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Die Boten des Todes

Die Boten des Todes

Titel: Die Boten des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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voller Nachdenken am Haus empor. Wie hatte sie das bloß gemacht?
Merkwürdige Gedanken überfielen ihn. Vielleicht kannte sie das Haus von früher
her, vielleicht wußte sie einen geheimen Eingang, den sonst niemand kannte.
Nun, er würde sie zur Rede stellen. Noch heute.
    Herr Adrian schulterte das Gewehr und
schritt weiter. Er nahm den gleichen Weg, den er gestern seinen Gästen
vorangegangen war. Herr Adrian besichtigte das Bootshaus und fand nichts. Er
warf im Zurückgehen einen Blick auf das Schild, das vor Schlangen warnte,
obwohl keine da waren, und stieg wieder hinauf zum Haus. Er ging daran vorbei,
sah die Fenster seines Arbeitszimmers, er warf einen Blick in die Bibliothek.
Alles war freundlich und hell und leer. Der Park war eine Pracht. Er gelangte
auf den Vorplatz. Die Uhr schlug hell über ihm, und er blieb stehen und sah
hinauf. Die Sonnenstrahlen tasteten über die lateinische Inschrift.
    Mors certa, hora incerta. Der Tod ist
sicher, die Stunde ungewiß.
    Adrian erinnerte sich, wie sein Freund
Carlo dieser unbehaglichen Frau Zirli die Worte übersetzt hatte, und plötzlich
sah er inmitten der strahlenden Natur das Märchenbuch vor sich und die
Geschichte von den Boten des Todes. Der Tod nahm den Reichen an der Hand und
führte ihn mit sich.
    Carlo? Das Testament?
    Nein. Es war nicht möglich. Nicht Carlo.
    Die Garagentore waren unberührt. Herr
Adrian schloß das rechte auf und schob es empor. Der Lack der Wagen schimmerte
fröhlich. Das Leder roch nach Reichtum und englischem Club. Das war alles.
    Es blieb noch das Tor. Es rührte sich
nicht, als Herr van Noringen daran rüttelte. Das Schloß erweckte den Anschein,
als hätte es seit hundert Jahren keinen Schlüssel mehr gesehen. Er warf einen
Blick hinauf zur oberen Kante. Natürlich konnte ein Mensch darüber
hinwegsteigen, wenn er sich Mühe gab. Aber Frau Zirli? Kaum anzunehmen. Er
hatte beide, Carlo und sie, bis zum Tor gebracht und es hinter ihnen
verschlossen. Wie war sie wieder hineingekommen? Kopfschüttelnd wandte Herr
Adrian sich um und ging zurück zum Haus.
    »Hast du etwas gefunden?« fragte Ada.
Sie goß Kaffee in seine Tasse. Herr Adrian biß mit Genuß in sein Honigbrot.
    »Nicht das geringste. Eine
bemerkenswerte Frau. Ich weiß noch immer nicht, wie sie das gemacht hat.
Indessen... eigentlich muß man zugeben, daß ihr der Scherz gelungen ist. Es ist
mir kaum möglich, ihr böse zu sein.«
    »Was wirst du tun?«
    »Nun, ich werde...«
    Ada hob lebhaft die Hand. »Einen
Augenblick! Bitte, entschuldige, wenn ich dich unterbreche. Laß mich zu ihr
gehen!«
    Herr Adrian musterte seine Frau und
konnte gerade noch einen Tropfen Honig vom Rand des Brotes wischen, bevor er
auf seine Weste fiel. »Du willst...«
    »Es wird sicher besser sein, Adrian.
Sie wird nicht versuchen, mir etwas vorzulügen. Wenn du zu ihr gehst, bin ich
nicht so sicher. Und wenn sie gestanden hat, kann ich ihr auch mehr ins
Gewissen reden, als du es tun kannst. Ich kenne sie zu gut.«
    Herr Adrian wiegte sein Haupt. »Nun, es
ist nett von dir, daß du das Deine zur Lösung beitragen willst. Indessen — ich
halte das Ganze mehr für eine Männersache. Man muß ihr doch recht ernsthaft
klarmachen...«
    »Vergiß nicht, du hast keinen Beweis,
daß sie es gewesen ist. Und wenn wir sie zu Unrecht beschuldigen, ist es nicht
so peinlich für mich wie für dich.«
    Herr van Noringen mußte sich
eingestehen, daß seine Frau recht hatte. »Ich will dir nicht weiter
widersprechen, Liebling«, sagte er freundlich. »Zumal ja auch du es warst, die
den Verdacht auf deine Freundin lenkte.«
    »Jawohl. Und glaube mir, ich werde ihr
gehörig den Kopf waschen, wenn sie es gewesen ist.«
    »Tu das, mein Kind. Aber vergiß nicht,
aus ihr herauszubringen, wie sie das alles vollbracht hat, wie sie herein- und
hinausgekommen ist, und wo sie sich verborgen hat, während wir nach ihr
suchten.«
    »Du kannst dich darauf verlassen.«
    Adrian beendete sein Frühstück in bester
Laune. Seine Frau zog eine Jacke aus Wildleder an und band sich ein Kopftuch
um. Er brachte sie zur Garage. Der Motor des kleinen Wagens brummte
zufriedenstellend. Adrian winkte Ada hinaus auf die Straße, erwiderte ihre
Kußhand und blickte dem wehenden Kopftuch nach.
     
    Frau Ada fuhr in mittlerem Tempo durch
die helle Landschaft. Der Wind kitzelte ihre Flaut. Sie erreichte Ascona und
fuhr hindurch, fast bis zum anderen Ende. Irmela bewohnte ein kleines Landhaus,
etwas abseits und von verschrobener

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