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"Die Bombe is' eh im Koffer"

"Die Bombe is' eh im Koffer"

Titel: "Die Bombe is' eh im Koffer" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Lucchesi
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diesem bisschen Zeit echt noch was rausholen. Der Kurt Beck von der SPD ist so einer. Er kam auf VIP an, im Terminal 1, neben dem Lufthansa-Service-Center.
    VIP erkennt man von außen nicht, es steht weder VIP dran noch weist ein Pfeil drauf hin. Man kommt mit einem Lift dort hin, und auch in diesem Lift steht nicht neben einer Taste » VIP «. Man muss wissen, wo VIP ist, und daran, dass man’s weiß, erkennt man wiederum den VIP . Man muss übrigens nicht unbedingt berühmt oder reich sein, um bei VIP einzusteigen. Es reicht, wenn man ein Kind ist, das ohne Eltern reist, ein sogenannter unbegleiteter Minderjähriger. Damit bei denen nichts schiefläuft und sie nicht im Gedränge verlorengehen, schleust man sie über VIP an Bord.
    Judith und ich hatten dort Dienst, als Beck eintraf. Es ging um eine Wahlkampfveranstaltung, er ging mit seinem Bodyguard an uns vorbei. Und was er tat, war eigentlich keine Hexerei. Er sagte in seinem breiten Pfälzer Dialekt: » Guten Tag, die Damen und Herren, ich hoffe, es geht euch gut.« Wir nickten, und er sagte: » Schönen Tag noch!«
    Dann war er wieder weg.
    Der Unterschied war: Er nahm Blickkontakt auf, und was er sagte, klang herzlich. Man hatte den Eindruck, er würde gerne länger bleiben, er würde gerne ein richtiges Gespräch anfangen, und das, obwohl er ganz eindeutig keine Zeit für längere Gespräche hatte. Wenn das Schauspielerei war, dann war es ganz große Kunst. Funktioniert hat es in jedem Fall: Ich hatte sofort das Gefühl, dass man sich mit Beck ganz gut würde unterhalten können, na ja, vielleicht mit Beck und einer Flasche Wein, aber insgesamt wäre Beck an dem Tisch eine Bereicherung. Und diesen Eindruck hatte ich beispielsweise bei Roland Koch nie.
    Koch bin ich gleich zweimal begegnet, ebenfalls auf VIP . Man kann sogar sagen: Er hatte genau die gleiche Chance wie Kurt Beck. Eine Minute beim Durchlaufen, auch die Begleitung war vergleichbar, ein Bodyguard und ein Helferlein, ein Staatssekretär oder jemand in der Art. Das Telefon klingelte fünf Minuten vorher bei uns am Schalter, Koch wurde angemeldet und rauschte durch. Er blickte kaum nach links, noch weniger nach rechts, und ohne uns anzusehen stieß er ein so hartes » Tach« aus, dass man sich sofort fragte: Wozu eigentlich? Wenn’s aus Höflichkeit war, dann war es die unhöflichste Höflichkeit, die ich bislang gehört hatte. Aber das mit der Höflichkeit ist sowieso fraglich, es klang ja auch nicht wie ein Gruß, es klang genau genommen mehr wie ein Befehl: » Tach!«
    Als wäre bis gerade eben noch tiefe Nacht gewesen, und er hätte per mündlicher Order das Licht angeschaltet. Und wie ich ihm so hinterhersah, hatte ich den Eindruck, er glaubte tatsächlich, dass das so funktionierte.
    Es kann natürlich immer mal passieren, dass einer einen schlechten Tag hat, aber ich habe Koch auch mal getroffen, als ich noch kein Luftsicherheitsassistent war, sondern als Bodyguard und Objektschützer gearbeitet habe. Wir sollten die Zugänge zu einem 5000-Mann-Zelt kontrollieren, und ausgerechnet durch meinen Zugang ging er dann rein. Es gab einen Riesenkonvoi mit ungefähr acht oder neun Polizeifahrzeugen, die bremsten vor uns, dass der Kies nur so spritzte, Koch stieg aus und glitt ins Zelt. Dabei sagte er genauso » Tach!« wie am Frankfurter Flughafen. Mit demselben Unterton von » Jetzt bin ich hier, jetzt mach ich euch mal das Licht an, damit ihr nicht mehr im Dunkeln sitzen müsst«. Was zum einen etwas unerwartet kommt, weil unsere hessische Wunderlampe ja am besten wissen müsste, dass sie nicht mal die Spendenvergangenheit der eigenen Partei erhellen konnte. Und zum anderen sogar überrascht, weil Koch doch mit einem vernünftigen Mann wie dem Dalai Lama so dicke sein soll. Und spätestens dabei hätte ihm doch brutalstmöglich aufgehen müssen, dass es auf der Welt offenbar nicht nur Leuchten gibt, sondern auch Funzeln.
    Die richtigen Blitzbirnen in der Politik scheinen mir üblicherweise etwas zurückhaltender. Die wissen schon ganz gut, dass sich die Welt auch ohne sie dreht. Rudy Giuliani hätten wir etwa vor lauter Zurückhaltung beinahe übersehen. Judith und ich hatten zusammen Dienst am General Aviation Terminal, es war kurz vor Feierabend, wir saßen in den Ledersesseln und warteten, bis wir abgeholt würden, und plötzlich standen in der Lounge am Tisch hinter uns zwei Bodyguards. Einer kramte in einer Tasche, der andere sah hilfreich zu. Wie sie da hingekommen waren, weiß ich bis

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