie schon wieder! Ich hab Ihnen doch vor einer Woche schon gesagt, dass Sie das nicht mitnehmen dürfen!«
    » Immer noch nicht?«
    » Nein!«
    » Ich dachte, das ist jetzt geändert.«
    Kein Wunder, dass die Lebensmittel auf der Welt knapp werden, wenn unsere älteren Mitbürger das Zeug tonnenweise im Frankfurter Flughafen entsorgen. Manchmal werden sogar die älteren Mitbürger knapp. Eine jüdische Dame in fortgeschrittenem Alter tauchte mal an einem Checkpoint in die USA mit zwei Trolleys und zwei sehr schweren Koffern auf. Inmitten zweitausend anderer Passagiere. Sie hat den Checkpoint im Krankenwagen verlassen.
    Auslöser war der Inhalt der Koffer: Irgendwas Selbsteingemachtes, Selbsteingelegtes, Paprikaschoten oder sonst was, dazu Schnäpse, Liköre, Weine, alles in allem ungefähr 800 Euro Einkaufswert und– weil in Koffern– sowieso schon perfekt, um es als ganz normales Reisegepäck aufzugeben. Nein, die Dame musste den Quatsch als Handgepäck mitschleifen.
    » Das sieht aber ganz schlecht aus.«
    » Was?«
    » Das können Sie nicht mitnehmen. Es tut mir leid.«
    » Ja, aber wieso denn? Ich hab’s doch versprochen. Ich war noch nie in den USA ! Das ist für die Hochzeit meiner jüngeren Schwester! Da müssen Sie doch Verständnis haben.«
    » Ich schon, aber die US -Sicherheitsbestimmungen nicht. Leider. Sie können die Sachen natürlich noch als Reisegepäck aufgeben.«
    » Ach, da bin ich aber erleichtert.« Das stimmte tatsächlich, denn sie begann prompt zu weinen vor Glück.
    » Und was muss ich dazu tun?«
    » Na ja, Sie gehen zurück zum Reisegepäck Check-in, geben dort alles auf und kommen wieder hierher.«
    » Zum Reisegepäck Check-in?«
    » Jawohl!«
    » Sie wissen doch wohl, wie weit das ist?«
    » Natürlich.«
    » Wollen Sie mich verarschen?«
    » Nichts liegt mir ferner. Aber es gibt sonst keine Möglichkeit. Und Sie haben vielleicht gemerkt, dass hier noch weit über zweitausend Personen auf Einlass warten, also bitte entscheiden Sie sich!«
    Sie entschied sich, an Ort und Stelle zu explodieren. Sie schrie, heulte, bewarf uns mit Klamotten aus einem ihrer offenen Koffer und schmiss einen anderen einem Kollegen an den Kopf. Darauf kam die Bundespolizei, aber noch nicht der Krankenwagen. Eine Polizistin sprach beruhigend auf das Nervenbündel ein, das aufgelöst an der Wand lehnte. Und sich dann resignierend auf den Boden plumpsen ließ.
    Dabei hat sie sich leider das Steißbein gebrochen.
    Der Vorteil war, dass die Lebensmittel gleich mitgenommen werden konnten. Sonst hätten wir sie weggeworfen, da kennen wir nichts. Das geht schnell, angesichts der Mengen, die hier zu entsorgen sind. Paradoxerweise übrigens auch Nahrungsmittel für die jüngsten Mitbürger. Wir werfen auch viel Hipp-Babynahrung weg. Ältere Leute nutzen sie gerne als Schonkost, was schön ist, aber am Flughafen nicht erlaubt. Wenn Sie Babynahrung mitführen müssen und möchten, müssen Sie auch das zugehörige Baby vorweisen können. Für Hipp und Konsorten gilt:
    Mit Baby: Babynahrung.
    Ohne Baby: potenzielle Bombe.
    Andererseits hat alles auch seine Vorteile: Ohne uns würden die Aktien von Ferrero vermutlich deutlich absacken. An manchen Tagen kommt es mir vor, als würden wir praktisch zehn Prozent der Weltnutellaproduktion aus dem Verkehr ziehen. Gerade nach Südeuropa werden riesige Mengen davon mitgenommen. Vorzugsweise als Handgepäck, und da stehen dann wir und vernichten wieder eine Jahresproduktion. Ist alles bezahlt, muss aber trotzdem neu gekauft werden. Wenn’s kein Gesetz wäre, könnte man glauben, das ist Absatzförderung für Nutella. Doch das eigentliche Problem hinter den Nutellatransporten ist, dass Nutella nicht überall gleich schmeckt.
    Europa ist geteilt in Nutella Nord und Nutella Süd. Denn die Nutella-Hersteller haben festgestellt, dass offenbar zwar alle Leute gerne Nougatschmodder auf ihrem Brot haben möchten, aber die

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