"Die Bombe is' eh im Koffer"
heute nicht, wir hatten uns eingebildet, wir hätten das Gebäude ganz gut im Blick. Also dachte ich, wir sollten uns doch mal um die Herren kümmern, stand auf und ging zu ihnen. Günter, ein Fraport-Kollege, der oft auf GAT Dienst tut, huschte eilig aus seinem Häuschen zu mir und sagte: » Den braucht ihr nicht zu kontrollieren, das ist der Rudy Giuliani.«
Ich sah den einen noch immer nur von hinten. Für mich sahen beide aus wie Bodyguards, jedenfalls konnte ich so nicht sagen, welcher der beiden denn nun Giuliani war. Ich hatte nicht gewusst, dass der Mann so ein Schrank ist. Jedenfalls war er durch Günters Getuschel auf uns aufmerksam geworden. Der Taschenkramer drehte sich um und fragte, ob’s irgendwas gäbe. Und das war er: Rudy Giuliani, der Mann, der in New York nach den Anschlägen vom 11. September den Laden zusammengehalten hatte. Er fragte freundlich, interessiert, wie jemand, der sich darüber definiert, dass er Probleme schnell löst, weil das das Leben aller Beteiligten normalerweise vereinfacht. Ich habe nur selten erlebt, dass eine simple Frage so viel Zutrauen hervorruft, so viel Vertrauen, dass ich ihm gerne wenigstens einen brennenden Papierkorb gemeldet hätte, oder dass wir eine ernste Versorgungskrise bei den Salzletten hätten. Aber auf diesem verfluchten GAT fehlt eigentlich nie was.
Daraufhin sagte ich ihm, dass alles in Ordnung sei.
Giuliani antwortete, das sei gut. Dann gab er mir einen sehr schönen kräftigen, aber nicht zu kräftigen Händedruck, Günter auch, und Judith ebenfalls. Und dann ging er.
Wir haben von ihm auch nicht mehr mitbekommen als von Beck und Koch. Aber wir hätten den Mann sofort in jedes verfügbare Amt gewählt. Notfalls als Klassensprecher.
Das Handwerkszeug des Todes
Wer ein Würgeholz im Rucksack hat, muss kein schlechter Mensch sein. Gut, er ist nur in sehr seltenen Fällen der freundliche Kampfmönch von RTL , aber er ist auch nicht unbedingt der Typ, der einem das Würgeholz um die Ohren hauen will. Sonst hätte er’s ja in der Hand.
Für alle Nichtmönche: Ein Würgeholz ist keine Brechhilfe, das ist eine Waffe.
Sie stammt aus Asien, Nunchaku nennt man sie auch. Ein Würgeholz besteht aus zwei Holzgriffen, etwa so lang wie ein Schullineal, um die dreißig Zentimeter, und diese Griffe sind an einem Ende mit einer Kette oder einer Schnur verbunden. Wenn man die beiden Griffe in der Hand hat und einen fremden Hals dazwischensteckt, dann kann man den Hals ausgezeichnet damit würgen, weil man nur auf einer Seite zudrücken muss. Auf der anderen Seite drückt ja die Kette. Aber man muss damit nicht nur würgen. Man kann auch nur einen der Griffe in die Hand nehmen und den anderen Griff damit propellerartig herumschleudern. Wenn man das gekonnt macht, kommt einem keiner zu nahe. Klingt vielleicht albern, wie bedrohlich kann schon einer sein, der mit einem Hölzchen herumschlackert. Aber wer es mal ausprobiert, merkt schnell, dass es keine Stelle des menschlichen Körpers gibt, an der sich der Aufprall einer auf zweihundert Sachen beschleunigten Holzkeule richtig gut anfühlt. Und das ist kein Tippfehler, die Dinger sind wirklich so schnell: Zweihundert Kilometer pro Stunde kann das äußere Ende leicht erreichen. Kraft ist Masse mal Beschleunigung– frei nach Otto Waalkes: Je schneller das » Ssst«, desto härter das » Bums!« und desto größer das » Au!!!«.
So, und trotzdem ist derjenige, bei dem man ein Würgeholz findet, meistens kein schlechter Mensch. Und nicht nur der mit dem Würgeholz, sondern generell die meisten Leute, bei denen man Waffen entdeckt. Man könnte ja annehmen, dass wir jedes Mal, wenn wir eine Waffe finden, in höchste Aufregung geraten. Stimmt aber nicht. Wir sind sogar kaum überrascht, und in den seltensten Fällen verhindern wir damit eine Katastrophe. Denn die meisten Waffen, die wir aufstöbern, sind überhaupt nicht in böser Absicht dabei, erstaunlich viele sind sogar weitgehend legal unterwegs. Handgranaten zum Beispiel.
Das klingt auf Anhieb vielleicht seltsam, weil die wenigsten Menschen eine Handgranate mit sich herumtragen, aber für einige gehören sie zum Handwerkszeug, beruflich. Bei Soldaten vor allem, insbesondere bei US -Soldaten. Und das beantwortet auch schon die Frage, die im Zusammenhang mit Waffen am häufigsten gestellt wird: Wer ist denn so blöd und schleppt eine Waffe durch die Kontrolle des Handgepäcks? Und die Antwort ist: Das hat mit Blödheit nichts zu tun, das ist Vergesslichkeit. Es
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