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"Die Bombe is' eh im Koffer"

"Die Bombe is' eh im Koffer"

Titel: "Die Bombe is' eh im Koffer" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Lucchesi
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Schmerz wie von tausend Hexenschüssen auf einmal. Und wenn der Jemand den Mund aufmacht, kommt kein » Öch« und kein » Urrg« raus, sondern– die reine, erholsame Waldesruhe. Obwohl der Inhaber der Niere noch lebt. Kein Piep ist zu hören. Und das bleibt so, bis der Jemand verblutet ist. Was aus demselben schmerzhaften Grund sehr bewegungsarm vor sich geht und obendrein auch noch blitzschnell, weil die Niere ein erstklassig durchblutetes Organ ist, das man nicht ohne Not anritzen sollte. Alles in allem also eine sehr praktische Erfindung für die Killerbranche, wenn man etwas davon versteht. Leute mit Stiletten haben daher im Allgemeinen auch anatomische Kenntnisse, mit denen man ein kleines Medizinstudium absolvieren könnte.
    Deswegen sind Stilette auch verboten. Denn der Gesetzgeber geht davon aus, dass man im Alltag kein Stilett braucht, sondern auch mit einem Brotmesser klarkommen sollte. Da gibt’s dann kein Diskutieren, das gilt für alle und jeden und auch für Rentner, die es gern ruhig haben, weil Brot nämlich sowieso nicht schreit. Überhaupt, sagt der Staat, kommen Tätigkeiten, für die man ein Stilett braucht, in einem gesetzestreuen Alltag nicht vor. Und wer kein Stilett hat, kann sie auch gar nicht erst durchführen, also ist der Besitz verboten. Und genau da ist die Parallele zum Zielfernrohr von den Büffeljägern.
    Otto Normalgroßwildjäger, sagt der Staat, sollte eigentlich in der Lage sein, einen handelsüblichen Elefanten auch ohne Nachtsichtgerät oder Laserpointer zu treffen. Wer behauptet, dass er dazu ein Nachtsichtgerät und einen Laserpointer braucht, denkt der Staat, der will womöglich eher auf etwas schießen, was ein paar Dutzend Konfektionsgrößen kleiner ist als ein Elefant und vielleicht auch keine vier Beine hat, sondern nur zwei. Und dieses Prinzip setzt sich fort bis zum Butterflymesser.
    Das Butterflymesser ist nicht länger, schärfer oder gefährlicher als ein Metzgermesser, aber man kennt es aus Actionfilmen. Da ist die Klinge in einer durchlöcherten Metallhülle. Klappt man die Hülle auf, ist in der Mitte die Klinge, die beiden Hüllenhälften kann man dann umgekehrt zuklappen, so dass sie zu einem Griff für die Klinge werden. Im Film machen die Butterflymesserbesitzer aus dem Aufklappen stets eine große Show und wirbeln so wild damit herum, dass man Angst kriegt, vor allem um deren Finger. Alles nicht nötig, sagt der Staat, so ein Messer nützt nur dazu, furchterregend damit herumzuwirbeln, und Furcht haben nur Menschen, aber weder wilde Tiere noch Brote.
    Also ist das Butterflymesser in Deutschland verboten. Faustmesser mit Schlagring ebenfalls, aber auch Schlagringe ohne Faustmesser– Brot, das man mit einem von beiden schneidet, mag kein Mensch mehr essen. Also: verboten. Völlig zu Recht, wenn Sie mich fragen– ein Schlagring ist keine sympathische kleine Boxhilfe, auch wenn das im Kino manchmal so wirkt, mit den minutenlangen Zweikämpfen. Tatsächlich reicht mit einem Schlagring ein halbwegs gezielter Kopftreffer, dann ist man weg. Und wenn man aufwacht, kann man von Glück reden, wenn man noch kauen kann, und von noch größerem Glück, wenn das Gehirn noch registriert, auf was man gerade herumbeißt. Und trotzdem ist, wer immer diese Waffen dabeihat, normalerweise kein Terrorist. Sondern ein Fan. Und Waffenfans gibt es in den erstaunlichsten Varianten.
    Ich hatte mal einen Rentner zu Gast am Nachschautisch, garantiert achtzig Jahre alt. Mit Hosenträgern und Krümeln auf dem Hemd, und bei dem tauchte auf dem Monitorbild seiner Reisetasche so ein dunkler Umriss auf, ein tiefschwarzer Fleck, der entfernt an eine Aubergine erinnerte. Die Kollegin am Monitor machte mich drauf aufmerksam, also guckte ich mal rein. Was ich rausholte, war ein uralter Totschläger, eine Art lederumwickelter Strumpf, gefüllt mit Stahlkugeln. Flexibel, nostalgisch und jederzeit in der Lage, bei richtiger Handhabung einen Schädel zu zertrümmern. Ich kannte so was nur noch von uralten Fotos, heute nehmen die Leute lieber einen Teleskopschlagstock.
    » Was haben wir denn da…? Ist das ein Totschläger?«
    » Ja, und?«
    » Ja und« ist übrigens eine meiner Lieblingsantworten, und am allerliebsten mag ich sie, wenn sie so selbstverständlich kommt, als hätte ich den Passagier gerade nach seiner Zahnbürste gefragt. Also nicht irgendwie entrüstet oder so, nein, ganz offen und aufrichtig erstaunt.
    » Oh, ein Messer.«
    » Ja, und?«
    » Oh, eine Tretmine.«
    » Ja,

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