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"Die Bombe is' eh im Koffer"

"Die Bombe is' eh im Koffer"

Titel: "Die Bombe is' eh im Koffer" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Lucchesi
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ehrlicherweise muss ich sagen, dass man im GAT nun mal nicht viele andere Leute zum Zuzwinkern findet. Und wenn man mal so ein richtig nettes Zwinkern im Auge hat und das will unbedingt raus, na ja, dann schenkt man das schon mal dem zwei Meter großen Luftsicherheitsassistenten, der so vertrauenerweckend aussieht, so erfahren, so souverän, so stark, und der dabei doch so sanft ist und so zurückhaltend, so einfühlsam und zugleich auch noch so unglaublich bescheiden.
    Kurz: Das war ein Zwinkern, da kam man sich irgendwie super vor.
    » Würde mich mal interessieren, wen die abholt«, sagte Judith.
    Das war eine gute Frage. Das Mädel saß da, seit sie hereinspaziert war. Sie wollte nicht fliegen, also hatten wir sie auch nicht kontrolliert. Im GAT sitzen ist nicht verboten. Und fragen konnte man nicht: Luftsicherheitsassistenten sind strengstens angewiesen, die Prominenten oder Halbprominenten oder Vielleichtprominenten nicht zu behelligen, sei es mit Fragen oder Autogrammwünschen oder einer tiefgehenden Analyse ihrer letzten drei Filme. Aber die Frage erübrigte sich. Judith rammte mir einen Ellenbogen in die Seite.
    Vom Vorfeld herein spazierte ein sportlicher Herr mit guter, ach was: exzellenter Figur, in Bluejeans, die einen schönen Po nicht machten, sondern unaufdringlich betonten. Er trug Stiefel, eine dunkle Sonnenbrille, er trug Strähnchenhaare und war– Wham!– George Michael, der lässig in die Runde grüßte:
    » Hi there!«
    Die Dame stand auf, fiel ihm um den Hals. Sie konnten sich sichtlich gut leiden, und ich sah mit einem Hauch Neid zu, wie sie überhaupt nicht mehr aufhörten, sich zu umarmen. Aber ich musste selber zugeben, dass die tote Katze auf ihrem Kopf eindeutig besser zu ihm passte als zu mir. Sie ließen sich entspannt in die Ledersessel fallen, plauderten aufgeweckt und warteten auf die Limousine. Es stellte sich heraus, dass sie seine Managerin war, er hatte einen Auftritt in der Frankfurter Festhalle. Die Limousine kam, George und die Managerin winkten, stiegen ein und verschwanden.
    Etwa zehn Minuten später tauchte ein Flughafenmitarbeiter auf. Er schleppte drei gewaltige Tabletts aus dem Flugzeug an und bestellte einen schönen Gruß von George: » For the nice guys.«
    Es waren die Reste vom Catering, und das klingt jetzt womöglich großkotzig, so wie: George Michael verschenkt seine Essensreste. Aber wenn er ein Brötchen davon gegessen hat, war’s viel. Wahrscheinlich konnte er nicht mehr essen, weil er auf seine Figur achten musste. Einen anderen Grund kann’s nicht gegeben haben, ich habe nie zuvor und auch nie mehr danach so sensationelle Sandwiches gegessen.
    Wenn man das dann anschließend den Kollegen erzählt, sind die natürlich manchmal ganz schön neidisch. Ooooh, GAT , da will ich auch mal hin. Und wenn sie jemanden in der Steuerung kennen, dann lassen sie sich schon mal einteilen für einen Tag Dienst im GAT .
    Aber George Michael kommt halt nicht jeden Tag.
    Und dann sitzen sie da und grübeln auch noch über die Weihnachtsgeschenke für 2018.

Politik hautnah
    Wer wissen will, wie Politik funktioniert, sollte zum Flughafen gehen. Nicht weil am Flughafen so viel Politik gemacht wird, obwohl das vielleicht auch so ist– aber das bekommt man dann natürlich nicht mit. Und auch nicht, weil es einem die Politiker dort erklären, das tun sie auch am Flughafen nicht, und bei den meisten habe ich ohnehin das Gefühl, dass sie es genauso wenig erklären könnten wie das Verschwinden der Milliarden in unseren Landesbanken. Wo sie doch immer so schön in den Aufsichtsräten auf unser Geld hätten aufpassen sollen. Nein, man kann Politik deshalb am Flughafen so gut verstehen, weil man dort sehen kann, wie Politiker auftreten können.
    Es stellt sich allerdings die Frage, ob man so was überhaupt Auftritt nennen kann. Ein namhafter Politiker, also einer, den auch ich erkenne, hat ja nicht viel Zeit: Gerade die ranghohen Politiker sieht man als Luftsicherheitsassistent höchstens eine, zwei Minuten. Wir müssen sie oft nicht mal kontrollieren, weil sie entweder ankommen oder eine Freistellung haben, also mit dem Segen der Bundespolizei unkontrolliert reisen. Wenn das die Dauer eines Vorstellungsgesprächs wäre, würde kein normaler Mensch hingehen, weil er sich sagen würde: » Was soll ich da schon für einen Eindruck hinterlassen? Da erinnern sich die Leute an mich doch eh nur als verwaschenes Etwas.« Und das ist eben der Unterschied. Es gibt Politiker, die selbst aus

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