Die Botin des Koenigs reiter2
ehe sie nicht die Brühe und die Brötchen zu sich genommen hatte, die Ben brachte.
Karigan zog sich gerade die Stiefel an, als Hauptmann Mebstone in der Tür erschien.
»Ich bin froh, dich wieder bei Kräften zu sehen.«
»Danke«, sagte Karigan. »Ich wollte gerade vorbeikommen und Bericht erstatten.«
»Bist du kräftig genug für einen kleinen Spaziergang?«
Die Frage überraschte Karigan, aber sie brauchte nur einen Augenblick, dann antwortete sie: »Ja.«
Sie hängte sich den Umhang über den Arm und folgte dem Hauptmann auf den Flur hinaus. Auf dem Weg durch den Heilerflügel stellte Hauptmann Mebstone ein paar höfliche Fragen über Karigans Befinden. Im Heilerflügel herrschte eine ruhige, nüchterne Atmosphäre. Es war sehr still, in den Fluren lagen dicke Teppiche, die die Geräusche dämpften, und die Wandbehänge zeigten ländliche Idyllen. Sie begegneten mehreren Heilern und einem Soldaten, der an Krücken ging.
Zu Karigans Überraschung schlug der Hauptmann nicht den Weg zur Treppe ein, die zum Hauptgeschoss der Burg führte. Stattdessen bog sie, als sie aus dem Heilerflügel kamen, nach rechts ab.
»Wo gehen wir hin?«, fragte Karigan.
Wieder dieses halbe Lächeln. »Da du so viel Zeit in dunklen, verlassenen Fluren verbracht hast, dachte ich, du möchtest die Burg vielleicht einmal aus einer anderen Perspektive sehen.«
Neugierig warf Karigan Hauptmann Mebstone einen Seitenblick zu, aber sie schien ihr Ziel für sich behalten zu wollen.
Je weiter sie gingen, desto üppiger wurden die Teppiche; die komplizierten Muster konnten nur durnesisch sein. Große Porträts hingen an den Wänden und zeigten feine adlige
Damen und Herren, einige in Rüstung oder mit Königskronen. An den Wänden standen Stühle mit Samtkissen und kleine Tische mit Vasen voller frischer Blumen. Die Halterungen für die Lampen waren golden und glitzerten. Es gab auch Marmorbüsten von Prinzen und Prinzessinnen, Königen und Königinnen.
Sie waren nun im Westteil der Burg angelangt, in der sich Besprechungszimmer und Büros für das private Personal des Königs befanden, alle verborgen hinter verzierten Eichentüren. Wachen standen in Abständen in dem langen Flur, ihre Ausrüstung auf Hochglanz poliert.
Gut gekleidete Personen kamen an ihnen vorbei, einige in ernsthafte Gespräche vertieft, andere eilig auf dem Weg zu ihrem nächsten Ziel. Auch ein paar Offiziere mischten sich unter die Zivilisten und grüßten den Hauptmann im Vorbeigehen.
Karigan war nie zuvor in diesem Teil der Burg gewesen, obwohl sie von Mara, deren kürzlich erworbene Pflichten sie hin und wieder hierher gebracht hatten, einiges darüber gehört hatte. Hauptmann Mebstone schien mit diesem Bereich der Burg sehr vertraut zu sein.
Sie kamen zu zwei großartigen Türen. Als Relief war darauf ein Halbmond eingeschnitzt, der über den Spitzen von Koniferen hing. Zwei Waffen bewachten die Türen.
»Dahinter liegen die Gemächer des Königs«, sagte Hauptmann Mebstone.
Zu Karigans Enttäuschung gingen sie nicht durch diese Türen, sondern an ihnen vorbei. Sie stellte sich vor, wie die königlichen Gemächer aussahen – sie mussten noch luxuriöser sein als der Flur, in dem sie sich befanden. Sie fragte sich, wie es für den König sein musste, so viel Platz für sich zu haben. War er einsam? Es gab sicher eine große Halle für
Bankette und Versammlungen, einen Bereich mit Kinderzimmern, Schlafzimmern und Wohnzimmern und vielleicht auch eine private Bibliothek.
Vielleicht war jedoch auch ein großer Teil dieser Gemächer wie die verlassenen Flure – dunkel, weil niemand sie brauchte. Karigan tat der König leid, weil er keine nahen Verwandten hatte, mit denen er all diesen Platz teilen konnte.
Bald lagen die Türen des Königs weit hinter ihnen, und Hauptmann Mebstone bog um eine Ecke in ein Treppenhaus und ging nach oben. Sie stiegen immer weiter, bis zur höchsten Ebene der Burg, die vier Stockwerke hatte, dazu das Erdgeschoss und die Gewölbe darunter.
Belebt von der frischen Luft und dem Sonnenschein und sehr beeindruckt von der Aussicht, lehnte sich Karigan zufrieden gegen eine Zinne und schaute hinunter auf die Stadt und das grüne Bauernland dahinter.
Hauptmann Mebstone wandte dem Ausblick den Rücken zu, lehnte sich ebenfalls gegen eine Zinne und schaute Karigan an. Karigan nahm an, dass der Freizeit-Teil dieser kleinen Expedition nun zu Ende war und Hauptmann Mebstone Erklärungen hören wollte. Und sie behielt recht.
»Mara und
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