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Die Boten des Todes

Die Boten des Todes

Titel: Die Boten des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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nicht. Blausäure im
Whisky! Wie abgeschmackt und alt!«
    »Aber immer wieder wirksam«, murmelte
Herr Adrian. »Wenn ich daran denke, wie sie zusammenbrach. Furchtbar!«
    »Man bricht nach dem Genuß von Zyankali
immer schnell zusammen.«
    »Es wäre mir allerdings recht, wenn es
uns erspart bliebe«, sagte Adrian mißbilligend. »Hat dieser Hauptmann euch sehr
belästigt?«
    »Durchaus nicht«, antwortete Carlo. »Er
war mit meinen Auskünften sehr zufrieden. Lady Chisterbeere war hier, um über
den Rest der Kaufsumme zu verfügen, den ich für sie verwahrt hatte. Leider ist
sie nicht mehr dazu gekommen.«
    »Was wird jetzt mit dem Geld?« fragte
Irmela neugierig.
    »Die Verwandten werden sich darauf
stürzen«, erläuterte Doktor Carlo. »Vornehmlich die schottischen, fürchte ich.«
    Ada kam zurück und bat zum Essen. Sie
hatte kleine Pasteten gebacken und mit feinem Ragout gefüllt. Irmelas lange
Nase hob sich schnuppernd in die Luft. Man setzte sich nieder.
    Ada wünschte guten Appetit. Niemand
griff zur Gabel.
    »Was ist?« fragte sie. »Fehlt etwas?
Worcestersoße ist hier.«
    Cigaglia lächelte leicht verlegen und
stocherte weiter. »Oh, ich bitte vielmals um Entschuldigung — es fehlt nichts...
laßt euch um Gottes willen den Appetit nicht verderben!«
    »Du dachtest an die Blausäure, wie?«
fragte Herr Adrian. »Ich muß gestehen, auch ich dachte daran. Es ist
lächerlich, aber...«
    Irmela senkte die Nase in das Ragout.
»Riecht ganz normal.«
    »Wie abscheulich!« rief Ada aus, »ihr
Hanswürste! Sofort werdet ihr essen!«
    Sie aß hastig drei Gabeln voll
hintereinander. »Nun?« fragte sie kauend.
    »Ich sehe, du lebst, mein Schatz«,
sagte Herr Adrian lächelnd. »Verzeih uns. Es sitzt noch in den Knochen.«
    Mannhaft begann er zu essen. Carlo
beobachtete ihn kurz, dann aß auch er. Irmela schnupperte noch einmal, bevor
sie langsam kleine Brocken verspeiste.
    »Ich sehe«, bemerkte Herr Adrian, »auch
unsere Detektivin hat gezögert.«
    »Ich habe nie etwas dagegen, andere
Leute sterben zu lassen«, antwortete Irmela. »Selbst möchte ich es nicht tun.
Aber es schmeckt hervorragend, Adalein.«
    Der Rest der Mahlzeit verlief stumm.
Ada blickte über die Runde, als die Teller geleert waren. »Ich sehe, ihr lebt
auch noch«, sagte sie.
    »Nett von dir, daß du es mit Humor
trägst«, lächelte Adrian. »Jetzt werden wir auch furchtlos einen Whisky
trinken.«
    Sie standen auf, Doktor Cigaglia bat,
ihn einen Augenblick zu entschuldigen. Er ging durch das Vestibül hinaus zur
Toilette. Es war noch nicht vollständig dunkel. Cigaglia machte kein Licht in
dem kleinen Raum. Sein Blick ging zur gegenüberliegenden Wand.
    Zuerst glaubte Doktor Cigaglia sich zu
täuschen. Er starrte angestrengt in die rechte Ecke unterhalb des Waschbeckens.
    Signor Cigaglia erkannte einen
rundlichen Körper von einem knappen halben Meter Länge und vielleicht fünf
Zentimeter Durchmesser. Eine Tessiner Bergviper.

V
     
    Es blieb nur eine Möglichkeit: sich auf
das Porzellanbecken zu stellen. Hoffentlich konnte das Biest nicht klettern.
Die Schlange kroch langsam näher. Carlo starrte sie wie hypnotisiert an. Sie
machte vor dem Becken halt, hob den Kopf. Mit Erleichterung erkannte Carlo, daß
sie nicht zu ihm herauf konnte. Aber er wagte sich auch nicht hinunter.
    Der scheußliche gelbe Körper schlängelte
sich in völliger Lautlosigkeit dahin. Er umkreiste das Becken, lag für kurze
Momente still, bewegte sich weiter. Leider nicht so weit weg, daß Carlo sich
zur Tür wagen konnte.
    Sein Blick blieb am Fenster hängen.
Viel zu eng, außerdem ein Ziergitter davor. Er fühlte, wie der Schweiß in
seinen Achselhöhlen rann. Seine Beine zitterten. In panischer Angst rief er
nach Adrian. Lange Zeit verging, bis er eilige Schritte hörte.
    »Carlo? Was ist denn los?«
    »Hier drin ist eine Bergviper!« schrie
Carlo heiser.
    Er hörte einen entsetzten Ausruf. »Was
sagst du?«
    »Eine Schlange! Eine Bergviper!«
    »Heiliger Gott!« Adrian ächzte. »Warte!
Bleib, wo du bist! Wir kommen!«
    Doktor Cigaglia durchbohrte die
Dunkelheit mit brennenden Augen. Er konnte die Schlange nicht mehr sehen. Sein
Hemd klebte naß an seiner Haut wie ein Brustwickel. Lange würde er es nicht
mehr aushalten.
    Dann war ein stampfender Schritt vor
der Tür. Irmela Zirlis Stimme dröhnte in die Stille: »Aushalten, Doktor! Wir
kommen!«
    Ein betäubender Krach ertönte. Jemand
bearbeitete die Tür mit einem massiven Gegenstand. Carlo fuhr bei jedem

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